Startseite
Icon Pfeil nach unten
Wirtschaft
Icon Pfeil nach unten

Kommentar: Großbaustelle Energiewende: Das Handwerk braucht jetzt dringend Nachwuchs!

Kommentar

Großbaustelle Energiewende: Das Handwerk braucht jetzt dringend Nachwuchs!

Michael Kerler
    • |
    Das Dachdeckerhandwerk ist stark gefragt. Doch in Deutschland fehlen im Handwerk 250.000 Arbeitskräfte.
    Das Dachdeckerhandwerk ist stark gefragt. Doch in Deutschland fehlen im Handwerk 250.000 Arbeitskräfte. Foto: Tobias Seifert, IG BAU

    Wie stark sich die Situation am Arbeitsmarkt in Deutschland gedreht hat, ist besonders deutlich in der Ausbildung zu spüren. Vor zwanzig Jahren gab es eine Vielzahl an Schulabsolventinnen und -absolventen, die um eine beschränkte Zahl an Ausbildungsplätzen konkurrierten. Die jungen Menschen schrieben dutzende Bewerbungen, bekamen häufig Absagen, retteten sich in eine Weiterqualifizierung. Das Ergebnis war Frust und Bitterkeit. Es war diese Zeit, als nicht nur in unserer Redaktion Aktionen wie unsere Lehrstellenoffensive entstanden, um Firmen zu motivieren, Ausbildungsplätze zu schaffen.

    Diese Situation hat sich komplett gedreht. Fachkräften fehlen in der Gastronomie, als Busfahrerinnen und Busfahrer, im Handwerk. Viele Betriebe würden gerne ausbilden, am Ende bleiben aber tausende Lehrstellen unbesetzt. In unserer Lehrstellenoffensive gibt es dieses Jahr rund zehnmal mehr Ausbildungsangebote als Gesuche. Die Herausforderung ist längst eine andere: In einer immer komplexeren Berufswelt muss es darum gehen, die Orientierung zu erleichtern.

    Der Fachkräftemangel wird zu einer Bedrohung für den Wohlstand

    Gerade im Handwerk droht der Fachkräftemangel fatal für die gesamte Volkswirtschaft zu werden. Er belastet das Wachstum, schmälert den Wohlstand. Die Krisen geben sich die Klinke in die Hand. In der Ukraine tobt der Krieg, davor hatte Corona die Wirtschaft in den Lockdown geschickt. Eine Sorge der Unternehmen aber ist seit Jahren konstant: der Mangel an Fachkräften. Dies ist ungünstig in einer Situation, in der das Land eine tiefgreifende Modernisierung stemmen will.

    Nach den Plänen von Wirtschaftsminister Robert Habeck sollen bis zum Jahr 2045 rund 43 Millionen Wohnungen im Land klimaneutral werden, die Bevölkerung mit Elektroautos durch das Land summen. Ohne Heizungsbauer, Elektrikerinnen und Fachleute, die Fassaden dämmen, droht der Plan in einem einzigen Sanierungsstau zu enden.

    Die Möglichkeiten der Automatisierung sind im Handwerk begrenzter als in der Industrie

    In der Industrie können sich die Firmen häufig in die Automatisierung retten. In der Autoindustrie übernehmen Roboter viele Aufgaben. Im Handwerk ist das Potenzial der Automatisierung begrenzter. Zwar lassen sich schon Häuser drucken. Dass Roboter aber bald Heizungen einbauen oder Verteilerkästen bestücken, ist schwer vorstellbar. Während die Berufsperspektiven fantastisch sind, schätzt das Handwerk, dass rund 250.000 Stellen unbesetzt bleiben. Ein Dilemma.

    Zuwanderung oder eine längere Lebensarbeitszeit werden das Problem nicht lösen. Nicht jeder Handwerker kann bis 67 auf dem Gerüst stehen. Es kommt darauf an, mehr junge Menschen für wichtige wirtschaftliche Bereiche zu begeistern. Die Politik beginnt, das Problem zu erkennen. Bayerns CSU-Ministerpräsident Markus Söder setzt sich nicht nur für Wissenschaft und Weltraum ein, sondern hat zuletzt betont, dass der Meister so wichtig sei wie der Master. Bayern fördert die Meisterausbildung rückwirkend zum 1. Januar nochmals stärker, um sie kostenfrei zu machen.

    Die Förderung darf nicht erst beim Meister ansetzen, auch Lehrlinge brauchen eine gute überbetriebliche Qualifikation

    Die Förderung muss aber früher ansetzen, bei denen, die dabei sind, sich für einen Beruf zu entscheiden. Es ist wichtig, dass Handwerksberufe die Chance bekommen, sich in den Schulen zu präsentieren. Um die Qualität der Ausbildung zu sichern, sind überbetriebliche Fortbildungen zentral. Ihre Förderung darf gegenüber den Hochschulen nicht zu kurz kommen. Betriebe locken Beschäftigte mit einer attraktiven Vergütung und fairen Arbeitszeiten. Um dies umzusetzen, muss die Politik den Firmen mit weniger Bürokratie entgegenkommen.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden