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Kommentar: Die deutsche Autoindustrie hat ein dickes China-Problem

Kommentar

Die deutsche Autoindustrie hat ein dickes China-Problem

Stefan Stahl
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    E-Autos sind im Kommen. Doch die deutschen Autobauer hinken hinterher.
    E-Autos sind im Kommen. Doch die deutschen Autobauer hinken hinterher. Foto: Julian Stratenschulte, dpa (Symbolbild)

    Die deutschen Autohersteller sind in einem zu hohen Maße von China abhängig. Zuletzt haben die drei Konzerne VW, BMW und Mercedes knapp 38 Prozent all ihrer Autos in dem Land verkauft.

    Nicht auszudenken, wenn China Taiwan überfällt und der Westen wie im Fall Russlands mit Sanktionen reagiert. Können VW & Co. dann so tun, als ob nichts wäre und weiter munter in China produzieren und von dem Land mächtig profitieren? Wohl kaum.

    Bei den Elektroautos ist Deutschland in China abgehängt

    Selbst wenn der Worst Case nicht eintritt, hat die deutsche Autoindustrie schon jetzt ein dickes elektrisches China-Problem: Zwar sind Verbrennerautos hiesiger Marken in dem Land nach wie vor stark gefragt, deutsche Elektroautos spielen aber nur eine erschreckend untergeordnete Rolle. 

    Vom Handelsblatt ermittelte Versicherungsdaten aus China ergeben beschämende Zahlen für die sich unverändert siegesgewiss gebenden deutschen Auto-Konzerne. Demnach taucht unter den zehn in China am häufigsten verkauften Elektroautos kein heimisches Fahrzeug auf. Der Stromer-Markt wird dort von nationalen Herstellern wie BYD, Nio oder Xpeng dominiert. 

    Tesla ist in China viel erfolgreicher als die deutschen Autohersteller mit ihren Elektro-Modellen
    Tesla ist in China viel erfolgreicher als die deutschen Autohersteller mit ihren Elektro-Modellen Foto: dpa

    Tesla ist in China erfolgreich

    Tesla hat sich mit dem Model Y in dem kommunistischen Land auf Platz zwei geschoben und dort einen E-Auto-Marktanteil von knapp acht Prozent erobert. Die Autos des US–Herstellers gelten auch in Asien als cool. Wer sie fährt, ist Teil einer technischen Avantgarde. Das trifft auf deutsche E-Modelle leider (noch) nicht zu. So verkauft Elon Musk in China mehr als doppelt so viele Elektro-Flitzer wie alle deutschen Hersteller zusammen – ein Schlag in die Magengrube des großen heimischen Premium-Marken-Stolzes. 

    Chinesische Versicherungsdaten veranschaulichen das German Desaster: BMW, Mercedes und Audi schafften je nicht mal den Sprung über die Ein-Prozent-Hürde, was den Stromer-Marktanteil betrifft. Das ist fatal, weil die Lust auf Elektroautos in China deutlich stärker als in anderen Regionen der Welt wächst. Dort sind gerade vielen Käuferinnen und Käufern riesige deutsche E-SUV-Fahrzeuge viel zu teuer. In China werden vor allem Elektro-Wagen, die weniger als 40.000 Euro kosten, nachgefragt. Deutsche Produzenten wie Mercedes fahren an diesen Menschen im Luxus-Rausch vorbei. 

    Autos sind heute rollende Smartphones

    Das meistverkaufte Elektroauto in China ist eben ein lustiger Kleinstwagen der Marke Wuling. Und viele Käufer legen Wert auf eine perfekte Anbindung der Autos ans Internet und verlässliche Spracherkennungs-Systeme. Das sind beides nicht deutsche Kernkompetenzen. Dabei rächt es sich, dass unsere Premium-Schwergewichte zu spät auf die E-Mobilität abgefahren sind. Sie wollten es überdies lange nicht wahrhaben, dass sich Autos in rollende Smartphones verwandeln. Derweil glaubten Riesen wie VW mit angeblich sauberen Diesel-Wagen Umweltbewusstsein zu demonstrieren. Das funktionierte nur mit Betrug. Wertvolle Zeit wurde vertan, statt voll auf Elektroautos zu setzen. Das kann sich in doppelter Hinsicht rächen: Denn die Deutschen sind nicht nur Elektro-Zwerge in China, sie bekommen auch in ihrer Heimat zunehmend Konkurrenz von schnittigen und preisgünstigen E-Autos aus dem Riesenreich. Wie das Spiel ausgeht, ist offen. Die deutsche Industrie holt sicher stark auf. Doch reicht das?

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