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Kommentar: Der große Pfusch beim Heizungsgesetz: Mehr Schaden als Nutzen

Kommentar

Der große Pfusch beim Heizungsgesetz: Mehr Schaden als Nutzen

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    Heizungstausch bei der Sanierung: Bau und Handwerk befürchten weniger statt mehr Aufträge.
    Heizungstausch bei der Sanierung: Bau und Handwerk befürchten weniger statt mehr Aufträge. Foto: Daniel Karmann, dpa (Archivbild)

    Das Gegenteil von gut sei nicht schlecht, sondern gut gemeint, lautet eine Erkenntnis, die der österreichische Schriftsteller Karl Kraus der Politik schon vor fast hundert Jahren ins Lehrbuch geschrieben haben soll. Selten bewahrheiteten sich diese Worte so brutal wie beim Heizungsgesetz, das die Ampelkoalition schwer ramponiert durch den Bundestag gebracht hat. 

    Es ist weniger das Endprodukt, als die Auswirkungen der Art, wie das Paragrafenwerk zustande gekommen ist, die einen immensen Schaden hinterlassen: Die Bilanz nach neun Monaten Debatte fällt verheerend aus, sowohl für die Regierungsparteien, die Klimapolitik, als auch das Vertrauen der Bevölkerung und allen voran auch für das beabsichtigte Ziel, den Treibhausgasausstoß der Gebäudewelt einzudämmen.

    Gebäudegesetz löst Rekorde beim Verkauf von Gas- und Ölheizungen aus

    Der ursprüngliche Gesetzentwurf von Grünen-Minister Robert Habeck bewirkte, dass die Industrie dieses Jahr erstmals seit den Neunzigerjahren Aufträge für über eine Million neuer Heizungen verbucht: Allein im ersten Halbjahr wurden 385.000 neue Gasheizungen verkauft, fast doppelt so viele wie Wärmepumpen. Und auch die längst zum Auslaufmodell erklärten Ölheizungen erleben einen Nachfrageboom: Mit 48.500 Verfeuerungsanlagen verkauften die Hersteller in den ersten sechs Monaten doppelt so viele wie im Vergleich zum Vorjahr. Die Ölheizungen überflügelten dabei weit die Pelletheizungen, von denen bis Ende Juni nur noch 23.000 verkauft wurden.

    Zwar verzeichnete die Heizungsindustrie auch einen Absatzrekord von fast 200.000 Wärmepumpen. Doch den führt die Branche vor allem auch auf Neubauten und den Auftragsbestand aus dem Vorjahr vor der Heizungsgesetz-Debatte zurück. Die Förderanträge für Wärmepumpen für den privaten Heizungsaustausch haben sich im ersten Halbjahr auf nur noch 48.800 halbiert. 

    Grünen-Minister Robert Habeck: Ende der Kanzleramt-Ambitionen?
    Grünen-Minister Robert Habeck: Ende der Kanzleramt-Ambitionen? Foto: Michael Kappeler

    Die Ampel verschlechtert die bisherige Förderung von Wärmepumpen

    Zugleich ließ die Aussicht auf das ursprünglich geplante Habeck-Gesetz die Preise für die Wärmepumpen regelrecht explodieren. Obendrein sollen nach den jetzigen Koalitionsplänen die förderfähigen Kosten beim Heizungstausch von bislang 60.000 Euro auf künftig 30.000 Euro zusammengestrichen werden. Kein Wunder, dass die Ampel eine massive Verunsicherung der Betroffenen ausgelöst hat, die eine ältere Heizung besitzen. Das Handwerk befürchtet einen massiven Rückgang der Sanierungsaufträge im kommenden Jahr.

    Politisch hat sich die Ampel beim Versuch, mit dem Kopf durch die deutschen Heizungskellerwände zu rennen, nicht nur selbst erheblichen Schaden zugefügt. Die Grünen und ihr einstiger Vorzeigepolitiker Habeck können ihre Kanzlerschaftsbestrebungen begraben. Die zunehmend rechtsradikale AfD stieg nicht zuletzt wegen des Heizungsstreits zur zweitstärksten Kraft auf und hängte dabei die Kanzlerpartei SPD ab. Zudem bröckeln gesellschaftliche Übereinkünfte beim Klimaschutz, während zwischen Stadt- und Landbevölkerung das Misstrauen wächst. Nicht zuletzt rügte das Verfassungsgericht den fragwürdigen Politikstil der Ampel im Bundestag. Das Urteil „handwerklich schlecht gemacht“ fällt angesichts dieses großen Pfuschs zu milde aus. 

    Ist das neue Gebäudeenergiegesetz besser als das alte?

    Man mag es kaum glauben: Das Gebäudeenergiegesetz gab es schon vor der Ampel. Es war die viel gescholtene Große Koalition, die es vor vier Jahren beschlossen hat. Man wundert sich heute, wie geräuschlos dies damals trotz Ankündigung eines Ölheizungsverbots gelang. Die seinerzeit beschlossenen Regeln förderten den Aufschwung der Wärmepumpe und halfen Millionen Tonnen CO₂ einzusparen. Das neue Ampelgesetz muss erst noch im Praxistest beweisen, ob es angesichts seiner großen Hypothek am Ende mehr bewirken kann. Oder ob der Schaden bereits größer ist als der Nutzen. 

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