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Kommentar: Warum das Getöse um den Viessmann-Verkauf falsch ist

Kommentar

Warum das Getöse um den Viessmann-Verkauf falsch ist

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    Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) schraubt unter Anleitung einer Viessmann-Mitarbeiterin die letzte Schraube in eine Wärmepumpe.
    Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) schraubt unter Anleitung einer Viessmann-Mitarbeiterin die letzte Schraube in eine Wärmepumpe. Foto: Nadine Weigel, dpa

    Eine Perle des Mittelstandes geht an die Amerikaner und Deutschland schaltet postwendend in seinen liebsten Gefühlsmodus: Das Bad in der mit Gruseln angereicherten Empörung. Hätten Aufwallung und Tonlage etwas mit der Wirklichkeit zu tun, dann drohte der Nation nun der zähneklappernde Untergang in unbeheizten Wohnungen.

    Das Reiz-Reaktions-Schema funktioniert wie der Pawlowsche Reflex. Dabei wird Viessmann nicht dichtgemacht oder an einen russischen Mafia-Oligarchen verscherbelt, sondern von einem Unternehmen aus den Vereinigten Staaten übernommen. Hallo Marktwirtschaft. Bekanntlich sind die USA die Schutzmacht Europas und nachdem der Ukraine-Krieg in seinem zweiten Jahr mit unverminderter Härte anhält, verwundert das Getöse um den Verkauf eines Heizungs- und Wärmepumpenherstellers leicht.

    Habeck-Ankündigung zu Viessmann wirkt grotesk

    Grotesk wirkt die Ankündigung von Wirtschaftsminister Robert Habeck, die Übernahme prüfen zu wollen. Wenn die Wärmepumpe zur kritischen Technologie gehört und nicht an einen Investor aus einem befreundeten Land gehen darf, dann gehören auch Rasenmäher zur kritischen Infrastruktur. Hallo Weltpolitik. Aber was soll Habeck auch machen? Der Verkauf kommt für ihn zur Unzeit, nachdem das Einbauverbot von Gas- und Öl-Heizungen in einem kommunikativen Fiasko geendet hatte. Um sich nicht noch dem Vorwurf des Totengräbers der deutschen Industrie auszusetzen, muss der Grünen-Anführer irgendetwas tun, und sei es nur eine symbolische Handlung.

    Viessmann verhält sich im Übrigen rational, wenn der rein finanzielle Maßstab angelegt wird. Jetzt bekommt die Eigentümerfamilie mit zwölf Milliarden Euro den maximalen Betrag für ihr Unternehmen. Denn derzeit profitieren die Nordhessen noch davon, dass erstens die Zahl der Konkurrenten überschaubar ist und zweitens Deutschland in den kommenden Jahren zu einem Eldorado für Wärmepumpenproduzenten wird. Und drittens hat der Wirtschaftsminister mit seinem Verbot von Gas- und Ölkesseln Viessmann das althergebrachte Geschäft zerstört. Der enorme Bedarf des größten Landes der EU nach Wärmepumpen gepaart mit der geplanten staatlichen Förderung wird Unternehmen aus anderen Ländern anlocken, zum Beispiel aus Japan, aber auch aus China.

    Viessmann-Verkauf heißt nicht, dass dort die Lichter ausgehen

    Für die Verbraucher ist das eine gute Nachricht, denn mehr Wettbewerb bedeutet sinkende Preise. Die Familie Viessmann muss sich allerdings fragen, was ihre Bekenntnisse („Wir sind eine Familie und denken in Generationen“) zu ihrer Firma und ihren Mitarbeitern wert waren. Dennoch geht bei Viessmann nicht das Licht aus: Betriebsbedingte Kündigungen sind für drei Jahre ausgeschlossen, Produktion und Forschung haben eine fünfjährige Garantie erhalten.

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