Startseite
Icon Pfeil nach unten
Wirtschaft
Icon Pfeil nach unten

Apotheken-Streik: Mit den Apothekern klagen die Falschen

Kommentar

Mit den Apothekern klagen die Falschen

    • |
    Mit den Apothekern zieht eine der privilegiertesten Berufsgruppen in die Schlacht um mehr Geld, sagt unser Autor.
    Mit den Apothekern zieht eine der privilegiertesten Berufsgruppen in die Schlacht um mehr Geld, sagt unser Autor. Foto: Monika Skolimowska, dpa

    Die Apotheker in Deutschland fühlen sich ungerecht behandelt. Sie verlangen mehr Geld und um dieses zu bekommen, schneiden sie die Menschen in ganz Deutschland am Mittwoch von der Versorgung mit Arzneimitteln ab. Nun gehören harte Bandagen auch in sensiblen Bereichen der Gesellschaft zum Kampf für die eigenen Interessen. Auch Ärzte streiken. Doch bei den Apothekern und Apothekerinnen zieht eine der privilegiertesten Berufsgruppen in die Schlacht um mehr Geld aus dem Gesundheitssystem.

    Laut der Apotheker- und Ärztebank verdient ein selbstständiger Apotheker ein durchschnittliches Bruttoeinkommen von 173.900 Euro pro Jahr oder 14.500 Euro im Monat. Zum Vergleich: Das Durchschnittsgehalt hierzulande liegt bei 4100 Euro brutto. "Die Selbstständigkeit rentiert sich häufig schon nach kurzer Zeit", heißt es bei der Apothekerbank weiter. Doch das reicht den Pharmazeuten nicht mehr. Sie fordern ein höheres Fixum. Derzeit erhalten sie 8,35 Euro für jedes verkaufte rezeptpflichtige Medikament. Hinzu kommen drei Prozent vom Medikamentenpreis.

    Apothekerinnen und Apotheker verdienen im Schnitt 14.500 Euro brutto

    Es stimmt, dass der Fix-Betrag seit 20 Jahren stabil ist und dass die Inflation natürlich auch vor Apothekern nicht haltmacht. Aber mit einem durchschnittlichen Bruttoeinkommen von 14.500 Euro pro Monat zählt man eher nicht zu den Bedürftigen dieses Landes, denen das Wasser bis zum Halse steht. Und Apotheken kommen genauso in den Genuss der Strom- und Gaspreisbremse wie alle anderen Unternehmen. 

    Bleibt das Thema steigende Gehälter für Angestellte und Personalmangel: Eine pharmazeutisch-technische Assistentin (PTA) verdient in den ersten beiden Berufsjahren ausweislich der Internetseite "pta heute" in den ersten beiden Berufsjahren knapp über 2400 Euro brutto und mit 15-jähriger Berufserfahrung 3072 Euro. Das Gehalt kann in einzelnen Bundesländern davon abweichen, wie es in Deutschland üblich ist. Ersichtlich ist allerdings, dass die Mitarbeiter der Apotheker unterdurchschnittlich verdienen. 

    PTAs hätten für ihre Arbeit in der Pharmazie mehr Gehalt verdient

    Die Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände spricht von den PTA als rechte Hand des Apothekers. "In der Apotheke informieren und beraten sie - unter der Aufsicht eines Apothekers - die Patienten bei der Arzneimittelabgabe und stellen Rezepturen wie Salben, Zäpfchen oder Kapseln her." Im Tauziehen um Personal wäre eine Möglichkeit, die eigenen "rechten Hände" besser zu bezahlen. 

    Neben den garantierten und gut kalkulierbaren Einnahmen, die sich über das Fixum ergeben, genießen die Apotheker ein weiteres ökonomisches Privileg. Jeder Apotheker und jede Apothekerin darf neben seinem oder ihrem Hauptgeschäft nur drei Filialen betreiben. Eine große Kette, die den Kleineren mit ihrer ökonomischen Macht das Leben schwer macht, ist gesetzlich nicht erlaubt. Ausgerechnet in der Partei des freien Wettbewerbs, der FDP, haben die Apotheker einen treuen Verbündeten, um ihr Privileg zu verteidigen. 

    Die Versorgung mit Grundmedikamenten muss verbessert werden

    Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hat recht, wenn er der Forderung der Apotheker eine deutliche Absage erteilt. Zumal diese 50 Prozent beträgt – das Fixum soll nach dem Willen der Apotheker auf 12 Euro steigen. Um über zwei Milliarden Euro stiegen dadurch die Kosten des Gesundheitssystems. Verständlich allerdings ist der Frust der Apotheker über die um sich greifende Bürokratie, eine Krankheit, die in Deutschland immer schlimmer wird. Es ist auch nicht angenehm, den Eltern von kranken Kindern zu erklären, dass es gerade keinen Fiebersaft mehr gibt, und Patienten mit einer Infektion vertrösten zu müssen, weil das Antibiotikum nicht lieferbar ist. Hier kann und sollte Lauterbach etwas für die Apothekerinnen und Apotheker tun. Europa muss dazu kommen, dass Grundmedikamente wieder auf dem Kontinent hergestellt werden. Der Markt dafür ist groß genug. 

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden