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Kommentar: Airbus-Chef Faury bekam in Augsburg eine bittere Lektion erteilt

Kommentar

Airbus-Chef Faury bekam in Augsburg eine bittere Lektion erteilt

Stefan Stahl
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    Airbus-Chef Faury bekam in Augsburg eine bittere Lektion erteilt
    Airbus-Chef Faury bekam in Augsburg eine bittere Lektion erteilt Foto: Frederic Scheiber, dpa

    Die Airbus-Führung um den Franzosen Guillaume Faury hat den Fehler gemacht, zu sehr in betriebswirtschaftlichen Kategorien zu denken. Die Manager schätzten aus Toulouse heraus die politische Lage in Deutschland unzureichend ein. Es war leichtsinnig, 2021, ausgerechnet im Jahr eines Bundestagswahlkampfes, einen Großkonflikt mit der deutschen Belegschaft um die Sanierung der schon lange kriselnden Augsburger Zuliefer-Tochter Premium Aerotec vom Zaun zu brechen.

    Es hätte dem Airbus-Management klar sein müssen, dass die drohende Zerschlagung des Augsburger Standortes und der in Aussicht gestellte Verkauf des Werkes zu einer Widerstandsbewegung führt. Das gilt umso mehr, als Deutschland mit knapp elf Prozent an Airbus beteiligt ist. So brachte die Konzern-Spitze vor allem die Ministerpräsidenten der beiden Bundesländer mit Premium-Aerotec-Werken gegen sich auf: Sowohl Markus Söder für Bayern als auch Stephan Weil für Niedersachsen betätigten sich erwartungsgemäß und erfolgreich als Schutzherren der Luftfahrt-Jobs. Der CSU-Mann, auch das hätte Faury ahnen können, sieht sich, was die Förderung der Luft- und Raumfahrt betrifft, als politischer Enkel der

    Zu dessen Zeiten hätte ein Airbus-Chef eine vergleichbare, Arbeitsplätze gefährdende Aktion kaum zu denken gewagt. Wenn er doch so keck gewesen wäre, hätte wohl ein brummiger Anruf von FJS ausgereicht, um das Thema im Keim zu ersticken. Nun haben sich im aktuellen Fall Sozis aus dem Norden mit CSUlern auch noch verbrüdert. Wenn es um Arbeitsplätze geht, sind im Wahlkampf bunte Allianzen über Bundesländer hinweg opportun.

    Airbus hatte eine Frau nicht so recht auf dem Radar

    Damit nicht genug der Fehlleistungen der Airbus-Vorstände: Sie haben sicher auch nicht einkalkuliert, dass in Deutschland die SPD ans Ruder kommt und damit die Gewerkschaft IG Metall mit den Genossinnen und Genossen bei Airbus fröhlich über Bande spielen kann. Dabei haben Faury und seine Mitstreiter eine wichtige Frau nicht so recht auf dem Radar gehabt: Denn die SPD-Politikerin Siemtje Möller ist zur Verteidigungs-Staatssekretärin aufgestiegen. Dumm nur für die Airbus-Männer, dass sie im friesischen Varel lebt und dort für den Erhalt des Premium-Aerotec-Werkes kämpft. Auch dieser Standort wurde von dem Konzern auf die Verkaufsliste gestellt. Erneut wirkt es strategisch ungeschickt, eine Politikerin zu verärgern, auf deren Wohl man angewiesen ist, wenn Airbus deutsche Forschungsgelder einheimsen und Rüstungsaufträge erhalten will.

    Dabei verwundert vor allem, dass Faury die Geschicklichkeit, Macht und gezielte Vorgehensweise der IG Metall unterschätzt zu haben scheint. Denn anders als in Frankreich sind hierzulande Gewerkschaften nicht derart politisiert, dafür effizient, wenn es darum geht, für ihr Klientel Stellen zu sichern.

    Jobs in Augsburg sind bis Ende 2030 vor betriebsbedingten Kündigungen sicher

    Die IG Metall verfügt jedenfalls über belastbare Kontakte zu CSU wie SPD. Am Ende haben IG-Metaller wie Daniel Friedrich, Jürgen Kerner, Michael Leppek oder Sebastian Kunzendorf gezeigt, was eine Gewerkschaft vermag, wenn sie sich auf einen hohen Organisationsgrad in den Betrieben stützt und die Beschäftigten in Bayern und Norddeutschland zusammenhalten. Daher bekam Faury eine bittere IG-Metall-Lektion erteilt und ließ sich letztlich zu einer friedlichen Einigung überreden: Die Gewerkschaft setzte durch, dass der Augsburger Standort nicht zerschlagen wird und die Jobs bis Ende 2030 sicher sind. Nun muss nur der immer noch mögliche Verkauf des Werks vom Tisch. Airbus sollte die Verantwortung für Premium Aerotec nicht abschieben und das Unternehmen selbst neu aufstellen.

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