Die Deutschen lieben ihr Bargeld. Zwar hat das bargeldlose Zahlen während der Corona-Pandemie auch hierzulande einen Aufschwung erlebt. Aber laut der Deutschen Bundesbank wurden auch im Jahr 2021 noch immer fast 56 Prozent aller Zahlungsvorgänge mit Bargeld getätigt. Doch wegen der großen Verbreitung von Bargeld steht Deutschland auch im Ruf, ein beliebtes Ziel von Geldwäschern zu sein. Seit Jahren versuchen verschiedene Bundesregierungen dieses kriminelle Treiben zu beenden. Der jüngste Vorstoß dazu kommt von Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD): Sie will Zahlungen von über 10.000 Euro in bar verbieten – und stößt damit auf scharfen Gegenwind.
So sagt etwa Zahlungsverkehrsexperte Ulrich Binnebößel vom Deutschen Handelsverband (HDE): „Pauschal eine Zahlung mit Bargeld über 10.000 Euro zu verbieten, kommt einer weiteren Stigmatisierung des Bargeldes gleich und setzt ein falsches Zeichen.“ Bereits heute mache das Geldwäschegesetz umfangreiche Vorgaben mit dem Ziel der Geldwäscheprävention. So müssten bei Barzahlungen über 10.000 Euro besondere Sorgfaltspflichten berücksichtigt werden, etwa die Feststellung der Identität des Vertragspartners. Und es bestehe eine Meldepflicht bei Verdacht auf eine Straftat.
Im Kfz-Handel sind Bargeldzahlungen an der Tagesordnung
Auch der schwäbische Europaabgeordnete Markus Ferber (CSU) sieht in der Bargeldobergrenze kein sinnvolles Werkzeug, um Geldwäsche einzudämmen: „Nicht jeder Bargeldkauf ist ein Geldwäscheverdachtsfall und man kann auch mit niederschwelligeren Methoden gegen Geldwäsche vorgehen. Ich halte nichts davon, die Bürger nur deshalb zu kriminalisieren, weil sie Bargeld benutzen. Das zeugt auch von einem ganz fragwürdigen Menschenbild“, sagte er unserer Redaktion. Ferber plädiert zumindest für großzügige Ausnahmen für private Transaktionen. „In Deutschland läuft der Gebrauchtwagenhandel noch im Wesentlichen über Bargeldzahlungen und da kommt man heutzutage auch schnell über 10.000 Euro“, so Ferber.
Das bestätigt auch Ansgar Klein, Geschäftsführender Vorstand beim Bundesverband freier Kfz-Händler (BVfK): „Je nach Branchensegment spielt die Bargeldzahlung eine unterschiedliche Bedeutung. Es gibt viele Händler, die akzeptieren nur noch in Ausnahmefällen Bargeld. Bei anderen wiederum liegt die Quote zwischen 50 und 100 Prozent“, erklärt er auf Anfrage. Er sehe grundsätzliche und praxisrelevante Gründe, die gegen ein Bargeldverbot sprächen, sagt aber auch: „Angesichts der sehr ernsthaften Gesamtproblematik hält es der BVfK jedoch für geboten, diese Bedenken zurückzustellen.“
Die EU will noch schärfere Regeln im Kampf gegen Geldwäsche
Tatsächlich dürfte Faesers Vorstoß auch nicht so schnell vom Tisch zu wischen sein. Denn er nimmt ein umfangreiches europäisches Gesetzgebungsverfahren auf, das im Kampf gegen Geldwäsche noch viel weiter reichende gesetzliche Vorgaben vorsieht. In anderen Ländern gelten zudem bereits deutlich geringere Freibeträge für Barzahlungen, teilweise sind nur 1000 Euro erlaubt. Auch Banken in Deutschland müssen seit August vergangenen Jahres strengere Regeln beachten. So müssen sie zum Beispiel bei Bareinzahlungen von mehr als 10.000 Euro einen Herkunftsnachweis verlangen. Das kann zum Beispiel ein Kontoauszug des Kunden bei einer anderen Bank sein, aus dem eine entsprechende Barauszahlung hervorgeht, ein Verkaufs- oder Rechnungsbeleg etwa zu einem Auto- oder Edelmetallverkauf oder ein Testament. Fehlt ein solcher Nachweis, gelten strenge Meldepflichten.
Verfolgt werden die Verdachtsmeldungen in Deutschland vom Zoll, genauer von der Financial Intelligence Unit (FIU). Und die ächzt im Zuge der laufenden Verschärfungen der Meldepflichten, auch für Notare, Immobilienmakler oder Kryptowährungsbörsen, unter einem Riesenberg zu prüfender Vorgänge. Innerhalb eines Jahres hat sich die Anzahl der eingehenden Verdachtsmeldungen im Jahr 2021 auf fast 300.000 mehr als verdoppelt, heißt es im jüngsten Jahresbericht der Organisation. Das kritisiert auch der CSU-Finanzexperte Ferber: „Anstatt die Bürger mit immer neuen Restriktionen zu gängeln, wäre die Bundesregierung gut beraten, erst einmal den eigenen Laden in den Griff zu bekommen. Damit wäre schon viel gewonnen.“