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Jobs: Warum es trotz mieser Konjunktur so viele Erwerbstätige gibt wie noch nie

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Warum es trotz mieser Konjunktur so viele Erwerbstätige gibt wie noch nie

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    Rekord: Fast 46 Millionen Menschen waren in Deutschland im Schnitt erwerbstätig. Das hat es seit der Wiedervereinigung nicht gegeben.
    Rekord: Fast 46 Millionen Menschen waren in Deutschland im Schnitt erwerbstätig. Das hat es seit der Wiedervereinigung nicht gegeben. Foto: Julian Stratenschulte, dpa

    In der Wirtschaft herrscht Flaute, die Generation der Babyboomer geht zunehmend in Rente, die Arbeitslosigkeit steigt und zugleich gibt es einen historischen Höchststand bei den Erwerbstätigen. Allerdings leidet Deutschland – wie so viele Industrieländer – unter einem erheblichen Fachkräftemangel. Wie passt das alles zusammen?

    Wie viele Erwerbstätige gibt es?

    2023 waren nach Angaben des Statistischen Bundesamtes (Destatis) in Deutschland im Schnitt rund 45,9 Millionen Menschen erwerbstätig – so viele wie noch nie seit der Wiedervereinigung. Nach einer ersten Schätzung ging die Zahl gegenüber dem Vorjahr um 333.000 Personen (plus 0,7 Prozent) rauf. Das ist ein weiterer Rekord, nachdem bereits 2022 der alte Höchstwert aus 2019 (45,3 Millionen Personen) getoppt wurde. 

    Wie ist die Arbeitslosenquote?

    Laut Bundesagentur für Arbeit (BA) ging im Dezember die Zahl der Arbeitslosen in Deutschland im Vergleich zum November vor allem saisonbedingt um 31.000 auf 2,637 Millionen Menschen nach oben. Die Arbeitslosenquote sei um 0,1 Punkte auf 5,7 Prozent gestiegen, teilte die

    Wie ist die Zahl der offenen Stellen?

    Im Dezember verzeichnete die Bundesagentur 713.000 offene Stellen, 68.000 weniger als ein Jahr zuvor. Die Nachfrage nach Arbeitskräften sinkt auf hohem Niveau schon seit Ende 2022. Auch in Bayern ist die Nachfrage nach neuen Arbeitskräften im Vergleich zum Vorjahr "erkennbar" gesunken.

    Wie kommt der Rekord bei den Erwerbstätigen zustande?

    Wie das Statistikamt mitteilt, liegt es zum einen an der Zuwanderung ausländischer Arbeitskräfte. Hinzu kommt, was man bei Destatis eine "gesteigerte Erwerbsbeteiligung der inländischen Bevölkerung" nennt. Diese beiden Impulse hätten die Effekte des demografischen Wandels auf den Arbeitsmarkt überwogen, heißt es. Enzo Weber, Forscher am Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) in Nürnberg, erklärt, dass der "Grundstein für den Rekordstand" allerdings nicht im letzten Halbjahr, sondern in den ersten sechs Monaten 2023 und davor gelegt wurde. Die Wirtschaftsflaute zeige inzwischen schon einen „dämpfenden Effekt“, auch wenn der Arbeitsmarkt nach wie vor „robust“ sei. Bisher sei die Zahl der verfügbaren Arbeitskräfte noch jedes Jahr gestiegen - auch wenn Deutschland, weil die Babyboomer in Rente gehen - schon jetzt jedes Jahr rund 400.000 Arbeitskräfte pro Jahr verliere. Auch Weber erklärt, dass das bisher ausgeglichen werde, weil es genügend Zuwanderer gebe - nicht zuletzt aus Europa. Zudem - Stichwort: gesteigerte Erwerbsbeteiligung - hätten mehr Frauen gearbeitet. Oder es hätten Menschen schlicht länger gearbeitet: "Die Geschichte, dass alle früher in Rente gehen, ist schlicht falsch" betont der Arbeitsmarkt-Experte. Andreas Peichl, Leiter des Ifo-Zentrums für Makroökonomik, fasst die widersprüchlichen Arbeitsmarktzahlen so zusammen: "Die Teilzeitquote unter allen Beschäftigten ist in den vergangenen Jahren gestiegen, noch gibt es keine Verrentungswelle der geburtenstarken Jahrgänge, und die Wirtschaftsflaute betrifft derzeit vor allem kapitalintensive Industrien." 

    Lässt sich das Problem mit dem Fachkräftemangel also doch leichter lösen als gedacht?

    Nein. Denn, so IAB-Experte Weber, vor allem in der zweiten Hälfte der 20er Jahre werden immer mehr Babyboomer den Arbeitsmarkt verlassen und in Rente gehen. Und auch die innereuropäische Migration - bisher eine wesentliche Stütze - werde nachlassen, ganz Europa altere schließlich. Zudem lasse sich die Erwerbsquote nicht mehr so weit steigern. (mit dpa)

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