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Interview: Verbandschef: "Am Ende wird sich die Wärmepumpe durchsetzen"

Interview

Verbandschef: "Am Ende wird sich die Wärmepumpe durchsetzen"

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    "Die Klopperei in der Politik rund um das Gebäude-Energiegesetz war eine Katastrophe", sagt Paul Waning, Chef des Bundesverbandes Wärmepumpe.
    "Die Klopperei in der Politik rund um das Gebäude-Energiegesetz war eine Katastrophe", sagt Paul Waning, Chef des Bundesverbandes Wärmepumpe. Foto: Micha Kirsten, Bundesverband Wärmepumpe

    Herr Waning, nach hartem Ringen hat sich die Koalition auf einen Entwurf zum Gebäude-Energiegesetz geeinigt. Wie bewerten Sie den Kompromiss?

    Paul Waning: Der Kompromiss der Koalition ist höchst ärgerlich. Er bietet noch keine verlässlichen Rahmenbedingungen für den Hochlauf der Wärmepumpe, den die Politik von der Industrie und vom Handwerk gefordert hat. Auf dem letzten Wärmepumpen-Gipfel ist vereinbart worden, dass ab dem Jahr 2024 pro Jahr 500.000 neue Wärmepumpen geliefert und installiert werden können, damit das Ziel eines klimaneutralen Landes bis 2045 erreicht werden kann. Jetzt wird der Prozess verlangsamt. Das ist ärgerlich für die Hersteller: Sie haben 5 Milliarden Euro in Werkshallen, Maschinen, Schulungen und Produkte investiert. 

    Immerhin gibt es aber jetzt einen Zeitplan...

    Waning: Der Zeitplan sieht vor, dass im Gebäudebestand zuerst die Kommunen bis spätestens 2028 eine kommunale Wärmeplanung ausarbeiten. Erst dann greift die Regel, dass neue Heizungen zu 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden müssen. Bis 2028 herrscht für die Kunden Orientierungslosigkeit, der Industrie und dem Handwerk fehlt Planungssicherheit. Zudem sind zahlreiche Fragen offen, das ist alles sehr bedauerlich. Am Ende aber wird sich die Wärmepumpe als Ersatz für Öl- und Gasheizungen durchsetzen, keine Frage. 

    Welche Fragen lässt der Gesetzentwurf offen?

    Waning: Unklar ist, ob das Gesetz zum Beispiel in manchen Städten sofort greift. In Baden-Württemberg sind Kommunen bereits zu einer kommunalen Wärmeplanung verpflichtet. Was ist außerdem mit kleineren Gemeinden? Gibt es für sie Ausnahmen? Zudem sollen die Bürgerinnen und Bürger ja weiterhin Gasheizungen einbauen können, wenn sie wasserstofftauglich sind. Was aber bedeutet das? Eine 20-prozentige Beimischung wie bisher oder 100 Prozent Wasserstoff? 

    Welche Folgen hat die Hängepartie rund um das Gebäude-Energiegesetz?

    Waning: Bei den Verbrauchern ist die Verunsicherung groß. Ankündigungen, dass Menschen über 80 Jahre ihr Heizsystem nicht ändern müssen, führen dazu, dass manche nun gar nichts tun. Andere erneuern nochmals in Panik ihre alte Gas- oder Ölheizung. Das alles ist in den Absatzzahlen spürbar: Die Nachfrage nach Öl- und Gaskesseln geht spürbar nach oben, der Absatz an Wärmepumpen knickt ein. Das ist schlecht für den Klimaschutz im Gebäudebestand. Zudem laufen die Menschen in die Falle der steigenden CO2-Abgabe, die fossile Energien verteuert. 

    Wie sieht es im Neubau aus?

    Waning: Im Neubau ist die Wärmepumpe gesetzt. Die Zahl an Wärmepumpen im Neubau steigt und wird weiter steigen. Moderne Häuser mit Effizienzhausstandard 55 oder gar 40 genügt ein Heizsystem mit einer geringen Leistung, häufig wird in Neubaugebieten gar kein Gasnetz mehr verlegt. Im Jahr 2022 hatten bereits 57 Prozent der Neubauten eine Wärmepumpe. Das Problem ist heute eher, dass sich nur wenige Menschen einen Neubau leisten können.

    Wärmepumpen sind in privaten Neubauten der neue Heizungsstandard. Für Altbauten sind sie besser geeignet als viele denken, sagt Paul Waning, Chef des Bundesverbandes Wärmepumpe.
    Wärmepumpen sind in privaten Neubauten der neue Heizungsstandard. Für Altbauten sind sie besser geeignet als viele denken, sagt Paul Waning, Chef des Bundesverbandes Wärmepumpe. Foto: Daniel Maurer, dpa

    Sie sagen, dass sich die Wärmepumpe am Ende durchsetzen wird. Was macht Sie so sicher?

    Waning: Eine Wärmepumpe hat den unschlagbaren Vorteil mit 100 Prozent eingesetztem Strom im Schnitt 350 Prozent Wärmeoutput erzeugen zu können, also das dreieinhalbfache. Das ist möglich, weil die Umgebungsenergie von Luft, Erde oder Grundwasser genutzt wird. Mit etwas grünem Strom und der Umgebungswärme können wir also CO2-frei heizen. Wenn wir die Klimaziele erreichen wollen, wird die Wärmepumpe eine führende Rolle einnehmen müssen. 

    Künftig könnte die Fernwärme der Wärmepumpe starke Konkurrenz machen, wenn man sich die neuen Ampel-Pläne ansieht...

    Waning: Dass Fernwärme eine Wärmepumpe ersetzt, ist zu kurz gedacht. Fernwärme bringt für den Klimaschutz keinen Vorteil, wenn die Energie aus Kohle- oder Gaskraftwerken stammt. Letztlich werden auch Großwärmepumpen die Wärme liefern. Die Wärmepumpe steht dann eben am anderen Ende des Fernwärmenetzes. In Ländern wie der Schweiz oder Skandinavien beziehen viele Kommunen bereits Energie mit Wärmepumpen aus dem Wasser. In der Schweiz habe ich einmal einen Hotel-Betreiber gefragt, wie er sein Hotel heizt. Die Antwort: "Mit dem See." 

    Haben wir den überhaupt genügend Strom, um bald nicht nur E-Autos, sondern auch Wärmepumpen betreiben zu können?

    Waning: Wir werden mehr Strom in Deutschland brauchen, wenn wir mehr elektrisch machen wollen. Derzeit braucht Deutschland rund 560 Terawattstunden im Jahr. Das Bundeswirtschaftsministerium schätzt den Bedarf 2030 auf rund 650 Terawattstunden. Die Energie muss entweder durch den Ausbau von Windkraft, Solar und Regelkraftwerken bereitgestellt werden oder wir importieren Strom. Letztes Jahr ist mehr Strom aus Deutschland nach Frankreich exportiert worden als umgekehrt, dies kann aber auch in die andere Richtung gehen. Ein Problem haben wir, wenn die benötigten Energiemengen durch den schleppenden Ausbau der Erneuerbaren fehlen. 

    Ist denn das Stromnetz fit für mehr Wärmepumpen?

    Waning: Die Netzbetreiber bekommen das hin. Jeder Netzbetreiber ist verpflichtet, seine Kunden anzuschließen. Eine Verstärkung der Leitung ist aber eine Baumaßnahme und braucht eine gewisse Zeit. Die Netzbetreiber können auch nicht auf Verdacht die Netze ausbauen. Über die Wärmepumpe sind viele Mythen erzählt worden, das ist ärgerlich. In Deutschland sind 2022 rund 6 Wärmepumpen pro 1000 Haushalten zugebaut worden, in Finnland dagegen 70. Dort brechen die Stromnetze auch nicht zusammen. 

    Eignen sich Wärmepumpen nun für Bestandsgebäude oder müssen diese wirklich für 100.000 Euro oder mehr saniert werden?

    Waning: Ich fand es schäbig, dass in der Debatte um das Gebäude-Energiegesetz solche Horrorszenarien an die Wand gemalt wurden. Man konnte den Eindruck gewinnen, dass die Wärmepumpen schuld an unsanierten Häusern sind. Natürlich eignen sich Wärmepumpen auch für Bestandsgebäude, das hat das Fraunhofer-Institut in einer Feldteststudie bewiesen. Ich selbst wohne in einem Haus aus den 80er Jahren und habe nur meine Ölheizung durch eine Wärmepumpe ersetzt. Sicher muss man sehen, welches Heizsystem das beste für ein bestimmtes Haus ist. Und natürlich hat es immer Sinn, sein Gebäude zu optimieren. Zum Beispiel kann man vor dem Einbau einer Wärmepumpe alte Heizkörper durch neue ersetzen. Das kostet zwar auch Geld – aber keine 100.000 Euro! Es gibt heute Wärmepumpen, die heute 60 bis 70 Grad Vorlauftemperatur zu vertretbaren Preisen liefern. Eine fossile Heizung kann so ersetzt werden. 

    Gibt es denn genug Geräte und Handwerker, um Wärmepumpen in großer Zahl zu installieren?

    Waning: Seitens der Industrie und des Handwerks ist der Hochlauf zu schaffen. Die Industrie hat stark investiert. Um dem Fachkräftemangel im Handwerk zu begegnen, werden landesweit Schulungen für Handwerker und Quereinsteiger angeboten. Den Handwerksverbänden ist wichtig, dass dies in hoher Qualität erfolgt. 

    Der Bundesverband Wärmepumpe fordert von der Politik, die bestehenden Förderprogramme zu vereinfachen.
    Der Bundesverband Wärmepumpe fordert von der Politik, die bestehenden Förderprogramme zu vereinfachen. Foto: Daniel Reinhardt, dpa

    Der Staat will die Umrüstung auf klimaneutrale Heizungen fördern. Wie viel Unterstützung brauchen Sie?

    Waning: Wir wünschen uns von der Politik vor allem ein einfaches Förderregime. Es muss für die Menschen klar sein: Wann bekomme ich wie viel Geld für welche Technik? Die bisherige Förderung über die verschiedenen Institutionen Bafa und KfW und zusätzlich auch noch kommunale Förderprogramme ist sehr unübersichtlich und schwer verständlich. 

    Was passiert, wenn der Gaspreis weiter fällt? Ist dann der Einbau einer Wärmepumpe noch attraktiv?

    Waning: Wenn Gas billiger wird, Strom aber teurer, werden viele Menschen Gasheizungen einbauen. Diese Gefahr besteht. Es die Entscheidung der Politik, ob sie die Wärmepumpe fördern und damit die Dekarbonisierung vorantreiben will oder nicht. Will man die Wärmepumpe fördern, darf das Preisverhältnis von Strom zu Gas nicht viel größer als 2,5 sein. Das haben wir mit einem Wärmestrompreis von 28 Cent und dem derzeit auf 12 Cent gedeckelten Gaspreis. Der Hochlauf der Wärmepumpe ist in Gefahr, wenn die Preisgebung aus dem Ruder läuft oder die politischen Signale uneindeutig sind. Ich denke, die Preislogik hat die Politik verstanden... 

    Aber die politischen Signale sind nicht eindeutig...

    Waning: Die Klopperei in der Politik rund um das Gebäude-Energiegesetz war eine Katastrophe.

    Zur Person: Paul Waning ist Vorstandsvorsitzender des Bundesverbands Wärmepumpe. Er wohnt nahe Augsburg. 

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