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Interview: Ökonom Hüther: "Ein Tankrabatt ist weder effektiv noch treffsicher"

Interview

Ökonom Hüther: "Ein Tankrabatt ist weder effektiv noch treffsicher"

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    Michael Hüther, Direktor des Instituts der deutschen Wirtschaft, ist kein Fan des Tankrabatts.
    Michael Hüther, Direktor des Instituts der deutschen Wirtschaft, ist kein Fan des Tankrabatts. Foto: Michael Kappeler, dpa

    Herr Hüther, es gibt die Befürchtung, dass die Mineralölkonzerne den Spritpreis genau um den Tankrabatt anheben werden, ihre Gewinne damit steigern und die Verbraucher und Unternehmen letztlich nichts davon haben. Teilen Sie diese Sorge?
    MICHAEL HÜTHER: Dieses Szenario wäre denkbar, es hängt jedoch stark von der konkreten Marktlage ab, ob es dazu kommt. Einerseits könnte es durch kollusives Verhalten zur Abschöpfung des Rabatts kommen; andererseits könnte die Marktdynamik zu einer Preiserhöhung auch ohne Absprache führen. Das Bundeskartellamt verfolgt die Preisentwicklung im Kontext der Tankrabattes daher intensiv. Die Markttransparenzstelle für Kraftstoffe wirkt zudem als wettbewerbsintensivierend und transparentfördernd und könnte den öffentlichen Druck auf die Mineralölkonzerne bei einer Preiserhöhung steigern.

    Halten Sie den Tankrabatt für ein gutes Entlastungsinstrument?
    HÜTHER: Ganz klar: Nein. Ein Trankrabatt ist weder verteilungspolitisch effektiv, da er unabhängig von der Bedürftigkeit entlastet, noch ist er unternehmens- beziehungsweise branchenpolitisch treffsicher und führt nur zu zusätzlichen Bürokratiekosten. Vielfahrer oder transportintensive Branchen werden nicht zielgenau, sondern sogar weniger entlastet, da der Preisanstieg bei Diesel höher ausfiel und der Dieselpreis nun durch die geringere Energiesteuer weniger abgesenkt wird.

    Welche Instrumente sind aus Ihrer Sicht besser?
    HÜTHER: Grundsätzlich sind Gießkanneneffekte schlecht und der Eingriff in die Preisbildung sollte immer die ultima ratio der Politik sein. Preissignale sollten als Ausdruck des hier verknappten Angebots wirken, um die grüne Transformation zu beschleunigen. An anderen Stellen sollten dann die Effekte bedarfsgerecht und zielgenau abgefedert werden, zum Beispiel durch Instrumente wie den Heizkostenzuschuss.

    Sind Sie auch so überrascht davon, dass ausgerechnet die FDP in den Preismechanismus eingreifen will und damit die Lenkungswirkung schwächt?
    HÜTHER: Auch unter Ökonomen gilt, dass nicht alle, die sich auf die Ordnungspolitik berufen, auch mit einer solchen argumentieren und Politiker entsprechend handeln. Im Zuge der ersten Ölpreiskrise im Jahre 1974 war es kein anderer als ein FDP-Wirtschaftsminister, der in der Debatte als Verfechter freier Preisbildung auftrat und sich gegen Markteingriffe stemmte. Selbst die SPD unter Brandt war gegen Senkungen von Steuern und Abgaben. Konsumeinschränkungen wurden in Kauf genommen, weil man die Kräfte der Marktwirtschaft nicht torpedieren wollte. Im Sinne der Ordnungspolitik soll die Politik lediglich in den Markt eingreifen, wenn der Preisanstieg auf missbräuchliche Marktmacht zurückzuführen ist. Dafür haben wir alle notwendigen Instrumente.

    Sollte sich der Staat die Sonderprofite durch eine Übergewinnsteuer bei den Mineralölkonzernen zurückholen?
    HÜTHER: Nein, denn es ist sehr schwierig einen sogenannten Übergewinn zu identifizieren. Es ist nicht eindeutig, ab wann ein Gewinn ein übermäßiger Gewinn ist und wie lange ein solcher Gewinn anhält. Eine solche Maßnahme würde die Steuerpolitik willkürlich erscheinen lassen, weil die Umsetzung kompliziert ist und zu potenziellen Kollateralschäden führen kann. Der Staat sollte keine moralische Wertung von Gewinnen vornehmen, welche erwünscht und welche nicht erwünscht sind.

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