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Interview: Kuka-Chef Peter Mohnen: Wir stellen jetzt wieder ein

Interview

Kuka-Chef Peter Mohnen: Wir stellen jetzt wieder ein

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    Kuka-Chef Peter Mohnen macht die Arbeit bei dem Augsburger Roboter- und Anlagenbauer so viel Spaß "wie schon lange nicht mehr".
    Kuka-Chef Peter Mohnen macht die Arbeit bei dem Augsburger Roboter- und Anlagenbauer so viel Spaß "wie schon lange nicht mehr". Foto: Kuka

    Kuka-Chef Peter Mohnen hat sich unlängst boostern lassen und die dritte Spritze gut vertragen. Ungeimpften Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Roboter- und Anlagenbauers rät er, sich ebenfalls den Piks verpassen zu lassen. Der 53-Jährige wirkt vor Weihnachten entspannt, kann das Unternehmen 2021 im Gegensatz zu den beiden vorausgegangenen Jahren doch mit einer Reihe positiver Meldungen aufwarten.

    Herr Mohnen, Kuka hat in den vergangenen Jahren in Augsburg rund 500 Arbeitsplätze gestrichen. Ist die Zeit des Job-Abbaus jetzt vorbei oder droht das nächste Sanierungsprogramm? Vor einem Jahr haben Sie gesagt, es sei Ihr Ziel, dass keine weiteren Stellen abgebaut werden müssen.

    Peter Mohnen: Ich bin sehr erleichtert, dass wir bei Kuka nicht mehr mit schlechten, sondern wieder mit guten Nachrichten punkten können. Manchmal sind die Tüchtigen auch die Glücklichen. Unsere Kuka-Mannschaft war tüchtig. Und es hat geklappt: Wir haben in diesem Jahr kein neues Stellenabbau-Programm mehr aufgelegt, sondern nur noch frühere Entscheidungen umgesetzt. Inzwischen ist der Arbeitsplatzabbau zum Stillstand gekommen.

    Wie gut läuft es wirtschaftlich wieder?

    Mohnen: Obwohl wir gefühlt noch mitten in der Pandemie stecken, haben wir sehr gute Ergebnisse erreicht. Wir wachsen deutlich, eben um rund 20 Prozent. Kuka befindet sich, was den Umsatz betrifft, wieder auf dem Niveau vor Corona. Was die Profitabilität betrifft, liegen wir jedoch noch besser als im Vor-Corona-Jahr 2019: So rechnen wir damit, in diesem Jahr einen Gewinn vor Steuern und Zinsen von rund 60 Millionen Euro einzufahren, während hier für 2020 ein Verlust von 113,2 Millionen Euro zu Buche stand. Zum Vergleich: Im Vor-Corona-Jahr 2019 haben wir einen Gewinn von 47,8 Millionen Euro erzielt. Es ist also in diesem Jahr spürbar aufwärtsgegangen und wir sind zuversichtlich, dass sich dies im kommenden Jahr fortsetzt. Auf diese Leistung des Teams, also aller Kukanerinnen und Kukaner, bin ich stolz. Wir sind wettbewerbsfähiger geworden, weil wir unsere Hausaufgaben gemacht haben. Doch der Wettbewerb im Robotermarkt wird härter, weil viele neue Anbieter eingestiegen sind. Gleichzeitig wird der Kuchen, also der Markt, insgesamt größer.

    Am Standort Augsburg mit inzwischen noch rund 3500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern gab es aber nach dem Arbeitsplatzabbau viel Unruhe. Einige Top-Leute sind gegangen.

    Mohnen: Doch das vergangene Jahr hat gezeigt, dass insbesondere unser Standort in Augsburg wettbewerbsfähiger geworden ist, auch weil unsere Restrukturierungsprogramme greifen. Und was mich auch für die Beschäftigten freut: Der Standort Augsburg ist resilienter geworden.

    Also widerstandsfähiger. Was meinen Sie damit?

    Mohnen: Wir haben trotz des weltweiten Materialmangels in diesem Jahr die Lieferketten stabil gehalten. So konnten wir unsere Lieferverpflichtungen gegenüber den Kunden alle einhalten. Einkauf, Logistik und Produktion haben einen super Job gemacht, was innerhalb und außerhalb des Kuka-Konzerns Anerkennung gefunden hat. Wenn es drauf ankommt, zeigt die Kuka-Mannschaft besonders, was sie kann. Und die Beschäftigten in Augsburg haben also in der Krise durch ihre Leistung und ihre Flexibilität für sich jede Menge Argumente gesammelt. Kuka hat Wettbewerbern Marktanteile abgenommen, weil wir schneller als sie liefern konnten.

    Konnten Sie stets pünktlich liefern? Treffen Kuka die Materialengpässe gar nicht?

    Mohnen: Natürlich treffen uns auch die Materialengpässe. Aber wir sind gut aufgestellt, weil wir auf mehrere Lieferanten für eine Ware in mehreren Regionen setzen. Wir haben uns früh clever aufgestellt und etwa Elektronikkomponenten schon im vergangenen Jahr nachgekauft. Wir haben uns hier nicht nur bei Herstellern, sondern auch bei Zwischenhändlern eingedeckt, weil sich die Materialengpässe für uns abgezeichnet haben.

    Und doch hat Kuka zwischenzeitlich auch Material-Probleme bekommen.

    Mohnen: Ja, wenn wir einmal aufgrund von Lieferproblemen ein bis zwei Wochen in Verzug waren, haben wir das durch Mehrarbeit aufgeholt. Das zeigt die hohe Flexibilität und das große Engagement der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Auch unsere Beschäftigten vor Ort haben bei den Kunden unter zum Teil schwierigsten Bedingungen große Dinge geleistet. Wir finden im Service immer wieder Beschäftigte, die auch in Corona-Zeiten freiwillig für Kuka in die Welt hinausgehen. Auch darauf bin ich stolz. All das macht mich so zuversichtlich.

    Doch die wirtschaftlichen Aussichten trüben sich ein. Wie der Ifo-Index zeigt, schätzen Unternehmen in Deutschland die wirtschaftliche Lage skeptischer ein.

    Mohnen: Da bleibe ich zuversichtlich, zumal nach der Corona-Krise die Nachfrage nach Automatisierungslösungen, also auch Robotern, weiter steigen wird. Davon bin ich fest überzeugt. Die beste Zeit für Kuka kommt noch, denn Automatisierung hilft jedem Unternehmen, effizienter zu arbeiten. Wir treten jetzt wieder in die Wachstumsphase ein. Kuka wird dank Innovationen stärker zulegen, weil wir wettbewerbsfähiger geworden sind. Es zahlt sich aus, dass wir mit den Restrukturierungsmaßnahmen unsere Kostenbasis verbessert haben. Kuka greift jetzt richtig an. So geht unsere Strategie auf, mit einfacheren und günstigen Robotern auf dem asiatischen Markt als größten und am stärksten wachsenden Markt für die Robotik zu punkten.

    Werden diese günstigen Roboter nur in Asien nachgefragt?

    Mohnen: Die einfacheren und dadurch günstigeren Roboter werden inzwischen weltweit nachgefragt, sogar mehr als erwartet. Wir wollen nun mehr einfachere Roboter verkaufen, gerade in Branchen außerhalb der Autoproduktion. In Asien werden wir 2022 sicher stärker als der Markt wachsen. Unser chinesischer Mehrheitsaktionär Midea öffnet uns die Türen in China. Die Aussichten sind also gut, auch für die Roboter-Käufer. Dank unserer neuen Steuerung, die wir weiter entwickeln, soll es 2030 so einfach sein, einen Roboter zu bedienen, wie es heute schon mit einen Computer funktioniert.

    Dann kann man sich 2030 bei Kuka in Augsburg einen kleinen Roboter für den Haushalt in einem entsprechenden Shop kaufen. Wie heute Apple-Shops gibt es dann Kuka-Shops.

    Mohnen (lacht): Warum nicht. Schauen wir mal. Wir haben noch viel vor. Zunächst einmal konzentrieren wir uns auf die Industrierobotik. Hier gibt es noch reichlich Wachstumsmöglichkeiten. Natürlich bleiben wir in der Service-Robotik am Ball und schließen nicht aus, dass es irgendwann auch für den Haushalt etwas von Kuka gibt.

    Wenn es bei Kuka wieder so gut läuft, müssten Sie den Standort Augsburg doch ausbauen und zusätzliche Beschäftigte einstellen.

    Mohnen: Weil wir auf einen Wachstumskurs umgeschaltet haben, brauchen wir jetzt alle Leute, die an Bord sind.

    Braucht Kuka also zusätzliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter?

    Mohnen: Wir stellen bei Kuka jetzt wieder ein. Das ist doch eine gute Botschaft vor Weihnachten. Und je mehr wir wachsen werden, desto mehr Beschäftigte brauchen wir.

    Für die verbliebenen rund fünf Prozent der freien Kuka-Aktionärinnen und -Aktionäre war es aber keine frohe Weihnachtsbotschaft, dass der chinesische Mehrheitsaktionär Midea den Roboterbauer von der Börse nimmt und sie gegen eine Barabfindung rausdrängen will. Schafft das nicht böses Blut in der Kleinanlegerschaft? Übernehmen die Chinesen komplett die Macht in Augsburg?

    Mohnen: Den Anstoß, die verbliebenen Aktionärinnen und Aktionäre mit einer Barabfindung im Zuge eines Squeeze-out zum Abschied ihres Kuka-Engagements zu bewegen, hat Midea gegeben. Entsprechende Fragen sollten also besser an Midea gestellt werden.

    Doch der Kuka-Vorstand muss dazu doch auch eine Meinung haben.

    Mohnen: Nachdem Midea das Thema aufgebracht hat, Kuka von der Börse zu nehmen, sind wir zum Schluss gekommen, dass diese Börsennotierung für uns zwar einen Wert hat, aber nicht so effektiv ist, denn es gibt mit rund fünf Prozent nur einen geringen Anteil an frei handelbaren Aktien. Und eine Börsennotierung dient ja der Beschaffung zusätzlichen Eigenkapitals. Doch wir haben uns seit 2016 kein Eigenkapital mehr über die Börse beschafft. Wir haben das auch für die kommenden Jahre nicht vor. Wir sind netto deutlich schuldenfrei. Uns sind andere Themen wichtig.

    Welche denn?

    Mohnen: Etwa, dass uns Midea bei unserem Wachstumskurs unterstützt. So haben wir von Midea wichtige Zusagen bekommen: Unser Großaktionär verzichtet auf einen Beherrschungsvertrag, was Kuka Freiheiten sichert. Und in Augsburg steigen die Investitionen für Forschung und Entwicklung bis 2025 um mindestens 15 Prozent. Wir haben beides gegeneinander abgewogen.

    Also den Wert der Börsennotierung für Kuka und den Wert der Zusagen von Midea. Klingt nach einem klassischen Deal.

    Mohnen: Wir sind zum Ergebnis gekommen, dass die Zusagen von Midea für uns mehr wert sind als die Börsennotierung. Der Standort Augsburg profitiert besonders von den Zusagen. Durch die Verabredungen mit Midea ist das Datum „Ende 2023“ zwei Jahre früher aus der Welt. Die ursprünglich mit Midea geschlossene Investorenvereinbarung, die etwa garantierte, dass Augsburg Hauptsitz des Unternehmens bleibt, endete ja Ende 2023. Nun haben wir Garantien für Augsburg bis Ende 2025. Das schafft Sicherheit für die Beschäftigten.

    Der Augsburger Roboter- und Anlagenbauer Kuka wurde vom chinesischen Haushaltsgerätekonzern Midea übernommen und soll nun von der Börse genommen werden.
    Der Augsburger Roboter- und Anlagenbauer Kuka wurde vom chinesischen Haushaltsgerätekonzern Midea übernommen und soll nun von der Börse genommen werden. Foto: Ulrich Wagner

    Aber richtet sich damit nicht die Angst der Beschäftigten vor einem stärkeren Durchregieren von Midea auf Ende 2025?

    Mohnen: Für mich ist es entscheidend, dass 2025 nicht zu einer Art neuem Ablaufdatum wird. Wenn man eine Vereinbarung schließt, legt man auch einen Zeitraum fest. Ohne gleich anzunehmen, dass danach alles sofort wieder rückgängig gemacht wird. Denn die Kuka-Beschäftigten haben ihre Zukunft selbst in der Hand. Ausgezeichnete Leistungen, Flexibilität wie 2021 in Augsburg und gute Ergebnisse wie zuletzt sind die beste Garantie für sichere Jobs und Standorte. Kuka ist in diesem Jahr eine der Divisionen im Haushaltsgerätekonzern Midea, die am besten abgeschnitten hat.

    Das war nicht immer so. Midea steht auf verlässliche Gewinnmaschinen. War der Wechsel des Kuka-Finanzvorstands Andreas Pabst zu Midea und die Nachfolge mit dem Midea-Vertrauten Alexander Tan Teil dieser großen Kuka-Vereinbarung mit den Chinesen? Wie sehr vermissen Sie Herrn Pabst?

    Mohnen: Andreas Pabst arbeitet ja jetzt bei Midea und ich tausche mich mit ihm regelmäßig aus. Und Alex Tan hat sich schnell eingefunden, macht seinen Job gut und gibt als international ausgerichteter Manager neue Impulse. Als neuer Finanzvorstand baut er auch Brücken nach China. Alex Tan versteht unsere Themen und kämpft voll für Kuka. Die Chemie mit zwischen ihm und mir stimmt.

    Doch Sie wirkten mit Herrn Pabst bestens eingespielt. Noch einmal: War sein Wechsel zu Midea Teil des gesamten Deals mit den Chinesen?

    Mohnen: Nein, das hat damit nichts zu tun. Der Wechsel von Herrn Pabst zu Midea geht auf eine Entscheidung des Aufsichtsrates zurück.

    Ursprünglich wurde in der Investorenvereinbarung zwischen Kuka und Midea die Börsennotierung von Kuka bis Ende 2023 garantiert. Das war auch ein Deal. Liegt jetzt ein Bruch der Investorenvereinbarung vor?

    Mohnen: Das ist eine Anpassung der Investorenvereinbarung. Wir haben als Kuka einen Vertrag mit Midea, den wir jetzt angepasst haben – und zwar im Sinne von Kuka, gerade in Augsburg. Und diese Vereinbarung haben wir als Management mit allen Vertreterinnen und Vertretern der Arbeitnehmer- und Arbeitgeberseite im Aufsichtsrat gemeinsam getroffen. Alle haben mitgezogen.

    Sie haben nun den Turnaround bei Kuka geschafft. Mangerinnen und Manager, denen so etwas gelingt, werden gerne abgeworben. Bleiben Sie die nächsten Jahre bei Kuka? Ihr Vertrag läuft bis Mitte 2024.

    Mohnen: Ich fühle mich wohl bei Kuka. Das Umfeld passt. Wir haben ein tolles Team, mit dem man etwas erreichen kann. Wir haben noch viel gemeinsam vor bei Kuka. Das Schöne ist, dass wir selbst die Zukunft in der Hand haben. Mir macht es Spaß, die Zukunft mit hoch motivierten Beschäftigten zu gestalten. Ich bin jetzt neuneinhalb Jahre bei Kuka und fühle mich sehr wohl. So viel Spaß wie derzeit hat es mir bei Kuka schon lange nicht mehr gemacht.

    Wenn Sie sich für Meldungen aus Augsburg interessieren, hören Sie doch auch mal in unseren neuen News-Podcast rein: Der "Nachrichtenwecker" begleitet Sie von Montag bis Freitag ab 5 Uhr morgens in den Tag.

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