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Interview: Fujitsu-Werkchefin: "Wir wollen mit Lenovo wachsen"

Interview

Fujitsu-Werkchefin: "Wir wollen mit Lenovo wachsen"

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    „Wir erhoffen uns, dass wir mit Lenovo stärker wachsen können.“
    „Wir erhoffen uns, dass wir mit Lenovo stärker wachsen können.“ Foto: Christoph Vohler

    Frau Schneevoigt, Fujitsu schließt für den Bereich von Notebooks und PCs ein Gemeinschaftsunternehmen mit dem Hersteller Lenovo. Was erhofft sich Ihr Unternehmen davon?

    Vera Schneevoigt: Wir erhoffen uns, dass wir mit Lenovo stärker wachsen können. Zudem setzen wir darauf, dass wir gegenüber unseren Lieferanten eine bessere Kostenposition erzielen können. Das verbessert die Wettbewerbsfähigkeit.

    Was ändert sich durch das Gemeinschaftsunternehmen FCCL für das Werk Augsburg? Hier werden auch klassische Personalcomputer gefertigt, für die das Joint Venture mit Lenovo zuständig ist.

    Schneevoigt: Wir arbeiten heute schon eng mit FCCL zusammen und produzieren und entwickeln im Auftrag des Unternehmens. Die Produktzyklen ändern sich nicht von heute auf morgen. Es muss 10 bis 12 Monate im Voraus geplant werden. Im Moment ändert sich für das Augsburger Werk also nichts.

    Kann sich längerfristig etwas ändern?

    Schneevoigt: In unserem Markt ändert sich alles immer! Ich denke, man wird längerfristig mit Blick auf die Entwicklung des IT-Marktes sehen müssen, wo man welche Dinge am besten herstellen kann. Hier haben wir in Augsburg Stärken, die ein Unternehmen in China nicht hat: Wir haben die Nähe zum deutschen und europäischen Markt. Und wir haben die Diskussion über Industrie 4.0 und die intelligente Fabrik, so dass andere Elemente in einer gewissen Zeit größeren Raum einnehmen können. Es ist ein permanenter Veränderungsprozess.

    Die Fujitsu-Entwickler sind für den Gesamtkonzern sehr relevant

    Auch 100 bis 150 Entwickler in Augsburg sind bisher für Produkte tätig, die in den Bereich des Joint Ventures fallen. Wie geht es für sie weiter?

    Schneevoigt: Im Moment sind dies Fähigkeiten im Bereich von Desktop-PCs, die es in dieser Breite und Tiefe im Konzern an keiner anderen Stelle gibt. Sie sind also sehr relevant. Es ist deshalb wichtig, dass wir Gespräche führen, wie wir im Desktop-Bereich zusammen mit Lenovo vorangehen wollen.

    ... weil Lenovo schwerpunktmäßig kein Anbieter von Desktop-PCs ist, sondern eher von Smartphones und Notebooks.

    Schneevoigt: Ja. Lenovo hat kein breites Portfolio an Desktops-PCs. Sie sind kein Schwerpunkt-Produkt von Lenovo.

    Wenn man auf die Eigentümerstruktur blickt, fällt auf, dass Lenovo 51 Prozent an FCCL hält. Hat am Ende nicht Lenovo das Sagen?

    Schneevoigt: Das ist eine spannende Frage, die man bisher aber schwer beantworten kann. Fujitsu behält aufgrund einiger Faktoren eine starke Stellung: Der Markenname Fujitsu bleibt. Fujitsu ist zudem stark auf dem japanischen Markt. Das ist ein Pfund, mit dem man wuchern muss. Dass sich die japanische Entwicklungsbank engagiert, zeigt, dass es der Regierung wichtig ist, was im japanischen Markt passiert.

    Am Ende aber muss bei jedem Joint Venture ein Spieler führen. Ein 50:50-Joint-Venture geht meist nicht gut. Lenovo ist deutlich größer als Fujitsu. Wenn ich mit Lieferanten verhandele und Kostenvorteile durchsetzen will, ist Größe der zentrale Vorteil.

    Weshalb ist die Kooperation überhaupt nötig geworden?

    Schneevoigt: Das Wachstum im Computer-Markt ist heute begrenzt. Smartphones und Tablet-Computer haben dem traditionellen PC teils den Rang abgelaufen. Heutige PCs und Notebooks sind leichter und haben mehr Komfort. Bei Standardprodukten darf man im Einkauf von Komponenten nicht teurer werden um wettbewerbsfähig zu bleiben. Die Gerätekosten sind zu 80 Prozent Materialkosten. Deshalb ist es entscheidend, dass man im Einkauf die besten Konditionen herausholt.

    Die PC-Fertigung in Deutschland rentiert sich für Fujitsu

    Rentiert es sich denn, weiterhin PCs in Deutschland zu fertigen?

    Schneevoigt: Das sieht man ja. Sonst würden wir es ja nicht machen. Man muss aber natürlich sehen, was sich rentiert: Ein Notebook oder einen Tablet-Computer hier komplett zu produzieren hat sicher keinen Sinn. Desktop-PCs sind dagegen in vielen Aspekten Servern sehr ähnlich, die wir ja ebenfalls hier entwickeln und produzieren.

    Wo kommen die Geräte zum Einsatz?

    Schneevoigt: Insbesondere in der öffentlichen Verwaltung und überall dort, wo ich stationäre Arbeitsplätze und hohe Sicherheitsanforderungen habe, zum Beispiel in Banken oder Versicherungen.

    Ist das Werk in Augsburg ausgelastet?

    Schneevoigt: Wir können als atmende Fabrik unsere Auslastung anpassen. Im Mainboard-Bereich – also den Platinen und Steuerungen – sind wir sehr gut ausgelastet. Auch in den anderen Bereichen sind wir ausgelastet. Saisonale Spitzen können wir mit Leiharbeitnehmern abfangen. Diese bekommen bei uns gute Löhne. Wir sind gewerkschaftlich organisiert.

    Was hat Fujitsu mit dem Augsburger Werk weiterhin vor?

    Schneevoigt: Ein Schwerpunkt ist es, auf dem europäischen Markt nah am Kunden Produkte, Lösungen und Beratung zur Verfügung stellen zu können. Ein Haupt-Zukunftsthema sind Server und Speicher. Ihre Bedeutung wächst. Es gibt heute Bedarf an hochkomplexen Servern, die eine enge Zusammenarbeit der Fertigung mit der Entwicklungsabteilung nötig machen.

    Das ist eines der Fundamente für Fujitsu in Augsburg. Die zentrale Fujitsu-Entwicklungsabteilung für Server befindet sich ja hier. Schließlich ist das Thema Großrechner wichtig – gerade für Behörden wie Finanzämter, die mit sensiblen Personendaten arbeiten. Großrechner sind außerdem dafür ausgelegt, riesige Datenmengen zu verarbeiten, wie sie in der Industrie 4.0 anfallen.

    Fujitsu kann in Augsburg Lösungen für die intelligente Fabrik vor Ort zeigen

    Stichwort "Industrie 4.0", was kann Fujitsu hier anbieten?

    Schneevoigt: Fujitsu hat den Vorteil, dass es in Augsburg eine eigene Fabrik betreibt und Lösungen für die intelligente Fabrik – die Smart Factory- vor Ort zeigen kann. In Augsburg haben wir auch das große Glück, mit Kuka eine führende Firma der Industrie 4.0 als Partner vor Ort zu haben.

    Was ist aus Ihrem Projekt geworden, Kuka-Roboter in der Produktion einzusetzen?

    Schneevoigt: Wir haben im Pilotprojekt seit April 2017 den Einsatz von Robotern getestet, die mit dem Menschen zusammenarbeiten können. Die Roboter übernehmen den Test von Baugruppen – eine Routineaufgabe, die Menschen meist nicht viel Spaß macht. Noch vor Weihnachten wollen wir in den Produktivbetrieb übergehen, also den Einsatz in der regulären Produktion. Wir haben jetzt eine Reihe von weiteren Projekten, die wir im Technologiezentrum ausprobieren wollen. Einer unserer Ingenieure scherzte bereits, dass diese Arbeit bis zur Rente reicht. Und er ist nicht so alt.

    Das Werk in Augsburg ist also nicht in Gefahr?

    Schneevoigt: Es ist natürlich harte Arbeit, das immer wieder sicherzustellen. Die Herausforderungen in der IT-Industrie sind groß. Ich bin im 4. Jahr bei Fujitsu. Eine meiner Hauptaufgaben war es, das Werk weiter zukunftsfähig zu machen. Der Bedarf an Servern, Boards und Desktop-PCs lastet uns derzeit aus. In zehn Jahren werden wir aber sicher über andere Themen sprechen. Die Veränderung durch die Digitalisierung sind groß, die Bevölkerung und die Anforderungen an die IT wandeln sich.

    Hier können wir neue Themenfelder besetzen. Deshalb auch die Zusammenarbeit mit Kuka. Ich denke, dass die Zusammenarbeit von Menschen mit Robotern speziell ältere Arbeitnehmer entlasten kann. Im Jahr 1987 wurde das Werk für die Massenproduktion gegründet, seither hat sich viel gewandelt. Die Digitalisierung wird eine Öffnung der Arbeitsatmosphäre bringen, bei der die enge Zusammenarbeit mit Partnerfirmen eine wichtige Rolle spielen wird.

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