Corona, Ukraine-Krieg, Lieferkettenprobleme und Konjunkturflaute: Die deutsche Wirtschaft leidet unter den Folgen mehrerer Krisen, welche die Bilanzen verhageln und Firmen in die Zahlungsunfähigkeit bringen. Das führt dazu, dass die Insolvenzen im Jahr 2024 deutlich höher liegen als erwartet.
Seit Monaten steigt die Zahl der Firmenpleiten in Deutschland kontinuierlich an – ein Trend, den Experten nach dem Ende der Corona-Hilfen und Sonderregelungen vorhergesagt hatten. 2023 wurden laut Statistischem Bundesamt 17.814 Unternehmensinsolvenzen registriert. Dieser Wert wird aktuell offenbar deutlich übertroffen.
Deutsche Wirtschaft erlebt 2024 deutlich mehr Insolvenzen
Im schwierigeren Wettbewerbsumfeld der Bundesrepublik wird es aller Voraussicht nach wesentlich mehr Insolvenzen geben als die für 2024 prognostizierten 20.000 Fälle. Zu diesem Schluss kommt eine Analyse der Wirtschaftsauskunft Creditreform in einer Schätzung.
Die Anzahl der Insolvenzen dürfte demnach um 24,3 Prozent auf 22.400 zugenommen haben, so die jüngsten veröffentlichten Berechnungen. Zuletzt gab es im Jahr 2015 mit 23.180 Fällen eine höhere Zahl an Firmenpleiten in Deutschland. Zu den Hauptgründen zählen gestiegene Zinsen, die insbesondere kleinen und mittelständischen Unternehmen die Kredite verteuern.
Hinzu kommen weiterhin hohe Energiekosten, die intensive verarbeitende Branchen wie die Chemie oder auch Metallverarbeitung stark belasten. Gleichzeitig schwächt die hohe Inflation die Kaufkraft von Verbraucherinnen und Verbrachern, wodurch Konsum und Binnenkonjunktur leiden.
Insolvenzverfahren: Große Firmen in diesem Jahr betroffen
Verschärft wird die wirtschaftlich angespannte Lage durch die internationale Konkurrenz sowie höhere regulatorische Anforderungen. So sind hierzulande im laufenden Jahr bereits Tausende von Unternehmen in die Insolvenz geschlittert. Darunter befinden sich traditionsreiche Marken wie Tupperware oder Galeria Kaufhof, aber auch innovative Geschäftsideen wie das Flugtaxi von Lilium:
- Frischhaltedosen: Tupperware
- Discounter: Kodi
- Nadelfabrik: Schmauser Precision
- Zulieferer: Gerhardi
- Holzfertigung: Ziegler Holding
- Bauunternehmen: Gröner Group GmbH
- Transporttechnologie: Lilium
- Ölförderung: Rhein Petroleum
- Lebensmittel: Schokoladen Leysieffer
- Getränke: Rich AG
- Zulieferer: Eisenwerk Hasenclever
- Zulieferer: WKW Automotive
- Verlagswesen: Weltbild
- Zulieferer: AE Group
- Zulieferer: Recaro
- Objektgesellschaft: Trianon-Turm in Frankfurt
- Reiseunternehmen: FTI Touristic
- Gebrauchtwagenbörse: Instamotion
- Modehändler: Esprit
- Solarunternehmen: Amia Energy
- Matratzenhersteller: Breckle
- Baubranche: Helma Eigenheimbau
- Elektroautohersteller: Next.e.Go Mobile
- Zulieferer: Eissmann Automotive
- Metallindustrie: Nodo Metall GmbH
- Immobilien: Schoofs Immobilien
- Naturkosmetik: The Body Shop
- Umzüge: Movinga
- Glashersteller: Ritzenhoff
- Kaufhauskette: Galeria Kaufhof
Insolvenzverfahren: Deutsche Wirtschaft noch länger auf Talfahrt?
Besonders von einer Firmenpleite gefährdet sind den Angaben zufolge der Einzelhandel, die Bauwirtschaft sowie kleinere Unternehmen im Dienstleistungssektor. Sollte die deutsche Wirtschaft nicht an Fahrt gewinnen, drohen im kommenden Jahr weitere extreme Entwicklungen im Insolvenzbereich.
„Mit einiger Verzögerung schlagen die Krisen der vergangenen Jahre nun als Insolvenzen bei den Unternehmen durch“, erläutert Patrik-Ludwig Hantzsch, Leiter der Creditreform-Wirtschaftsforschung. Er hält für 2025 Insolvenzen im Bereich von über 30.000 als realistisch.
Expertinnen und Experten sehen mittelfristig für die deutsche Wirtschaft nur eine Entspannung, wenn das Zinsumfeld stabiler wird und gezielte staatliche Unterstützung greift. Langfristig bleibt die Anpassungsfähigkeit der Unternehmen an internationale und strukturelle Herausforderungen entscheidend.
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