Immer wieder müssen Unternehmen Insolvenz beantragen. Das ist nicht nur für die Inhaber ein Problem, sondern auch für die Angestellten. Kann die Firma nicht gerettet werden und werden die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gekündigt, müssen sie sich einen neuen Job suchen. Unter Umständen haben sie aber auch einen Anspruch auf eine Abfindung. Wann das der Fall ist, lesen Sie hier.
Insolvenz: Wird man automatisch gekündigt?
Schon einmal vorweg: Nur weil ein Insolvenzverfahren eröffnet wird, heißt das nicht automatisch, dass das Arbeitsverhältnis gekündigt wird. Eine Entlassung ist aber auch nicht ausgeschlossen. Laut der Rechtsanwaltskanzlei Dr. Drees in Bonn genießen Arbeitnehmer, die mehr als sechs Monate in einem Unternehmen mit mehr als zehn Mitarbeiter beschäftigt gewesen sind, den allgemeinen Kündigungsschutz nach Kündigungsschutzgesetz (KSchG). Es braucht dann also einen personen-, verhaltens- oder betriebsbedingten Grund, um den Angestellten zu kündigen. Eine Insolvenz hingegen gilt nicht als Kündigungsgrund.
Allerdings ist im Falle einer Insolvenz eine betriebsbedingte Kündigung möglich. Dies kann passieren, wenn insolvente Unternehmen umstrukturiert werden und dadurch der Bedarf für eine Stelle wegfällt.
Des Weiteren gibt es etwa für Schwerbehinderte, Betriebsräte oder Schwangere einen besonderen Kündigungsschutz. Diese Personengruppen zu entlassen, ist oft nur bei einer Betriebsschließung oder nach Zustimmung einer Behörde möglich.
Allgemein ist die Kündigungsfrist in einem Insolvenzverfahren auf maximal drei Monate begrenzt. Wer gegen eine Kündigung vorgehen möchte, muss innerhalb von drei Wochen Klage erheben.
Insolvenz: Gibt es einen Anspruch auf Abfindung?
Einen allgemeinen Anspruch auf eine Abfindung gibt es bei einer Kündigung nicht, wie die Rechtsanwaltskanzlei Dr. Drees mitteilt. Das gilt auch bei einem Insolvenzverfahren.
Insolvenz: Wann hat man einen Anspruch auf Abfindung?
Auch, wenn es keinen gesetzlichen Anspruch auf eine Abfindung gibt, kann diese verhandelt werden. Folgende Fälle können der Rechtsanwaltskanzlei Dr. Drees zufolge eintreten:
- Wenn der Arbeitgeber oder der Insolvenzverwalter eine betriebsbedingte Kündigung ausspricht, dann bietet er oft auch eine Abfindung an, und zwar mit der Bedingung, dass der Arbeitnehmer dann nicht gegen die Kündigung klagt. Wer sich daran hält, hat nach Paragraf 1a KSchG einen Anspruch auf die Abfindung.
- Zudem besteht die Möglichkeit, die Kündigung gerichtlich prüfen zu lassen. In der Kündigungsschutzklage lässt sich dann oftmals eine Abfindung erzielen, da der Arbeitgeber beziehungsweise der Insolvenzverwalter den teuren und lang andauernden Prozess lieber durch einen Vergleich beendet.
- Wenn Arbeitnehmer einen Aufhebungsvertrag schließen, sollten sie darin eine Abfindung vereinbaren. Der Aufhebungsvertrag ist für den Arbeitgeber oder den Insolvenzverwalter besonders dann interessant, wenn dem Arbeitnehmer zum Beispiel aufgrund einer Schwangerschaft schwer gekündigt werden kann.
- Eine Abfindung ist auch durch das Aushandeln des Betriebsrats in einem Sozialplan möglich. In diesem Fall ist die Höhe dann aber auf Bruttomonatsgehälter gedeckelt.
Die Rechtsanwaltskanzlei Dr. Drees weist allerdings darauf hin, dass Arbeitnehmern trotz eines Anspruchs auf eine Abfindung, diese nicht immer in voller Höhe ausgezahlt wird. Der Grund dafür ist, dass es im Insolvenzverfahren oftmals viele Gläubiger gibt und die knappen Mittel des Arbeitgebers auf diese aufgeteilt wird. Es ist entscheidend, ob es sich bei der Abfindung um eine Insolvenzforderung oder um eine Massenverbindlichkeit handelt:
- Gilt die Abfindung als Insolvenzforderung, muss diese als Forderung zur Insolvenztabelle angemeldet werden. Das Vermögen des Schuldners, also des Arbeitgebers, wird dann auf alle Forderungen der Tabelle aufgeteilt. Da die Mittel, wie bereits erwähnt, oftmals knapp sind, erhalten Gläubiger meist nur einen Teil ihrer Forderung. In seltenen Fällen beträgt die Insolvenzquote mehr als zehn Prozent.
- Wenn die Abfindung als Masseforderung behandelt wird, erhalten Arbeitnehmer ihr Geld vorrangig und in den meisten Fällen ungekürzt.
Die Unterscheidung der Abfindung als Insolvenzforderung oder Masseforderung hängt davon ab, wann diese vereinbart wurde. Laut der Kanzlei handelt es sich um eine Insolvenzforderung, wenn:
- der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer vor der Insolvenzeröffnung kündigt und eine Abfindung verspricht
- der Arbeitnehmer vor dem Insolvenzverfahren einen Aufhebungsvertrag mit Abfindung geschlossen hat. Ausnahme: Der Vertragspartner darf Masseforderungen begründen (siehe unten)
- der Arbeitsvertrag, der Tarifvertrag oder der Sozialplan aus der Zeit vor der Insolvenzeröffnung eine Abfindung vorsehen. Hier ist es unwichtig, wer die Kündigung wann ausgesprochen hat.
Wichtig zu wissen: Wenn die Abfindung bereits ausgezahlt wurde, hat der Insolvenzverwalter unter bestimmten Voraussetzungen die Möglichkeit, diese wieder zurückzuverlangen. Wenn der Arbeitnehmer von der Zahlungsunfähigkeit oder dem Insolvenzantrag wusste, dann kann der Insolvenzverwalter unter Umständen Zahlungen aus dem Zeitraum von bis zu drei Monaten vor Stellung des Insolvenzantrags oder danach zurückfordern. Dabei handelt es sich um eine sogenannte Insolvenzanfechtung.
Der Rechtsanwaltskanzlei Dr. Drees zufolge handelt es sich bei der Abfindung um eine Masseforderung, wenn:
- der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer vor der Insolvenz kündigt und der Arbeitnehmer dagegen klagt. Sollte der Prozess noch während des Insolvenzverfahrens laufen, übernimmt der Insolvenzverwalter die Prozessführung. Wenn sich dieser mit dem Arbeitnehmer auf einen Vergleich mit Abfindung einigt, handelt es sich bei dem Anspruch um eine Masseforderung.
- der Insolvenzverwalter dem Arbeitnehmer während des Insolvenzverfahrens kündigt oder einen Aufhebungsvertrag unterschreibt.
- dem Arbeitnehmer vor der Insolvenzeröffnung vom vorläufigen Insolvenzverwalter oder dem Arbeitgeber in Eigenverwaltung eine Abfindung versprochen wird, etwa durch einen Aufhebungsvertrag. Es handelt sich aber nur um eine Abfindung, wenn der Arbeitgeber oder der vorläufige Insolvenzverwalter zur Begründung von Masseverbindlichkeiten befugt ist. Das steht in den Beschlüssen des Insolvenzgerichts.
In diesen Fällen dürfen Arbeitnehmer dann in den meisten Fällen auf den vollen Betrag der Abfindung hoffen.
Übrigens: Insolvenzen betreffen viele verschiedene Branchen. So musste bereits die beliebte Marke Hallhuber, die High-Fashion Firma Madeleine und Esprit Insolvenz anmelden. Aber auch andere Wirtschaftsbereiche sind betroffen. So ist nicht nur ein Möbel-Riese in die Schieflage geraten, sondern auch ein Getränkehersteller.