Startseite
Icon Pfeil nach unten
Wirtschaft
Icon Pfeil nach unten

Ingolstadt: Was erwartet den neuen Audi-Chef Markus Duesmann?

Ingolstadt

Was erwartet den neuen Audi-Chef Markus Duesmann?

    • |
    Stabwechsel bei Audi: Am Mittwoch übernimmt Markus Duesmann die Vorstandsgeschäfte von Bram Schot. Duesmann war einst für den Münchner Autobauer BMW tätig. 
    Stabwechsel bei Audi: Am Mittwoch übernimmt Markus Duesmann die Vorstandsgeschäfte von Bram Schot. Duesmann war einst für den Münchner Autobauer BMW tätig.  Foto: Peter Kneffel, dpa

    Volkswagen-Boss Herbert Diess hat die Latte für den neuen Audi-Chef hoch gehängt. So baut er für Markus Duesmann, der an diesem Mittwoch die Nachfolge des Niederländers Bram Schot antritt, ordentlichen Erwartungsdruck auf: „Er wird als exzellenter Ingenieur alles daran setzen, die großen Potenziale der Marke Audi zu heben und damit das Versprechen ,Vorsprung durch Technik‘ erneut verstärkt unter Beweis zu stellen.“ Wann immer zuletzt bei VW die Rede auf die Audi-Personalie kam, ging das nicht ohne Anspielungen auf das Markenversprechen des Ingolstädter Autobauers, eben Vorsprung durch Technik zu schaffen. Der neue 51-jährige Audi-Chef soll also „Mister Vorsprung“ werden – und das nicht nur für das bayerische VW-Unternehmen, sondern innerhalb des ganzen Volkswagen-Reichs. Denn Duesmann übernimmt noch einen gewichtigen Zweitjob: Auf VW-Konzernebene ist er für Forschung und Entwicklung zuständig.

    Duesmann soll eine Art Super-Ingenieur für VW werden

    Der Ingenieur Diess, 61, will den neuen Mann also zu einer Art Super-Ingenieur für das gesamte Unternehmen aufbauen. Der starke VW-Zampano lässt starke Männer und auch Frauen um sich gewähren. Dabei dürfte Duesmann neben Porsche-Chef Oliver Blume, 51, ein Schlüsselspieler für ihn sein.

    Volkswagen-Boss Herbert Diess hat die Latte für den neuen Audi-Chef hoch gehängt.
    Volkswagen-Boss Herbert Diess hat die Latte für den neuen Audi-Chef hoch gehängt. Foto: Ronny Hartmann, dpa

    Diess und Duesmann sind Weggefährten. Sie haben sich bei ihrem ehemaligen Arbeitgeber BMW schätzen gelernt. Der heutige VW-Chef stieg 2007 bei den Münchnern in den Vorstand auf. Dort war er zunächst für den Einkauf zuständig und später als Entwicklungsvorstand tätig. Doch den Münchner zog es 2015 zu Volkswagen, nachdem sich abzeichnete, dass für ihn der Weg an die BMW-Spitze verstellt ist. Auch Duesmann sollte später klar werden, dass er als BMW-Einkaufsvorstand zunächst einmal nicht weiter nach oben marschieren kann. Da traf es sich gut, dass ein heftiges Liebeswerben aus Wolfsburg um seine Person einsetzte. Es war so vernehmlich, dass der nicht leicht aus der Ruhe zu bringende BMW-Aufsichtsratschef Norbert Reithofer verärgert gewesen sein soll.

    Schon wieder hatten die Niedersachsen in Bayern gewildert. Da auch noch weitere BMW-Manager zum größten Auto-Konzern der Welt überwechselten, entstand der Eindruck, München sei eine Art Ausbildungszentrum für VW-Top-Leute, in dem sich Wolfsburg frei bedienen kann. Auch wenn dem BMW-Talentpool immer wieder gute Leute entspringen, waren die Münchner, was Duesmann betrifft, „reichlich angefressen“, wie es heißt. Folglich pochte Reithofer darauf, der Abtrünnige dürfe nicht sofort zum Rivalen nach Ingolstadt überlaufen. Duesmann und sein Förderer Diess mussten sich mit einer Art Sperre abfinden. Der Ex-BMW-Mann durfte nicht schon 2019, sondern erst zum 1. April 2020 das Chef-Büro in Ingolstadt beziehen. Auch die Vertreter der VW-Großaktionäre Piëch und Porsche müssen große Stücke auf Duesmann halten, sonst hätten sie nicht so lange auf den Manager gewartet und einen Zwist mit der BMW-Konkurrenz in Kauf genommen. Dabei haben Wechsel auf Spitzenebene innerhalb der deutschen Autoindustrie Tradition: Mit Bernd Pischetsrieder lief 2000 schon einmal ein BMW-Chef zum Rivalen VW über. Er wurde jedoch auf Dauer in Wolfsburg nicht glücklich und konnte letztlich kaum die hohen Erwartungen des einstigen VW-Übervaters Ferdinand Piëch erfüllen. Der 2019 gestorbene Patriarch war selbst einmal Audi-Chef. Ihm gelang es, das Marken-Versprechen „Vorsprung durch Technik“ immer wieder mit Innovationen (Quattro-Allradantrieb, TDI-Motor) zu erfüllen. Hier schließt sich der Kreis zu Duesmann.

    Wird Duesmann bei Audi zu „Piech II“?

    Er soll nun, wie manche frotzeln, als „Piëch II“ an technische Spitzenleistungen anknüpfen. Der Weg führt natürlich nicht mehr so sehr über Dieselmotoren, sondern über die von Diess vorgegebene Elektroauto-Strategie. Duesmann muss Audi elektrisieren. Bei seinen früheren Arbeitgebern Daimler und BMW hat er sich als Motorenentwickler – auch für die Formel 1– bewährt. Dabei trauen ihm Branchenkenner wie Jürgen Pieper vom Bankhaus Metzler zu, sich im Konzern durchzusetzen: „VW-Chef Diess ist aus hartem Holz geschnitzt. Duesmann scheint mir ein ähnlicher Typ zu sein.“

    Der neue Audi-Chef ist als Halbwaise im Münsterland aufgewachsen und hat als Jugendlicher Schlagzeug in einer Punkrock-Band gespielt. Nun muss er sich bei Audi eine Hausmacht erspielen. Das sei nicht so einfach, warnt Professor Stefan Bratzel vom Center of Automotive Management in Bergisch-Gladbach. Im Gespräch mit unserer Redaktion weist der Experte darauf hin, dass Duesmann vor einem Balanceakt stehe, stelle ihn doch die Doppelfunktion als Audi-Chef und Forschungsvorstand des Konzerns vor eine große Herausforderung: „Dafür muss er auf dem Drahtseil jonglieren, gilt es doch in der VW-Funktion auch den Interessen anderer Konzernmarken wie Porsche gerecht zu werden.“ Auto-Experte Ferdinand Dudenhöffer misst die Leistung Duesmanns vor allem daran, ob es ihm gelingt, die Wende hin zur Elektromobilität zu meistern: „Seine Aufgabe gleicht dem Sprung vom Tastenhandy zum iPhone.“ Im Gegensatz zum US-Autobauer Tesla befänden sich alle deutschen Hersteller noch auf Tastenhandy-Niveau.

    Duesmanns schwerster Job bei Audi: Die Corona-Pandemie

    An hohen Erwartungen mangelt es also nicht für Duesmann. Sein schwerster Job dürfte es aber in den Monaten der Corona-Pandemie sein, zum Krisenmanager bei Audi heranzureifen. Diess hofft ja noch, der Volkswagen-Konzern und damit auch Audi könnten noch einmal mit einem blauen Auge davonkommen, zumal die Geschäfte auf dem wichtigsten Einzelmarkt in China nach dem heftigen Einbruch wieder hochlaufen.

    Wir wollen wissen, was Sie denken: Die Augsburger Allgemeine arbeitet daher mit dem Meinungsforschungsinstitut Civey zusammen. Was es mit den repräsentativen Umfragen auf sich hat und warum Sie sich registrieren sollten, lesen Sie hier.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden