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Inflation: Türkei: Erdogans Banker spielen weiter mit dem Feuer

Inflation

Türkei: Erdogans Banker spielen weiter mit dem Feuer

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    Lebensmittel werden in der Türkei immer teurer.
    Lebensmittel werden in der Türkei immer teurer. Foto: Burhan Ozbilici, dpa

    Wie im Schlaraffenland fühlen sich ausländische Touristen derzeit im Großen Basar von Istanbul. „Ein Seidenschal kostet hier keine drei Dollar, in New York müsste ich 150 Dollar dafür bezahlen“, sagt ein Besucher aus den USA. „Da habe ich gleich 15 Stück gekauft.“ Bei seiner Ankunft tauschte der Mann 500 Dollar in Lira ein und erhielt einen dicken Stapel Banknoten. Doch die Preise in Hotels, Restaurants und Geschäften am Bosporus sind so niedrig, dass er sein Geld kaum loswird.

    Ein Mittagessen mit Suppe, Hühnchen, Lamm, Rindfleisch und Leber für ihn und seinen Freund kostete ihn umgerechnet acht Dollar. „Ich habe immer noch 300 Dollar übrig“, sagt er. „Ich find’s herrlich hier.“ Seit Jahresbeginn hat die Lira gegenüber Euro und Dollar rund die Hälfte ihres Wertes eingebüßt. Das liegt vor allem an der Politik von Präsident Recep Tayyip Erdogan, der entgegen der gängigen Lehrmeinung der Ansicht ist, dass hohe Zinsen Inflation verursachen, statt sie zu bekämpfen. Vor den nächsten Wahlen in anderthalb Jahren will er mit niedrigen Lohn- und Produktionskosten einen Export-Boom auslösen und setzt dafür auf einen sinkenden Lirakurs. Am Donnerstag hat die türkische Notenbank den Leitzins erneut gesenkt, von 15 auf 14 Prozent, und stellte sich damit einmal mehr hinter Erdogans umstrittene Wirtschaftspolitik. Es ist die vierte Leitzinssenkung in Folge trotz der hohen Inflation von mehr als 21 Prozent – unabhängige Experten schätzen sie auf fast 60 Prozent. Die Lira reagierte unmittelbar. Erstmals mussten für einen US-Dollar mehr als 15 Lira gezahlt werden, für einen Euro mehr als 17.

    Einbruch der Lira: Für Touristen ist die Türkei billig wie nie

    Türkische Normalverbraucher müssen wegen der explodierenden Preise jede Lira zweimal umdrehen: Importware wird ohnehin in Dollar oder Euro berechnet, doch auch die Preise für im Inland hergestellte Waren wie Lebensmittel sind von der Entwicklung der Devisenkurse abhängig, weil Düngemittel oder Treibstoff eingeführt werden müssen. In Städten bilden sich Schlangen vor Läden, die subventioniertes Brot für Bedürftige anbieten.

    An einem Kiosk der Istanbuler Stadtverwaltung wird Brot verkauft.
    An einem Kiosk der Istanbuler Stadtverwaltung wird Brot verkauft. Foto: Emrah Gurel, dpa

    Für ausländische Touristen sieht die Sache anders aus. Die Türkei war noch nie so billig wie heute. Händler im Basar verkaufen zwar mehr als in der Pandemie, mehr Gewinn machen sie aber nicht, im Gegenteil. „Früher konnte ich mal ins Ausland fahren, nach Italien oder Spanien“, erzählt ein Stoffhändler. „Damit ist Schluss.“ Schon im Juni errechnete der Bundesverband deutscher Banken, dass Bundesbürger in der Türkei mit einem Euro Waren kaufen konnten, die sie in Deutschland 1,65 Euro kosten würden. Billiger war es nirgendwo.

    Inflation: Manche machen mit dem Verkauf von Waren aus der Türkei gute Gewinne

    Viele ausländische Besucher kommen nicht, um Ferien zu machen, sondern um Geld zu verdienen. Am Istanbuler Flughafen stapelt sich das Übergepäck: Manche Passagiere kommen morgens am Bosporus an und fliegen abends mit 70 bis 80 Kilo Gepäck wieder nach Hause, wie die Zeitung Yeni Safak meldet. Die Gebühren für das Übergepäck nehmen sie in Kauf, denn in ihrer Heimat machen sie mit dem Verkauf von Textilien, Schuhen und anderen Waren aus der Türkei gute Gewinne. Fluggäste aus Nordafrika, Osteuropa und Zentralasien treiben diesen „Kofferhandel“ an.

    Auf dem Landweg überrennen Schnäppchenjäger aus Bulgarien die Stadt Edirne im Nordwesten der Türkei, um sich mit Lebensmitteln und Kleidung einzudecken. Die bulgarische Leva ist an den Euro gekoppelt und wird deshalb gegenüber der türkischen Lira immer stärker. Bulgarien mag das ärmste EU-Land sein – im Vergleich zu den Türken sind die Bulgaren derzeit reich.

    Die Opposition greift das Thema auf. Erdogan habe aus der Türkei einen „Ramschladen“ gemacht, schimpft der frühere Wirtschaftsminister Ali Babacan, Vorsitzender der Deva-Partei. „Unser Geld ist nichts mehr wert.“ Im regionalen Vergleich könne es die Lira höchstens noch mit dem syrischen Pfund aufnehmen – der Währung eines mit Sanktionen belegten Landes, in dem seit zehn Jahren Krieg herrscht. Erdogan hat nun reagiert. Ebenfalls am Donnerstag verkündete er eine gut 50-prozentige Anhebung des Mindestlohns für das kommende Jahr: Die Arbeiter sollten nicht leiden, sagte Erdogan. (mit dpa)

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