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Industrie: SGL Carbon investiert zweistelligen Millionen-Betrag am Standort Meitingen

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SGL Carbon investiert zweistelligen Millionen-Betrag am Standort Meitingen

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    Millionen-Investition: SGL Carbon hat einen großen  Standort in Meitingen.
    Millionen-Investition: SGL Carbon hat einen großen Standort in Meitingen. Foto: Marcus Merk

    Er sei vor drei Jahren nicht gerade beneidet worden, als er seine neue Stelle als Chef des Kohlenstoff-Spezialisten SGL Carbon angetreten habe, erinnert sich Torsten Derr. "Das war eine Firma in problematischem Fahrwasser", sagte er bei der Vorstellung der Jahreszahlen. Umso zufriedener ist er, wie das Unternehmen mit Sitz in Wiesbaden und seinem großen Standort in Meitingen nördlich von Augsburg heute dasteht. Der Umsatz legte von 2020 bis 2022 um 23,5 Prozent auf 1,14 Milliarden Euro zu. Der Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen wuchs in diesem Zeitraum um 86 Prozent auf 173 Millionen Euro, vor allem aber konnte das Unternehmen seine Verschuldung deutlich senken. 

    Dabei waren gerade die Voraussetzungen im vergangenen Jahr alles andere als günstig. Das lag nicht nur am Ukraine-Krieg und der Energiekrise. SGL Carbon ging auch ein wichtiger Auftrag verloren. Der Autobauer BMW habe im Juni 2022 planmäßig das aus Karbonfasern gefertigte Elektroauto i3 auslaufen lassen, erinnert Derr. "Dies war ein sehr lukrativer Auftrag für uns", sagte er. In Leipzig fertigt

    Große Nachfrage nach Isolations-Filzen von SGL Carbon aus Meitingen

    Doch dem Unternehmen gelang es, den Verlust mit anderen Aufträgen zu kompensieren. Beispielsweise durch Lieferungen an die Windrad-Industrie, die die Karbonfasern in den Flügeln verwendet – auch, wenn in diesem Bereich die Gewinnmargen für SGL Carbon nicht so hoch sind. Insbesondere aber kam eine riesige Nachfrage aus der Chip-Industrie SGL Carbon zugute. Das Unternehmen stellt zum Beispiel Wafer-Träger her, auf denen die künftigen LEDs und Mikrochips in der Produktion bei hohen Temperaturen bedampft werden. Dabei wird es 2000 bis 2500 Grad heiß. In Meitingen produziert das Unternehmen auch Filze, die bei diesen extremen Temperaturen als Isolationsmaterial wichtig sind. 

    Torsten Derr ist Chef des Kohlenstoff-Spezialisten SGL.
    Torsten Derr ist Chef des Kohlenstoff-Spezialisten SGL. Foto: Babic Fotografie/SGL Carbon

    "Im Halbleitermarkt gibt es eine wahnsinnig hohe Nachfrage nach unseren Produkten", sagte Derr. Da der Bereich sehr gewinnträchtig ist, habe man die Produktion im Grafit-Geschäft aus der Solar-Industrie in den Halbleitermarkt umgeleitet. "Wir hätten dort noch stärker wachsen können, dies ging aber nicht, weil wir an der Kapazitätsgrenze sind", sagt Derr. 

    Ein zweistelliger Millionen-Euro-Betrag wird investiert

    Nun will das Unternehmen massiv investieren. In Meitingen steht eine Anlage zur Produktion von Isolationsmaterial aus Filz. "Direkt nebenan bauen wir eine zweite Anlage und hoffen, sie am Jahresende in Betrieb nehmen zu können", berichtete der SGL-Chef. Die Investitionen bewegen sich im zweistelligen Millionen-Euro-Bereich. Auch an anderen Standorten, beispielsweise in Bonn, insbesondere aber in den USA werde investiert. Die Investitionssumme soll sich insgesamt im hohen ebenfalls zweistelligen Millionen-Euro-Bereich bewegen. Teilweise stellen Halbleiter-Hersteller das Geld zinslos zur Verfügung – unter der Maßgabe, anschließend von SGL Carbon beliefert zu werden, berichtete Derr. 

    Die Zahl der Beschäftigten ist im Zuge der Sanierung von rund 5500 auf 5000 gefallen, nun könnte sie wieder leicht steigen. Wenn in Meitingen eine zweite Linie für die Isofilz-Produktion entstehe, brauche man dort "natürlich auch doppelt so viele Mitarbeiter", nannte der SGL-Chef ein Beispiel. Er denke, dass bei der Mitarbeiterzahl ein vernünftiger Stand erreicht sei und darauf aufgebaut werden könne. 

    Susanne Klatten zieht sich als Aufsichtsratschefin zurück, behält aber ihre Anteile an SGL Carbon

    Eine personelle Änderung steht bei der Hauptversammlung im Mai an. Aufsichtsratschefin Susanne Klatten, Miteigentümerin des Autobauers BMW, hat angekündigt, sich nach dem Aktionärstreffen von dieser Position zurückzuziehen. Klatten werde aber über ihre Investmentgesellschaft Skion weiter SGL Carbon als Anteilseignerin erhalten bleiben, bekräftigte Finanzchef Thomas Dippold. "Frau Klatten hängt an SGL Carbon, trägt unsere Strategie mit und freut sich an der Entwicklung", sagte Dippold. Klatten hält rund 28,5 Prozent an dem Wiesbadener Unternehmen. 

    Susanne Klatten zieht sich bei SGL Carbon vom Aufsichtsratsvorsitz zurück, will aber ihre Anteile behalten.
    Susanne Klatten zieht sich bei SGL Carbon vom Aufsichtsratsvorsitz zurück, will aber ihre Anteile behalten. Foto: Matthias Balk, dpa

    Was das laufende Jahr betrifft, dämpfte das Management die Erwartungen. "Wir sehen 2023 als Stabilisierungsjahr an", sagte SGL-Chef Derr. Der weggefallene BMW i3-Auftrag müsse schließlich durch andere Geschäfte kompensiert werden, zudem dauert es, bis die Investitionen Früchte tragen. 

    Mittelfristig haben Derr und Finanzchef Dippold aber ehrgeizige Ziele gesetzt: Ihr Plan ist es, dass der Umsatz in den kommenden Jahren um im Schnitt acht Prozent wächst und 2027 dann zwischen 1,5 und 1,6 Milliarden Euro erreicht. Der Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen soll jährlich um im Schnitt 14 Prozent steigen, auf 270 bis 300 Millionen Euro im Jahr 2027. 

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