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Immobilien: Neubau wuchs 2022 leicht - Baubranche warnt vor Einbruch

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Neubau wuchs 2022 leicht - Baubranche warnt vor Einbruch

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    Ein Dachdecker arbeitet auf einem Einfamilienhaus. Das eigene Häuschen bleibt für viele Menschen vorerst ein Traum.
    Ein Dachdecker arbeitet auf einem Einfamilienhaus. Das eigene Häuschen bleibt für viele Menschen vorerst ein Traum. Foto: Jan Woitas, dpa

    Beim Wohnungsmangel in Deutschland ist vorerst keine Besserung in Sicht: Das ursprüngliche Ziel der Bundesregierung von jährlich 400.000 neuen Wohnungen bleibt trotz eines leichten Anstiegs klar außer Reichweite. 2022 wurden ungeachtet hoher Baupreise, knapper Materialien und gestiegener Zinsen 295.300 Wohnungen fertiggestellt - 0,6 Prozent mehr als 2021, wie das Statistische Bundesamt am Dienstag in Wiesbaden mitteilte. Ökonomen warnen vor trüben Aussichten am Neubau und sozialen Folgen - denn auch wegen der Zuwanderung von Kriegsflüchtlingen aus der Ukraine bleibt der Wohnungsbedarf groß.

    Dieses Jahr rechnet die Baubranche mit höchstens 250.000 fertiggestellten Wohnungen. Gewerkschaften forderten abermals ein milliardenschweres Sondervermögen für den Wohnungsbau. Bundesbauministerin Klara Geywitz (SPD) kündigte an, den Neubau von Einfamilienhäusern mit einem neuen Förderprogramm anzukurbeln. Den leichten Anstieg bei der Zahl neugebauter Wohnungen im vergangenen Jahr bewertete sie positiv. "Der Bau bleibt auch in der Krise stabil", sagte Geywitz.

    Schreckensszenario ist vorerst ausgeblieben

    Bau- und Wohnungswirtschaft hatten wiederholt vor einem Einbruch des Neubaus gewarnt - dieses Schreckensszenario blieb vorerst aus. Die Zahlen seien trotz des leichten Anstiegs "kein Grund zum Jubeln", sagte Sebastian Dullien, wissenschaftlicher Direktor des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung der Hans-Böckler-Stiftung. Dass das Bauziel verfehlt wurde, sei "umso tragischer, als dass die Zahl der fertig gestellten Wohnungen in den kommenden Jahren abnehmen dürfte – vor allem aufgrund der zuletzt massiv gestiegenen Zinsen".

    Die Ampel-Koalition hatte im Koalitionsvertrag den Bau von jährlich 400.000 neuen Wohnungen angepeilt, davon 100.000 Sozialwohnungen, dieses Ziel aber auch wegen der Folgen des Ukraine-Kriegs kassiert.

    Im vergangenen Jahr stockten wegen Fachkräftemangels und Lieferengpässen bei Baumaterialien viele Bauvorhaben. Zum Jahresende lag die Zahl der genehmigten, aber noch nicht fertiggestellten Wohnungen bei 884.800. Das waren 38.400 mehr als 2021. Davon befand sich gut die Hälfte im Bau. Der Anstieg des Bauüberhangs seit 2008 setzte sich damit fort. Die durchschnittliche Dauer von der Genehmigung bis zur Fertigstellung habe sich seit der Störung globaler Lieferketten durch die Corona-Pandemie um etwa zwei Monate verlängert - von 20 Monaten 2020 auf 22 Monate im vergangenen Jahr, erklärten die Statistiker.

    Dullien: Baugenehmigungen um fast 30 Prozent eingebrochen

    Der große Bauüberhang dürfte nach Ansicht von Dullien aber kaum reichen, um zu einem nachhaltigen Anstieg der Fertigungszahlen in den kommenden Jahren zu führen. So sei die Zahl der Baugenehmigungen im März um fast 30 Prozent eingebrochen. Ebenso sei es möglich, dass Bauvorhaben gestrichen und Aufträge storniert würden oder Genehmigungen verfielen.

    "Zur Wahrheit gehört, dass fast alles fertiggestellt wurde, was noch im Bau war", sagte der Hauptgeschäftsführer des Bauindustrieverbands HDB, Tim-Oliver Müller. "Dieses Polster ist nun aufgebraucht." Bei einem erwarteten Rückgang der Fertigungszahlen auf 250.000 werde die Wohnungsnot in den Ballungsgebieten zementiert. Auch 2024 sei kaum Besserung in Sicht. Der Zentralverband Deutsches Baugewerbe (ZDB) rechnet mit rund 245.000 fertig gestellten Wohnungen dieses Jahr. "Es leben immer mehr Menschen in Deutschland, aber der Wohnungsbau hält nicht Schritt", sagte ZDB-Präsident Reinhard Quast.

    Tatsächlich steht der Neubau von allen Seiten unter Druck. Wegen der gestiegenen Zinsen halten sich viele Bauherren mit Projekten zurück oder stornieren sie - von privaten Hausbauern bis Großinvestoren. Seit Monaten beobachtet das Ifo-Institut eine Stornierungswelle im Wohnungsbau. Im Februar berichteten 14,3 Prozent der befragten Unternehmen davon. Zwischen 2012 bis 2019 lag der Wert kein einziges Mal über 3 Prozent. Zugleich sind Handwerker weiter knapp und die Baupreise rasant gestiegen. Obendrein hat die Bundesregierung die staatliche Neubauförderung gesenkt und die energetischen Auflagen erhöht.

    Teure Kredite

    Gegen eine Erholung am Bau spricht auch, dass die Nachfrage nach Wohnimmobilienkrediten am Boden liegt - viele Menschen wollen oder können sich mit teureren Krediten kein Eigentum leisten. Im ersten Quartal brach das Neugeschäft laut Verband deutscher Pfandbriefbanken um fast die Hälfte ein gemessen am Rekordquartal des Vorjahres.

    Für viele Familien sei der Traum vom Eigenheim wegen der höheren Zinsen geplatzt, sagte Geywitz am Dienstag. Da wolle der Bund helfen. Zum 1. Juni sollten Familien mit einem Einkommen von bis zu 60.000 Euro zinsvergünstigte Kredite von der staatlichen Förderbank KfW bekommen können, sagte die SPD-Politikerin. Die konkreten Konditionen sollen in der kommenden Woche bekanntgegeben werden.

    Mehr Sozialwohnungen gefordert

    "Das Verfehlen der Wohnungsbauziele ist umso dramatischer, als dass sich durch die Aufnahme ukrainischer Kriegsgeflüchteter der Wohnungsbedarf in Deutschland noch einmal erhöht hat", meint Ökonom Dullien. So hatte der Zentrale Immobilien-Ausschuss geschätzt, dass 2025 rund 700.000 Wohnungen in Deutschland fehlen werden. Die Bundesregierung müsse den öffentlichen Wohnungsbau massiv fördern.

    Nach mehr Geld ruft auch die IG BAU. Der Staat solle 72 Milliarden Euro bis 2025 in die Hand nehmen, sagte Gewerkschaftschef Robert Feiger. 50 Milliarden davon sollten als Sondervermögen in den Bau von Sozialwohnungen fließen. "Nur dann kann es noch klappen, 100.000 Sozialwohnungen pro Jahr zu bauen." Zudem müsse es 22 Milliarden Euro für den bezahlbaren Wohnungsbau gaben. "Den Absturz beim Wohnungsbau – dieses Risiko darf Bundesfinanzminister Lindner nicht eingehen."

    (Von Alexander Sturm und Friederike Marx, dpa)

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