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Hubertus Heil lockert Einreiseregeln für indische Fachkräfte

Berlin/Neu-Delhi

Ausländische Fachkräfte: Indien steht auf Wunschliste der Regierung weit oben

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    Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) versucht, beim Cricket-Spiel mit Vertretern der indischen Botschaft im Olympiapark in Berlin einen Ball zu schlagen.
    Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) versucht, beim Cricket-Spiel mit Vertretern der indischen Botschaft im Olympiapark in Berlin einen Ball zu schlagen. Foto: Bernd von Jutrczenka, dpa

    Das neue Kapitel der deutsch-indischen Zusammenarbeit beginnt mit einem Cricketspiel. Bundesarbeitsminister Hubertus Heil schlüpft mit seinem weißen Hemd in ein enges Sportshirt, umringt von strahlenden Gesichtern. „Das ist wirklich mein erster Versuch, die Regeln zu verstehen“, warnt er den indischen Botschafter neben ihm lächelnd. Das sportliche Event auf dem Rasen des Berliner Olympiaparks hat einen handfesten Hintergrund: Der SPD-Politiker wünscht sich mehr indische Fachkräfte in Deutschland. Dafür hat das Kabinett in dieser Woche eine speziell zugeschnittene Fachkräftestrategie beschlossen. Kommende Woche reist Heil mit Kanzler Olaf Scholz und weiteren Kabinettsmitgliedern nach Neu-Delhi zu den deutsch-indischen Regierungskonsultationen, um auch dort für Fachkräfte zu werben.

    Deutschland hat in zwölf Jahren sieben Millionen Abreitskräfte weniger

    Jeden Monat drängen in Indien 1,5 Millionen Menschen auf den Arbeitsmarkt. Deutschland hätte gerne ein großes Stück vom Kuchen ab und müht sich seit Jahren redlich – mit Erfolg. Die Zahl der indischen Einwanderer in Deutschland hat sich in den vergangenen vier Jahren verdoppelt, sagt Heil. Einer von ihnen ist Narasimha Katamputi. Der 33-Jährige ist als ausgebildeter Grafikdesigner bei einer Berliner Firma angestellt. Er würde gerne für immer bleiben, doch das hängt noch von der Meinung seiner Frau und der seiner Eltern ab, gesteht er lachend. Ob er auch die USA oder England in Erwägung zog? „No, too much crime“, antwortet er. Es gebe dort zu viel Kriminalität.

    Ich wollte etwas über Cricket lernen. Denn das gehört dazu, wenn Menschen hierherkommen und ihre Kultur mitbringen.

    Hubertus Heil, Bundesarbeitsminister (SPD)

    Auf dem Spielfeld fliegt der rote Ball derweil in die Richtung von Heils Knien. Der Minister schlägt daneben, doch beim dritten Versuch trifft er. Jubel unter den indischen Spielern. Ein Begleiter des indischen Botschafters ruft belustigt: „Komm, den schlägst du jetzt bis in den Wald!“ Würde Heil dem folgen und den Ball aus dem Feld schlagen, bekäme er dafür Punkte, erklärt ein Zuschauer. Er ist in eine dicke Winterjacke gehüllt – Deutschland ist ihm einfach zu kalt.

    Bundesregierung will mehr indische Arbeiter für Deutschland

    „Wir müssen schneller und besser werden“, sagt Heil auf dem Rasen. Deutschland steuere auf ein massives Fachkräfteproblem zu. Die Renteneintrittswelle durch Baby-Boomer-Jahrgänge verstärke sich ab 2025, erklärt der Minister. Sollte sich die Prognose des Instituts für Deutsche Wirtschaft (IW) in Köln bewahrheiten, hat der deutsche Arbeitsmarkt In zwölf Jahren sieben Millionen weniger Menschen zur Verfügung.

    Der Beschluss des Bundeskabinetts beinhaltet mehr als 30 Maßnahmen, die Indern die Arbeitsaufnahme in Deutschland erleichtern sollen: Digitale Visa-Anträge ab 2025, kürzere Wartezeiten, mehr Sprachkurse und Jobmessen für Indien. Ein dickes Brett dürfte die vereinfachte Anerkennung von Ausbildungszertifikaten und Hochschulabschlüssen werden.

    Ein Vertreter der indischen Botschaft erklärt Hubertus Heil, wie er den Ball in Richtung des gegnerischen Schlägers werfen muss.
    Ein Vertreter der indischen Botschaft erklärt Hubertus Heil, wie er den Ball in Richtung des gegnerischen Schlägers werfen muss. Foto: Bernd von Jutrczenka, dpa

    Die Idee, Fachkräfte aus Indien zu gewinnen, ist nicht neu. Bereits in den frühen 2000er versuchte der damalige Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD), indische IT-Spezialisten anzuwerben, was zur damaligen Zeit auch skeptisch gesehen wurde. Bekanntester Kritiker war der damalige Zukunftsminister Jürgen Rüttgers (CDU), der mit seiner umstrittenen Aussage „Mehr Kinder statt Inder“ für Aufmerksamkeit sorgte.

    Heutzutage bewerten deutsche Ämter die Rolle indischer Fachkräfte positiv. So lobt das staatliche Institut für Arbeitsmarkt und Berufsforschung (IAB): Indische Fachkräfte sind vergleichsweise gut ausgebildet, finden sich schnell in den Arbeitsmarkt ein, sind selten arbeitslos und erzielen hohe Gehälter. Dafür würden ihre Deutschkenntnisse als unterdurchschnittlich eingestuft und der Frauenanteil sei niedrig.

    Erst mit 40.770 Euro Jahresgehalt gibt es die Eintrittskarte für Deutschland

    Heil betont explizit, dass indische Fachkräfte auch als helfende Hände willkommen seien. Mit den Gastarbeitern sei man damals nicht gut umgegangen, findet der Sozialdemokrat. So gesehen versteht sich, wieso sich der Bundesarbeitsminister an einem kalten Tag mit einem Holzschläger abmüht. „Ich wollte etwas über Cricket lernen. Denn das gehört dazu, wenn Menschen hierherkommen und ihre Kultur mitbringen.“

    Der Begriff des Willkommenseins wird offenbar weit gefasst. So sind die Eintrittshürden je nach Beruf immer noch hoch. Fachkräfte mit Berufserfahrung beispielsweise müssen vor der Visa-Antragstellung bereits ein Arbeitsangebot zu einem Jahresverdienst von mindestens 40.770 Euro vorweisen. Wer kommt, um zu studieren und daraufhin zu arbeiten, muss vor Betreten des Hörsaals 11.000 Euro herbeischaffen und zunächst auf ein Sperrkonto überweisen. Ein Freund des Grafikdesigners erzählt: Seine Eltern seien Bauern und hätten für seine Reise einen Kredit von insgesamt 25.000 Euro aufnehmen müssen.

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