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Lesetipp: Wie halten es die Unternehmen in der Region mit Homeoffice?

Lesetipp

Wie halten es die Unternehmen in der Region mit Homeoffice?

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    Bleibt das Homeoffice oder setzen Unternehmen wieder mehr auf Präsenz?
    Bleibt das Homeoffice oder setzen Unternehmen wieder mehr auf Präsenz? Foto: Jens Kalaene, dpa (Symbolbild)

    Das Homeoffice ist spätestens seit Anbruch der Corona-Pandemie im Frühjahr 2020 fester Bestandteil moderner Unternehmensstrukturen. Doch prominente Unternehmer stellen sich inzwischen gegen das Homeoffice: Tesla-Chef Elon Musk bezeichnet es generell als "moralisch falsch", das Videokonferenz-Unternehmen Zoom holt die Belegschaft zumindest an manchen Tagen zurück ins Büro und Wolfgang Grupp, Chef des Textilunternehmens Trigema, sagt im Interview mit dem Tagesspiegel: "Wenn einer im Homeoffice arbeiten kann, ist er unwichtig." Bestellen nun auch Unternehmen in der Region ihre Mitarbeitenden wieder ins Büro ein?

    Das Vollzeit-Homeoffice, während der Corona-Lockdowns noch ein Mittel zur Pandemie-Bekämpfung, sei mittlerweile unüblich, sagt Erdem Altinisik, Bezirksgeschäftsführer für den Augsburger Raum bei der Gewerkschaft Verdi. Gründe dafür liegen unter anderem in der Sorge der Unternehmen um die Produktivität ihrer Belegschaft, was durch einige internationale Studien zum Vollzeit-Homeoffice untermauert wird.

    Airbus Helicopters und Kuka erlauben Homeoffice in unterschiedlicher Ausgestaltung

    Sehr wohl weitergeführt wird das Homeoffice laut Altinisik aber in hybriden Modellen, in denen Mitarbeiter einen Teil der Arbeitszeit zu Hause und den anderen Teil im Büro verbringen: "Das geht auch nicht zurück. Wo es die Stelle zulässt, ist das in den meisten Unternehmen mittlerweile der Regelfall." Das sei auch an den zahlreichen Betriebsvereinbarungen zu sehen, die seit Ende der Homeoffice-Pflicht aufgesetzt wurden. Dadurch würden sowohl Unternehmen als auch Mitarbeiter profitieren, im Schnitt seien Arbeitnehmer in hybriden Modellen produktiver und zufriedener. Das würden auch die meisten Arbeitgeber erkennen, sagt Altinisik: "Was wir da beispielsweise von Trigema hören, ist nicht übertragbar auf die allgemeine Arbeitswelt. Ich sehe da ein klar gegenläufiges Bild."

    Airbus Helicopters in Donauwörth etwa setzt ein hybrides Modell um, zumindest in Bereichen, in denen das möglich ist. Wie ein Sprecher sagt, vereinbaren die Mitarbeitenden individuell mit ihren Führungskräften, ob und wann sie zu Hause arbeiten: "Eine regelmäßige Anwesenheit ist hierbei auch im Interesse der Mitarbeitenden", heißt es vom Airbus-Sprecher. Persönlicher Kontakt zu Kollegen und Vorgesetzten sei wichtig für effizientes Arbeiten im Team.

    Roboterhersteller Kuka mit Sitz in Augsburg ermöglicht zweimal pro Woche mobiles Arbeiten, "gegebenenfalls ist auch mehr möglich", sagt Personalleiter Bastian Hager. Besonders ist hier: Bei Kuka wurden feste Arbeitsplätze abgeschafft, zugunsten von flexiblen Arbeitsbereichen und Desk-Sharing. Die moderne Arbeitsumgebung werde von den Mitarbeitenden geschätzt, sagt Hager: "Insgesamt haben wir sehr gute Erfahrungen mit unserem neuen, flexiblen Office-Konzept gemacht."

    MAN Energy Solutions und Audi schaffen feste Arbeitsplätze ab

    Auch der Augsburger Maschinenhersteller MAN Energy Solutions ermöglicht pro Monat bis zu zwölf Tage im Homeoffice. Mitarbeitende müssen sich bei Inanspruchnahme ebenfalls für Desk-Sharing bereit erklären, haben also keinen Anspruch auf feste Arbeitsplätze. Dafür stellt MAN Energy Solutions technische Ausrüstung für das Homeoffice zur Verfügung. Getroffen wurde die Vereinbarung bereits Ende 2021, vor Ende der gesetzlichen Homeoffice-Pflicht.

    Bei Auto-Gigant Audi in Ingolstadtkönnen Mitarbeitende gemeinsam mit ihren Führungskräften individuell festlegen, an welchen Tagen sie ins Büro kommen und wann sie mobil arbeiten. Genauere Informationen stellt Audi auf Nachfrage nicht zur Verfügung. Ein größerer Stellenwert wird ebenfalls geteilten Arbeitsplätzen eingeräumt: Am Desk-Sharing können Angestellte freiwillig teilnehmen, sie erhalten dafür Gutscheine, mit denen sie ergonomische Ausstattung für das Heimbüro besorgen können.

    LEW und der Bezirk Schwaben setzen auf besondere Homeoffice-Regelungen

    Der Energieversorger LEW setzt ebenfalls auf ein hybrides Modell. Personalleiter Sebastian Haggenmüller sagt: "Eine Präsenz nur um der Präsenz willen ist wenig zielführend." Während rund die Hälfte aller Angestellten, die die Möglichkeit für Heimarbeit haben, regelmäßig von zu Hause aus arbeiten, gibt es bei den Lechwerken zusätzlich eine besondere Möglichkeit: Mitarbeitende haben an bis zu 20 Tagen im Jahr die Möglichkeit, auch aus anderen europäischen Ländern zu arbeiten.

    Auch im öffentlichen Dienst haben Arbeitnehmer die Möglichkeit, mobil zu arbeiten. Beim Bezirk Schwaben haben rund 500 der mehr als 800 Beschäftigten eine Dienstvereinbarung zum Homeoffice abgeschlossen:"Hierbei werden in Absprache mit der Sachgebiets- und Abteilungsleitung zum Beispiel 50, 100 Tage oder auch mehr Tage als Jahreskontingent festgelegt", heißt es von der Behörde. Wer, wann zu Hause arbeite, werde dann intern in den Bereichen abgesprochen. Die restlichen knapp 300 Angestellten sind in Bereichen tätig, in denen kein Homeoffice möglich ist, bei denen die rund halbjährige Einarbeitung mit Präsenzpflicht noch läuft oder Nachwuchskräfte, die während der Ausbildung nicht die Möglichkeit der Heimarbeit haben.

    Der Marktoberdorfer Landmaschinenproduzent AGCO Fendt dagegen bietet seit 2019 die Möglichkeit des mobilen Arbeitens. Damals belief sich die Vereinbarung auf 20 Prozent der Wochenarbeitszeit, mittlerweile dürfen Mitarbeitende mit einem Büroarbeitsplatz bis zu 40 Prozent ihrer Zeit mobil arbeiten. Das entspricht bei einer Vollzeitwoche zwei Arbeitstagen.

    Homeoffice wird überwiegend positiv bewertet, hat aber auch Nachteile

    Bei großen regionalen Arbeitgebern hat sich mobiles Arbeiten also nachhaltig durchgesetzt. Die nach der Pandemie aufgrund von Homeoffice erwarteten Verkleinerungen von Büroflächen bleiben dagegen weitestgehend aus: Nach Angaben des Ifo-Instituts beschäftigt sich branchenübergreifend nur jedes elfte Unternehmen mit Verkleinerungen. Häufig kommt es eher zu Umwidmungen – außer etwa bei Speditionen, wie der Augsburger Verdi-Bezirksgeschäftsführer Erdem Altinisik sagt: "Da werden im Verwaltungsbereich viele Büroflächen untervermietet, die nicht mehr benutzt werden."

    Auch von der Stadtsparkasse Augsburg heißt es auf Nachfrage, sollten nennenswerte Flächen durch Homeoffice frei werden, könne man sich die Vermietung einzelner Flächen gut vorstellen und habe das auch schon getan: "Weitere Flächen werden wir anders nutzen, um den Anforderungen moderner Arbeitswelten gerecht zu werden." Bei der Stadtsparkasse können Mitarbeitende bis zu 60 Prozent ihrer Arbeitszeit im Homeoffice verbringen.

    Trotz der zahlreichen Möglichkeiten des mobilen Arbeitens ist laut Erdem Altinisik zumindest in mancher Hinsicht Vorsicht geboten: Homeoffice könne zur Entgrenzung zwischen Beruflichem und Privatem führen, die Wohnsituation müsse zudem beachtet werden. Auch Vereinsamung und Karrierenachteile könne man beobachten. Und die gestiegene Produktivität habe ebenfalls Schattenseiten, sagt Altinisik: "Viele Beschäftigte neigen im Homeoffice dazu, mehr zu arbeiten."

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