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Hintergrund: Banken nach BGH-Urteil unter Druck: Wie es der Branche geht

Hintergrund

Banken nach BGH-Urteil unter Druck: Wie es der Branche geht

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    Banken stellen derzeit hohe Summen zurück.
    Banken stellen derzeit hohe Summen zurück. Foto: Karl-Josef Hildenbrand, dpa

    Das Urteil gegen die Postbank hatte unlängst in der Bankenbranche große Aufregung hervorgerufen: Der Bundesgerichtshof (BGH) hatte entschieden, dass Gebührenerhöhungen der vergangenen Jahre teilweise unwirksam sind. Die Institute dürften nämlich das Stillschweigen der Kunden zu einer Erhöhung der Kontoführungsgebühren nicht als Zustimmung werten, sondern müssten diese aktiv einholen. Jetzt ist denkbar, dass Kunden einen Teil der Gebühren zurückfordern könnten. Die Deutsche Bank rechnet mit einer Belastung von 300 Millionen Euro, die Commerzbank bildet dafür Rückstellungen im zweistelligen Millionenbereich.

    Das Urteil könne für die Banken „richtig teuer werden“, sagte danach Raimund Röseler von der Finanzaufsicht Bafin und warnte, es könne die Banken im schlimmsten Fall die Hälfte des Jahresgewinns kosten. Auch andere Entscheidungen setzen den Banken zu. Erst kürzlich hatte die Bafin festgelegt, dass bei lange Zeit üblichen Prämiensparverträgen die Kunden das Recht auf eine nachträgliche Zinsberechnung haben könnten.

    Am Montag dieser Woche hat zudem der Bundesgerichtshof die Rechte von Kreditnehmern gestärkt. Das Gericht entschied, dass Banken über sogenannte Vorfälligkeitsentschädigungen teilweise nicht transparent genug aufgeklärt haben. Mit solchen Entschädigungen sichern sich Institute für den Fall ab, dass ein Kunde den Kredit frühzeitig kündigt und ihnen Zinseinnahmen entgehen. In dem konkreten Fall sollte der Kreditnehmer für die Ablösung von zwei Darlehen mehr als 21.500 Euro an die Commerzbank zahlen. Das Urteil könnte dazu führen, „dass die Darlehensnehmer keine Vorfälligkeitsentschädigung bezahlen müssen oder diese sogar zurückfordern können“, ordnet Verbraucherschützer Niels Nauhauser das Urteil ein.

    Bankenexperte Professor Wolfgang Gerke: Kleine Beträge, die sich aufsummieren

    Was die Verbraucherrechte stärkt, sind aus Sicht der Banken viele kleine Nadelstiche. Die Frage ist, wie sie damit zurechtkommen? Vor allem das BGH-Urteil zu den Kontoführungsgebühren komme für die Banken in Deutschland ungelegen, sagt Professor Wolfgang Gerke, Präsident des Bayerischen Finanz Zentrums. „Es geht pro Kunde um verhältnismäßig kleine Beträge, für die Banken summiert sich dies aber zu einem großen Betrag auf.“ Diese müssen Geld zurücklegen, dabei sind sie derzeit mit anderem beschäftigt. „Die Banken bemühen sich gerade, sich neu aufzustellen, sie müssen digitalisieren und erfolgreicher werden“, sagt Gerke. Das Gebühren-Urteil ist nicht nur ein Rückschlag für große Häuser wie die Deutsche Bank oder die Commerzbank, sondern auch für Regionalbanken.

    Das Ausmaß der Belastung durch das Gebühren-Urteil für die Institute ist bisher nicht ganz abzusehen. „Es hängt davon ab, wie viele Kunden auf die Rückzahlung pochen“, erklärt Gerke. „Vielleicht sagt der ein oder andere Kunde auch: ich tue nichts.“ Bisher müssen die Kunden meist wohl selbst aktiv werden.

    BGH-Urteil: Beträge, die den Banken weh tun, aber keine Gefährdung der Existenz

    Vom BGH-Urteil zu den Kontogebühren könnten in Deutschland relativ viele Institute betroffen sein, davon geht Martin Faust aus, Professor für Bankbetriebslehre an der Frankfurt School of Finance & Management. „Viele Institute müssen sich darauf einstellen, dass die Kunden Rückforderungen stellen“, sagt er. „Es sind Beträge, die den Banken weh tun“, meint er. „Das ein oder andere Institut könnte in der Folge dieses Jahr vielleicht keinen Gewinn ausweisen.“ Der Fachmann hält die Belastung aber für verkraftbar: „Bei den Folgen des BGH-Urteils dürfte es sich um einen Einmaleffekt handeln. In ihrer Existenz sind die Banken nicht gefährdet.“ Wolfgang Gerke sieht es ebenso. Zudem, ist Faust überzeugt, werden die Banken nach dem BGH-Urteil andere Lösungen suchen, um Gebührenerhöhungen durchzusetzen.

    Bankenexperte Wolfgang Gerke: BGH-Urteil belastet Banken, ist aber eher ein Einmaleffekt.
    Bankenexperte Wolfgang Gerke: BGH-Urteil belastet Banken, ist aber eher ein Einmaleffekt. Foto: Andreas Gebert, dpa

    Die Commerzbank beispielsweise kündigte an, ihre angekündigte Preiseinführung umzusetzen. „Die Bank arbeitet dafür an einem Prozess, der den Vorgaben des BGH-Urteils entspricht“, teilte sie mit. „Dazu holen wir unter anderem aktuell das Einverständnis unserer Kunden zu den entsprechenden Änderungen ein.“ Auch Negativzinsen bleiben ein Thema: Die niederländische Bank ING hat angekündigt, künftig von Neukunden als auch von Bestandskunden für Guthaben über 50.000 Euro ein Verwahrentgelt von 0,5 Prozent zu verlangen.

    Faust empfiehlt den Banken aber, das BGH-Urteil zu den Kontoführungsgebühren „vernünftig abzuwickeln, um kein Imageproblem zu bekommen“. Wer Kundenanfragen auf eine Rückerstattung der Kontogebühren nur abblocke und den Kunden neue Steine in den Weg lege, fördere nicht das Image der Bank. Verbraucherrechte sind in den letzten Jahren in vielen Bereichen gestärkt worden, auch im Bereich von Versicherungen oder Telefonanbietern. „Insofern war das Urteil konsequent“, sagt Faust. Möglicherweise bleibt die Entscheidung des BGH auch nicht nur auf Verträge mit Geldinstituten beschränkt. Es bleibt abzuwarten, welche Kreise die Entscheidung ziehen wird, sagen Juristen.

    Bankbetriebswirt Professor Martin Faust: Intensiver Wettbewerb

    Für die Banken in Deutschland ist die Lage aber besonders herausfordernd. Zum einen müssen die Banken dringend ihre Erträge verbessern, sagen Experten. Gut verzinste Darlehen, die sie vor zehn, 15 Jahren vergeben haben, laufen nämlich aus, erklärt Faust. Die Eigenkapitalrendite deutscher Banken sei im internationalen Vergleich meist nicht gut, sagt auch Gerke. „Wenn die deutschen Banken nicht schnell reagieren und erfolgreiche Geschäftsmodelle entwickeln, steht es um die Branche schlecht“, warnt er.

    Zweites Problem sind die Kosten. In der Branche laufen derzeit Tarifverhandlungen. Vor allem aber ist die Digitalisierung teuer: „Viele Banken bauen derzeit ihre Online-Filialen aus, dies sind hohe Investitionen“, erklärt Faust. Gerade die Regionalbanken stehen hier vor einem Spagat: Sie brauchen digitale Angebote, müssen aber auch ihre Kundennähe bewahren, um nicht austauschbar zu werden.

    Denn drittens schlage den deutschen Banken starke Konkurrenz entgegen: „Deutschland ist ein attraktiver Markt, dementsprechend groß ist der Wettbewerb“, sagt Faust. Privatbanken, Genossenschaftsbanken und Sparkassen sehen sich vermehrt ausländischen Wettbewerbern gegenüber, zum Beispiel aus Frankreich oder den Niederlanden. Dazu drängen Finanz-Start-Ups auf den Markt, die Fintechs.

    Dafür seien manche Belastungen ausgeblieben, zum Beispiel gebe es nur wenige Kreditausfälle durch die Corona-Pandemie, erklärt Faust. Die befürchtete Insolvenzwelle ist bisher nicht eingetreten.

    Deutschland ist ein attraktiver Markt für Banken, so Martin Faust.
    Deutschland ist ein attraktiver Markt für Banken, so Martin Faust. Foto: Arne Dedert, dpa

    Auch sei die Belastung der Banken durch die Strafzinsen der Europäischen Zentralbank „nicht so stark“, findet Faust. Zwar zahlen Banken auf ihre Einlagen bei der EZB einen Zins von minus 0,5 Prozent. „Es gibt aber inzwischen Freibeträge“, erklärt Faust. Die niederländische Bank ING hat trotzdem angekündigt, künftig von Neukunden als auch von Bestandskunden für Guthaben über 50.000 Euro ein Verwahrentgelt von 0,5 Prozent zu verlangen.

    Insgesamt ist der Druck auf die Banken derzeit aber hoch. Das BGH-Urteil zu den Kontoführungsgebühren ist nur eine Baustelle von vielen. „Die deutschen Banken stehen nicht traumhaft da, das ist auch an den Aktienkursen abzulesen“, sagt Faust. Um diese ist es im Vergleich zu Tech-Konzernen oder der Industrie aktuell nicht zum Besten bestellt. (mit dpa)

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