Entspannt und zuversichtlich gehe er in die Sommerpause. Der Mann, der das sagt, ist ausgerechnet Wirtschaftsminister Robert Habeck, er hat gerade einen monatelangen Kampf um das Heizungsgesetz hinter sich. Vor dem Urlaub fährt er gerade eine Woche durch Deutschland, um Unternehmen zu besuchen und mit den Wählerinnen und Wählern zu sprechen. Sommerreise nennt sich der gleitende Übergang in die Ferien, andere Minister machen es auch.
Das Heizungsgesetz ist fertig, aber irgendwie auch nicht. Die Verfassungsrichter haben der Ampel-Koalition auferlegt, dass das hoch umstrittene Projekt im Bundestag zunächst noch einmal ordentlich beraten werden muss. Jetzt soll es Anfang September durch das Parlament gebracht werden. Die Fraktionschefs der drei Regierungsparteien haben gemeinsam erklärt, dass sie am Text nichts mehr ändern wollen. „Das ist ein sehr, sehr gutes Zeichen“, sagt Habeck im Bosch-Forschungscampus in Renningen bei Stuttgart. Für ihn ist es nur noch eine Formsache, dass er einen Haken hinter das Projekt machen kann. Es hat ihn Kraft und Nerven gekostet, er hat seinen Staatssekretär (Trauzeugenaffäre) darüber verloren und in der Gunst der Wähler spürbar eingebüßt.
Attacken auf das Heizungsgesetz auch aus der SPD
Bis Anfang September sind es zwei Monate. Es ist keine lange Zeit, doch im schnell drehenden Hauptstadtbetrieb kann sie sich ewig anfühlen. Dass auf das grüne Kernprojekt weitere Angriffe niedergehen werden, ist sicher. Der wahlkämpfende bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hat darin sein Lieblingsthema gefunden. Für den Wirtschaftsminister sind Attacken aus der CSU und der großen Schwesterpartei CDU der Normalfall und nicht weiter gefährlich. Anders geht es den bayerischen Grünen, die zuletzt in den Umfragen merklich gefallen sind, was ihre Chancen bei der Landtagswahl im Herbst verschlechtert. Gefährlicher für Habeck selbst ist die Mäkelei der SPD-Ministerpräsidenten. Sie begründen die Stärke der AfD mit dem Heizungsgesetz. Die AfD nutze „Frustration und Verunsicherung als großes Mobilisierungsthema“, kritisiert die Regierungschefin von Mecklenburg-Vorpommern, Manuela Schwesig. Damit es in der SPD bei der Mäkelei bleibt und das Gesetz nicht noch einmal aufgemacht wird, ist Habeck auf den Bundeskanzler angewiesen. Scholz muss in der SPD für Ruhe sorgen.
Bleibt die FDP. Die Liberalen haben sich beinahe so hart an dem Vorhaben abgearbeitet wie die Opposition. Der Abgeordnete Frank Schäffler ist die Stimme der Rebellen bei den Freien Demokraten. „Die Grünen um Robert Habeck müssen sich fragen, ob sie nicht ursächlich verantwortlich für das Erstarken der politischen Ränder sind“, meint Schäffler. Es ist nicht sein erster Aufstand. Während der Griechenlandkrise sorgte er als Euro-Rebell für Schlagzeilen, die die damalige Kanzlerin Angela Merkel regelmäßig nervten. Sollte sich Schäffler in den nächsten Wochen wieder brav einreihen, wäre das eine Überraschung. Denn die FDP hat es zu ihrer Strategie gemacht, auf Kosten der Grünen Boden machen zu wollen. Neben dem Heizungsgesetz toben sie sich auch beim zweiten Herzensprojekt der Grünen aus, der Kindergrundsicherung.
FDP verliert in den Umfragen Punkte
In den Umfragen hat das Stänkern gegen den Koalitionspartner zwischenzeitlich zwei Prozentpunkte gebracht. Mittlerweile ist die FDP wieder abgefallen und rutscht bedrohlich auf die Fünf-Prozent-Schwelle zu. Die Missstimmung und der stetige Streit in der Koalition hat alle drei Ampel-Parteien Zustimmung bei den Wählern gekostet. Habeck hofft, dass in der Sommerpause SPD, Grüne und FDP über die zurückliegenden Monate nachdenken und erkennen, dass sie einen besseren Stil brauchen. „Gleichmut, Gelassenheit und Zuversicht“ wünscht sich der Anführer der Grünen. Er hat sich vorgenommen, Provokationen ins Leere laufen zu lassen.