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Handicap: Die Kassiererin im Rollstuhl: Wenn Menschen mit Behinderung den Supermarkt betreiben

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Die Kassiererin im Rollstuhl: Wenn Menschen mit Behinderung den Supermarkt betreiben

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    Der CAP-Markt in Nördlingen feierte unlängst das 15-jährige Bestehen.
    Der CAP-Markt in Nördlingen feierte unlängst das 15-jährige Bestehen. Foto: Thomas Unflath

    Arbeitgeber ab 20 Beschäftigte müssen mindestens fünf Prozent ihrer Stellen mit Schwerbehinderten besetzen, ansonsten sind sie zur Zahlung einer Ausgleichsabgabe verpflichtet. Im CAP-Markt in Nördlingen liegt diese Quote bei fast 50 Prozent. „Wir sprechen von behinderten Menschen, nicht von Behinderten“, betont Marktleiter Jürgen Maier und macht damit deutlich, wie wichtig ihm die Wertschätzung der 13 Arbeitnehmer seines Marktes ist, die eine geistige, psychische oder körperliche Beeinträchtigung haben. Sie werden zum Beispiel beim Einräumen der Regale oder an der Kasse eingesetzt und verdienen Mindestlohn.

    In den CAP-Märkten arbeiten Menschen mit und ohne Handicap.
    In den CAP-Märkten arbeiten Menschen mit und ohne Handicap. Foto: Philipp Wehrmann

    Die Zufriedenheit ist groß, es gibt wenig Fluktuation. Und die Kunden im Osten von Nördlingen freuen sich über die rund 10.000 Artikel, die auf 920 Quadratmetern präsentiert werden – der nächste Supermarkt ist einige Kilometer entfernt.

    CAP-Markt in Nördlingen: Hier arbeiten Menschen mit und ohne Behinderung

    „Gerade ältere Menschen schätzen die Übersichtlichkeit unserer Läden und die Aufgeschlossenheit der behinderten Mitarbeiter, mit denen sie sich gerne unterhalten“, sagt CAP-Vorstand Thomas Heckmann und fügt hinzu: „Wir gründen keine CAP-Märkte auf der grünen Wiese, sondern in guter Lage, damit Kunden in ihrem Viertel keine weiten Wege haben. Die Bevölkerung wird immer älter, deswegen ist das wichtig. In einigen Orten sind wir der einzige Lebensmittelladen.“ Geachtet wird auch auf die Barrierefreiheit der Läden, auf breite Gänge und nicht zu hohe Regale. Zum Angebot gerade für ältere Kunden zählen vielerorts ein Lieferservice und ein begleiteter Einkauf. 

    1999 gründete die Genossenschaft für behinderte Menschen Süd den ersten CAP-Markt – der Name wurde vom englischen Handicap (Benachteiligung) abgeleitet. Heute gibt es bundesweit mehr als 100 Märkte zwischen Villingen-Schwenningen und Rostock mit 1700 Beschäftigten, davon 900 Menschen mit Behinderung. Fast alle CAP-Märkte haben einen eigenen Betreiber. In Nördlingen und in Lauingen ist dies die Roko GmbH – ein Dienstleistungsunternehmen der Lebenshilfe Dillingen und Donau-Ries sowie der Gemeinde Asbach-Bäumenheim. 

    Gute Lage, Lieferservice und Sonderangebote gehören ebenfalls dazu

    Die CAP-Zentrale in Stuttgart arbeitet beim Einkauf für ihre Franchise-Nehmer mit dem Lebensmittelhändler Edeka zusammen, der der Hauptlieferant der Märkte ist. „Die Preise in den Läden bewegen sich auf Edeka-Niveau“, sagt Heckmann und ergänzt: „Viele Kunden kaufen derzeit preisbewusster ein, Markenartikel sind weniger gefragt.“ Aktuelle Sonderangebote gibt es ebenfalls. 

    In den Chor der klagenden Lebensmittelhändler mag Heckmann nicht einstimmen: „Derzeit eröffnen wir wegen der hohen Energiepreise keine neuen Märkte, sondern stabilisieren die bestehenden Standorte. Doch es drohen keine Schließungen. Durch Corona haben wir viele neue Kunden gewonnen, die auf lange Fahrten in große Supermärkte verzichtet und uns als Nahversorger entdeckt haben.“ Schwierig sei es in Großstädten wie Stuttgart, ausgebildetes Fachpersonal zu bekommen, das nach dem Tarif des Einzelhandels bezahlt wird. Derzeit werden 14 Stellen an verschiedenen Standorten auf der CAP-Homepage angeboten, darunter mehrere Marktleiterposten. 

    CAP-Märkte neben Nördlingen auch in Neu-Ulm und Landsberg

    Die Lebenshilfe Donau-Iller mit Sitz in Ulm betreibt über ihr Integrationsunternehmen ADIS (Arbeit und Dienstleistung – Inklusiv und Sozial) CAP-Märkte in der Innenstadt von Neu-Ulm, in Neu-Ulm-Ludwigsfeld und Ulm-Jungingen. Sie haben jeweils knapp 500 Quadratmeter Verkaufsfläche mit mehr als 8000 Artikeln. Dazu gehört auch Gemüse aus der eigenen Lebenshilfe-Gärtnerei, in der behinderte Menschen beschäftigt sind. In Jungingen ist ein kleines Café an den Markt angeschlossen – der Laden wird so zum Treffpunkt für viele Kunden.

    Die katholische Regens-Wagner-Stiftung in Dillingen betreut rund 9300 Menschen mit Behinderung in 14 Zentren an über 50 Standorten in Bayern. Einige von ihnen haben eine Arbeit in den CAP-Märkten der Stiftung in Landsberg, Penzing und Lautrach gefunden. Dort erhalten sie nicht den Mindestlohn, sondern werden nach dem wesentlich niedrigeren Entgeltsystem der Werkstätten für Menschen mit Behinderung bezahlt. In Lautrach wurde der Markt von einem Ehepaar übernommen, das in Rente ging – so können die Bewohner der Lautracher Behinderteneinrichtung der Stiftung weiterhin in der Nähe einkaufen. Letztlich reagiert die Stiftung mit der Schaffung von Arbeitsplätzen in ihren CAP-Märkten auf die allgemeine Situation von behinderten Menschen am Arbeitsmarkt, die die Stiftungs-Sprecherin Bernadette Wecker-Kleiner so beschreibt: „In unserer von Leistung und Gewinnmaximierung geprägten Arbeitswelt finden Menschen mit Behinderung mit ihren körperlichen, geistigen oder psychischen Einschränkungen oftmals keinen für sie passenden Arbeitsplatz.“

    Nach einer Erhebung des Sozialverbandes Deutschland haben 2021 nur fünf Prozent der dazu verpflichteten Arbeitgeber ihre Schwerbehindertenquote erfüllt.

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