Die erfolgreichste Importmarke chinesischer E-Autos bereitet schon die Abwehrmaßnahmen gegen Joe Bidens drakonische Handelspolitik vor. Mit dem angekündigten höheren Strafzoll von 100 Prozent würde das beliebte Polestar-Modell 2 statt bislang rund 50.000 Dollar bald 75.000 Dollar plus Steuern kosten. Denn die Tochter des schwedischen Autoherstellers Volvo gehört zu fast 90 Prozent dessen chinesischem Mutterkonzern Geely und stellt bislang in der Volksrepublik ihre Fahrzeuge her.
Vor wenigen Tagen hat Polestar-Chef Thomas Ingenlath ausgerechnet am Rande der Pekinger Automesse angekündigt, zügig eine Fertigung in den USA aufzubauen, um den Strafzöllen zu entgehen. „Wir beschleunigen unsere Pläne, uns international aufzustellen“, sagte der gebürtige Krefelder, der lange Autodesigner bei Audi, VW und Skoda war, bevor er das Volvo-Design mitprägte.
Bidens Sanktionen gegen China sind schärfer als unter Trump
US-Präsident Joe Biden verkündete am Dienstag eine ganze Reihe von Sonderzöllen, die weit über die Maßnahmen seines Vorgängers Donald Trump hinausgehen. Unter anderem verhängte die US-Regierung neue oder stark erhöhte Zölle für Solarzellen, Halbleiter, Hafenkräne und Medizinartikel wie Kanülen und Schutzmasken. China flute die globalen Märkte mit künstlich verbilligten Exporten, hieß es zur Begründung.
Insgesamt sind Einfuhren aus China im Volumen von 18 Milliarden Dollar von den neuen Maßnahmen betroffen. Für Solarzellen und Halbleiter wurde der Strafzoll von 25 auf 50 Prozent angehoben, für chinesische Elektroautos von 25 auf 100 Prozent. Chinesische Hersteller bekämen unfaire Subventionen und könnten dadurch mit billigen Fahrzeugen den Wettbewerb verzerren, sagte Bidens Wirtschaftsberaterin Lael Brainard. Die chinesischen Elektroauto-Exporte seien 2023 um 70 Prozent gestiegen, das gefährde die Investitionen in anderen Ländern.
Muss Tesla jetzt mehr Batterien in den USA bauen?
Tesla-Chef Elon Musk warnte, obwohl er in China eine seiner größten „Gigafactorys“ betreibt, schon vor Monaten vor einer Übermacht chinesischer Hersteller: „Wenn es keine Handelsschranken gibt, werden sie die meisten anderen Autofirmen in der Welt so ziemlich zerstören.“ Tesla muss nun allerdings seine eigene Batterieproduktion in den USA wohl deutlich ausbauen: Auch bei Lithium-Ionen-Akkus für Elektroautos sollen die Zölle in diesem Jahr von 7,5 auf 25 Prozent steigen, für Akkus im Elektronikbereich wird die Erhöhung bis 2026 aufgeschoben.
Auch in der EU wird seit Langem über die Einführung von Strafzöllen für chinesische Elektroautos gestritten. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen drohte China erst vergangene Woche wieder wegen Handelsverzerrungen mit Abwehrmaßnahmen. Sie kritisierte, dass subventionierte chinesische Produkte wie E-Autos oder Stahl den europäischen Markt fluteten, weil in China die Nachfrage lahme und die subventionierte Überproduktion ins Ausland gehe.
Bundesverkehrsminister Wissing warnt vor Handelskrieg
Insbesondere Frankreich dringt auf Strafzölle für E-Autos, die deutsche Autoindustrie, die in China noch immer gute Geschäfte macht, lehnt einen Handelskrieg ab. Und zudem hoffen viele in Deutschland aus Klimaschutzgründen auf günstige E-Autos.
Bundesverkehrsminister Volker Wissing lehnt Einfuhrbremsen klar ab: „Einen Handelskrieg durch Strafzölle zu beginnen, ist der falsche Weg“, sagt der FDP-Minister unserer Redaktion. „Unser Markt soll nicht abgeschottet, sondern durch Wettbewerb gestärkt werden“, betonte Wissing. Die Bundesregierung stehe für offene Märkte. „Deutsche Unternehmen scheuen den Wettbewerb nicht“, erklärte er. „Unsere Unternehmen produzieren Spitzenprodukte für die ganze Welt. Das soll auch in Zukunft so bleiben.“