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Handel: Strategie für China: Europa setzt auf Abschreckung

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Strategie für China: Europa setzt auf Abschreckung

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    Die EU will sich für künftige Wirtschaftskriege besser wappnen.
    Die EU will sich für künftige Wirtschaftskriege besser wappnen. Foto: Chinatopix, dpa

    Die EU-Kommission hätte den Zeitpunkt passender kaum wählen können, um ihren Vorschlag zu unterbreiten, wie sie künftig Länder wie China davon abhalten will, wirtschaftlichen Druck auf die Gemeinschaft auszuüben. Denn diese Woche erst eskalierte der Streit zwischen dem EU-Mitglied Litauen und der Volksrepublik. So stoppte Peking die Einfuhr von Produkten aus dem baltischen Land, um dieses für die Eröffnung eines Taiwan-Büros abzustrafen.

    Die Aggression von Seiten der zweitgrößten Volkswirtschaft gegenüber dem kleinen europäischen Gegner bestätigte in Brüssel all jene, die im Umgang mit Drittländern wie dem Reich der Mitte schon lange eine härtere Gangart fordern. Im Fokus stehen Staaten, die gezielt wirtschaftlichen Druck anwenden, um eine Änderung der EU-Politik, etwa in Sachen Klimawandel oder Lebensmittelsicherheit, zu erreichen. In der Vergangenheit fehlten der Staatengemeinschaft oft wirksame Mittel gegen solche Nötigungsversuche. Doch das soll sich nun ändern.

    EU will sich gegen Wirtschaftskriege wappnen

    Am Mittwoch stellte die EU-Kommission ein neues Instrument vor, mit dem Brüssel seine Fähigkeit zum Gegenangriff stärken und sich so für künftige Wirtschaftskriege wappnen will. Handel werde zunehmend als Waffe eingesetzt, die EU zur Zielscheibe wirtschaftlicher Einschüchterung, sagte Kommissionsvizepräsident Valdis Dombrovskis. Mit dem Vorstoß sende die Gemeinschaft „die klare Botschaft“, dass sie „ihre Interessen entschlossen verteidigen wird“. Man werde nicht zögern, zu reagieren, „wenn wir bedroht werden“, so der Handelskommissar.

    Gleichwohl klingt es, als wolle sich Brüssel im strategischen Gebaren der Großmächte USA, Russland und China behaupten, die ihrerseits jeweils nicht vor harten ökonomischen Mitteln zurückschrecken. Der Entwurf zu den handelspolitischen Verteidigungsmaßnahmen der Europäer fußt vor allem auf dem Prinzip Abschreckung. Die Kommission hofft, dass allein die Existenz des neuen Instruments Drittstaaten davon abbringen wird, sich wirtschaftspolitisch einzumischen oder Druck auf EU-Ländern auszuüben. Im Ernstfall will sie jedoch reagieren können.

    Sanktionen mit Sanktionen beantworten

    Um etwa europäische Unternehmen vor willkürlichen Zwangsmaßnahmen zu schützen, sollen Sanktionen mit eigenen Sanktionen beantwortet werden können, etwa mit Strafzöllen, Investitionssperren oder einer Einschränkung des Zugangs zum für viele Drittstaaten wichtigen EU-Binnenmarkt. Auch könnten Firmen aus den betroffenen Ländern von öffentlichen Ausschreibungen und der Beteiligung an EU-Programmen ausgeschlossen werden. Um effektiver vorgehen zu können, soll die Verhängung von Strafmaßnahmen gegen Einzelpersonen, Unternehmen und Staaten nicht mehr an die Einstimmigkeit geknüpft sein.

    Der Europaabgeordnete Bernd Lange (SPD), Vorsitzender des Ausschusses für internationalen Handel, lobte den Vorschlag als „Lizenz zur Gegenwehr“ und sprach von „unangenehmen geopolitischen Realitäten“, denen sich die EU stellen müsse. „Wir sind angreifbar und es gibt Staaten die diese Verwundbarkeit ausnutzen wollen.“ In erster Linie wolle man „ein Instrument zur Abschreckung schaffen, das im Ernstfall aber auch zuschnappen können muss“, forderte Lange. Der Vorschlag sei „eine folgerichtige Ergänzung unserer Handelspolitik und stärkt unsere Abwehrkräfte“, lobte der Europaparlamentarier Daniel Caspary (CDU), Mitglied im Ausschuss für Internationalen Handel. Doch dass dieses Instrument überhaupt nötig sei, bezeichnete er als „einen weiteren Weckruf“, das multilaterale Handelssystem und die Welthandelsorganisation WTO umso mehr zu stärken.

    Markus Ferber rechnet mit Widerstand aus den Mitgliedstaaten

    Der Instrumentenkoffer habe „das Potential, die außenpolitische Handlungsfähigkeit und Wehrhaftigkeit der EU zu erhöhen“, sagt der EU-Parlamentarier Markus Ferber (CSU). Gleichwohl rechnet er mit Widerstand: „Es ist fraglich, ob sich die Mitgliedstaaten die Federführung über Wirtschaftssanktionen aus der Hand nehmen lassen.“

    Während etwa Deutschland und Frankreich die neue Waffe weitestgehend befürworten, lehnen es im Kreis der EU27 einige Regierungen ab, weitere Kompetenzen an die EU-Kommission abzugeben. Zugleich warnen Staaten wie Schweden, Tschechien oder Irland, das Instrument dürfe nicht zu mehr Protektionismus führen. Der Rat sowie das Europaparlament werden sich nun mit dem Vorschlag für die neuen Maßnahmen beschäftigen.

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