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Halbleiter: Mangel an Halbleitern: Ist die Chipkrise vorbei?

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Mangel an Halbleitern: Ist die Chipkrise vorbei?

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    Der Mangel an Halbleitern ist noch nicht behoben.
    Der Mangel an Halbleitern ist noch nicht behoben. Foto: Daniel Karmann/dpa (Symbolbild)

    Seit fast drei Jahren kann man bei Chips und Halbleitern von so etwas wie Mangelwirtschaft sprechen. Die begehrten Mini-Teilekonnten nicht in dem Maße geliefert werden, wie es sie gebraucht hätte. Halbleiter sind für (E-)Autos wichtig. Zudem sind sie in vielen anderen Produkten verbaut – vom Laptop bis zum Kühlschrank. Unlängst meldete nun das Center Automotive Research (CAR), dass der deutsche Automarkt sich im Februar einen weiteren Schritt in die Normalität bewegt habe. Die Angebotsknappheit an Neuwagen sei immer weniger zu spüren. CAR-Direktor Ferdinand Dudenhöffer sagt: "Halbleiter-Hersteller berichten von nicht ausgenutzten Produktions-Kapazitäten, deutlich fallenden Preisen für Chips, die Chipkrise ist endgültig Vergangenheit." Das spiegele sich an der Pkw-Produktion in Deutschland. Ist die Chipkrise also tatsächlich vorbei?

    Bei der VW-Tochter Audi geht man davon aus, dass sich die Versorgungslage mit Halbleitern dieses Jahr weiter entspannen wird, sowohl was die Zahl der kritischen Halbleitertypen betreffe als auch mit Blick auf die verfügbare Menge. Eine

    Was Mercedes-Benz und BMW zum Halbleiter-Magel sagen

    Bei Mercedes-Benz diagnostiziert man, dass sich die weltweite Knappheit von Halbleitern "verbessert" habe, wobei "weiterhin individuelle Herausforderungen bestehen bleiben, welche zu Lieferengpässen führen können", wie eine Sprecherin auf Anfrage mitteilt: "Aufgrund der anhaltenden Unsicherheit hinsichtlich der geopolitischen Entwicklungen und dem weiteren Verlauf der COVID-19-Pandemie bleibt die Gesamtsituation volatil." Auf derartige Schwankungen reagiere Mercedes "aufgrund der hohen Flexibilität unserer Werke bestmöglich", man stehe "in engem Austausch" mit den Lieferanten. Weltweit liefen die Werke "nahezu uneingeschränkt".

    Bei BMW, sagt eine Sprecherin, könne man von einer vollständigen Entspannung "noch nicht sprechen".

    Ifo-Experte: "Langsame Entspannung" der Chipkrise

    Klaus Wohlrabe, stellvertretender Leiter des Ifo-Zentrums für Makroökonomik und Befragungen, rechnet eher mit einer langsamen Entspannung am Markt. Zwar seien die Engpässe in der Industrie allgemein rückläufig, aber gerade in den Kernbranchen – also der Elektro-, Maschinenbau- und Autoindustrie – seien die Zahlen immer noch sehr hoch. In allen drei Branchen geben über 70 Prozent der befragten Unternehmen an, dass dort Vorprodukte knapp seien. Wohlrabe sagt: "Gerade dort werden noch viele Halbleiter und Chips gebraucht. Zwar mag die entsprechende Produktion gestiegen sein, jedoch besteht weiterhin eine sehr hohe Nachfrage, denn die Auftragsbücher in den Kernbranchen sind weiterhin gut gefüllt." Die Unternehmen hätten natürlich Wege gefunden, mit dem Mangel umzugehen, dennoch würden sie lieber heute als morgen die Lieferungen erhöhen. "Viele Unternehmen können die Produktion aufgrund fehlender Vorprodukte nicht so aufstocken, wie sie es gerne wollen würden", analysiert er. Grundsätzlich aber meint der Experte: "Die Richtung – raus aus der Mangel-Situation – stimmt, und wir hoffen, dass diese Entwicklung sich in den nächsten Monaten fortsetzt."

    Der Verband der Elektro- und Digitalindustrie (ZVEI) macht weiter Druck. Robert Kraus, Vorsitzender der globale Halbleitermarkt wird sich bis 2030 auf rund eine Billion US-Dollar verdoppeln. Obwohl der Halbleitermarkt derzeit ein typisch zyklisches Verhalten zeigt, bei dem kurzfristig Überkapazitäten aufgebaut werden, steht die Chip-Rallye der vergangenen Jahre noch nicht vor ihrem Ende". Weiterhin seien die Lieferzeiten von Chips für einzelne Produktgruppen kritisch und die Nachfrage hoch. Daran werde sich aus Sicht des ZVEI langfristig nichts ändern, denn der Bedarf an Chips – besonders in den für die Märkte Auto und Industrie relevanten Strukturgrößen – bleibe "ungebrochen hoch". 2022 wurden den weiteren ZVEI-Angaben zufolge weltweit Chips im Wert von 580 Milliarden US-Dollar produziert. Davon allerdings nur knapp zehn Prozent in Europa

    Wolfgang Weber, Vorsitzender der ZVEI-Geschäftsführung, betonte: "Europa läuft dagegen Gefahr, abgehängt zu werden, wenn unter anderem die Maßnahmen des EU Chips Acts zu spät erfolgen. Europa wird sich als Halbleiter-Region kaum halten – geschweige denn den eigenen Anteil an der globalen Produktion ausweiten können, wenn nicht umgehend die notwendigen Rahmenbedingungen für Investitionen in Europa installiert werden." 

    Globale Halbleiter-Produktion: Wann kommt der EU Chips Act?

    Die Europäische Kommission hatte im Februar 2022 den sogenannten European Chips Act vorgestellt. Ziel: Dem Rückgang des europäischen Anteils an der weltweiten Halbleiterproduktion von rund 22 Prozent im Jahr 1998 auf unter zehn Prozent soll entgegengewirkt werden. Bis 2030 sollen in Europa produzierende Unternehmen einen Anteil von 20 Prozent am Chip-Weltmarkt haben. Der Vorschlag zum Chips Act ist derzeit noch im sogenannten Trilog zwischen EU-Kommission, Rat der Europäischen Union und Europäischem Parlament. 

    Der ZVEI mahnt, die EU müsse den Chips Act "jetzt mit höchster Priorität umsetzen und Investitionen in die Halbleiterindustrie anreizen". Zudem fehle es an Fachkräften, um die Ziele zu erreichen. Eine im Auftrag von BDI und ZVEI erstellte Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) zeigt, dass im Jahresdurchschnitt rund 62.000 qualifizierte Fachkräfte in solchen Berufen fehlen, die unter anderem in der Halbleiterindustrie eingesetzt werden könnten. 

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