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Halbleiter-Hersteller: Chip-Hersteller TSMC will mehr im Ausland investieren – auch in Deutschland?

Halbleiter-Hersteller

Chip-Hersteller TSMC will mehr im Ausland investieren – auch in Deutschland?

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    Taiwan Semiconductor Manufacturing Co., Ltd. (TSMC) mit SItz in Hsinchu ist weltgrößter Chipauftragsfertiger.
    Taiwan Semiconductor Manufacturing Co., Ltd. (TSMC) mit SItz in Hsinchu ist weltgrößter Chipauftragsfertiger. Foto: AP / Chiang Ying-Ying / Chiang Ying-Ying

    Als CC Wei Ende der vorvergangenen Woche vor die Presse trat, wollte er nicht nur Warnsignale verkünden. Die Umsätze des führenden Chipherstellers TSMC, für den er als CEO arbeitet, werden im ersten Teil 2023 wohl um rund fünf Prozent fallen, da die Nachfrage nach Elektroprodukten wieder nachzulassen scheint. Doch der Chefmanager hatte noch eine andere Nachricht: „Auf Grundlage von Anfragen einiger Kunden vergrößern wir unsere Kapazitäten außerhalb Taiwans, damit wir unseren Kunden die optimalen Lösungen bieten können, die sie für ihren Erfolg benötigen.“

    Konkret baut der in Taiwan beheimatete Konzern eine neue Fabrik in Japan, um darin ab 2024 Chips in Größen von 12 und 16 Nanometern herzustellen, die unter anderem in der Autobranche und der Bildverarbeitung eingesetzt werden. Eine weitere Fabrik im ostasiatischen Nachbarland werde erwägt, „sofern die Nachfrage und die Unterstützung der Regierung Sinn ergeben“, so Wei. Da die japanische Regierung offenbar bereit ist, 60 Prozent der Investitionskosten beizusteuern, gilt die Investition als wahrscheinlich. 

    TSMC will ins Ausland investieren: Kommt eine Fabrik in Dresden?

    Ähnlich wird Taiwans weltweit dominante Chipindustrie, angeführt von TSMC, von anderen Seiten umgarnt. Auch im US-amerikanischen Arizona kündigte der Konzern im vergangenen Jahr an, eine zweite Fabrik zu bauen. Die Investitionen von insgesamt rund 40 Milliarden US-Dollar sind das Ergebnis wiederholter Forderungen aus den USA, auch dort herzustellen. Ähnlich sieht es nun mit Europa aus. Nach längeren Bemühungen seitens der EU steht nun offenbar der Bau einer Fabrik im ostdeutschen Dresden bevor.

    Die Ansiedlung von Chipfabriken sorgt – wegen der enormen strategischen Bedeutung – immer wieder für Schlagzeilen. Zum Wochenende wurde etwa bekannt, dass der US-Chiphersteller Wolfspeed Medienberichten zufolge im Saarland ein großes Werk für Halbleiter aus Siliziumkarbid bauen will. An der Fabrik beteilige sich auch der Autozulieferer ZF mit einem Minderheitsanteil, wie das Handelsblatt berichtet. Nach Informationen der Saarbrücker Zeitung und des Saarländischen Rundfunkssollen bis zu 1000 Arbeitsplätze entstehen. Ein Sprecher der saarländischen Landesregierung und ein ZF-Sprecher wollten die Berichte am Wochenende nicht kommentieren.

    Neue Standorte, um die Lieferketten global zu entlasten

    Für die Weltwirtschaft und TSMC sind dies positive Nachrichten. Inmitten der Pandemie und geopolitischer Spannungen ist es im höchst globalisierten Herstellungsprozess von Halbleitern sowie deren Weiterverarbeitung in Elektroprodukten über die vergangenen Jahre zu Lieferengpässen und Verzögerungen gekommen. TSMC, Kurzform für Taiwan Semiconductor Manufacturing Company, hat etwa bei den am weitesten fortgeschrittenen Chips einen Marktanteil von rund 90 Prozent. Die geografische Diversifizierung des Geschäfts ist also eine Entlastung globaler Lieferketten.

    Aber was für den Weltmarktführer finanziell Sinn ergibt, ist für dessen Heimatland nicht unbedingt vorteilhaft. Die 24-Millionen-Insel Taiwan, die südlich vom chinesischen Festland liegt, sieht sich seit Jahren aus Peking bedroht. Im Zuge des chinesischen Bürgerkriegs, als die Nationalisten vom Festland flohen, ließen sich diese auf Taiwan nieder und gründeten dort ihren Staat. Das in

    Auch chinesische Unternehmen sind Kunden von TSMC

    Dabei gilt TSMC als so etwas wie die Lebensversicherung Taiwans. Die Chips, die dieser Konzern mit teils großen Technologievorteilen herstellt, sind unabdingbar für Elektroautos, Smartphones, Computer und praktisch alle Produkte mit anspruchsvoller Elektronik. Auch chinesische Unternehmen zählen zu den Kunden von TSMC, sodass Analysten nicht nur eine „systemrelevante Position“ erkennen, sondern auch ein Schutzschild für den ostasiatischen Inselstaat. Im Falle eines Angriffs Festlandchinas gegen Taiwan geriete womöglich auch die Chipproduktion ins Stocken. 

    Im Sommer vergangenen Jahres verkündete dies auch Mark Liu, der Vorstandsvorsitzende von TSMC: „Niemand kann TSMC mit Gewalt kontrollieren. Wenn jemand mit militärischer Gewalt oder durch eine Invasion eindringt, werden die TSMC-Halbleiterwerke nicht mehr funktionsfähig sein, denn es handelt sich um hoch entwickelte Produktionsanlagen, die von der Echtzeit-Anbindung mit der Außenwelt, mit Europa, mit Japan, mit den USA, abhängt. Von Materialien über Chemikalien bis hin zu Ersatzteilen, technischer Software und Diagnose.“

    Nimmt die Schutzschildfunktion von TSMC für Taiwan ab?

    Nur scheint die Schutzschildfunktion von TSMC für Taiwan umso mehr abzunehmen, je intensiver der Konzern mit derzeit rund 50.000 Mitarbeitern seine Produktion ins Ausland verlagert. So sagt zwar Steve Lin, Ökonom und ehemaliger Entwicklungsminister: „Peking geht es bei Taiwan zuerst um Nationalismus. TSMC ist nur eine Nebenerwägung.“ Aber auch Lin, der der derzeit oppositionellen Nationalen Volkspartei (KMT) angehört, sieht in Taiwans Industriepolitik ein Thema nicht bloß der Wirtschaft, sondern auch „nationaler Sicherheit“.

    Und zu den jüngst entschiedenen Auslandsinvestitionen, insbesondere jenen in den USA, sagt Lin: „Ich denke, ein wichtiger Grund dafür ist politischer Druck gewesen.“ Hat also das Drängen westlicher Staaten nach solidem Lieferkettenmanagement den Wunsch Taiwans nach nationaler Sicherheit übertrumpft? Von offizieller Seite würde dies niemand bestätigen. So betonte der Vorstandsvorsitzende Mark Liu Anfang des Monats, dass TSMC die technologisch anspruchsvollsten und teuersten Fabriken daheim errichte. „Das zeigt unsere Verpflichtung gegenüber Taiwan.“

    Eine deutliche Diversifizierung der Geschäfte von TSMC weg vom heimischen Standort ist seit Ausbruch der jüngsten Krisen dennoch zu beobachten – was die Welt eben doch ein Stück weniger abhängig macht von funktionierenden Fabriken auf taiwanischem Boden. (mit dpa)

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