Pendlerinnen und Pendler kommen nicht zur Arbeit. Urlaubsreisen drohen zu platzen. Ja, die Streiks bei der Bahn und im Luftverkehr nerven das Land. Gerade GDL-Chef Claus Weselsky hat den Bogen überspannt. Deshalb aber gleich das Streikrecht einzuschränken, ist übertrieben. Es hätte langfristig Nachteile für die Löhne von Hunderttausenden Beschäftigten.
Es ist nicht so, dass das Recht auf Streik uneingeschränkt wäre: Gerichte haben definiert, dass Streiks nicht unverhältnismäßig sein dürfen, die Streikenden dürfen das Gemeinwohl nicht offensichtlich verletzen. Deutschland ist auch nicht besonders streikfreudig, sondern bewegt sich im europäischen Mittelfeld.
Konflikt zwischen GDL und Bahn ist nicht typisch, sondern sehr speziell
Zudem handelt es sich bei dem Streit zwischen Bahn und der Lokführergewerkschaft GDL um einen besonderen Konflikt, der sich über Jahre hochgeschaukelt hat. Dazu kommt der Konkurrenzkampf der beiden Bahngewerkschaften EVG und GDL. Wenn GDL-Chef Weselsky bald in den Ruhestand geht, könnte sich auch das Verhalten der GDL ändern.
Beschäftigte brauchen Streiks, um in Tarifverhandlungen ihre Interessen durchzusetzen
Schließlich steht es nach der Coronakrise, der Energiekrise und der Inflation um die Realeinkommen nicht zum Besten. Kita-Beschäftigte, Arzthelferinnen, Postangestellte müssen auch in Zukunft für ihre Interessen eintreten können. Ist dies nicht auch "kritische Infrastruktur"?