Nach dem Start des Lokführerstreiks im Güterverkehr stellen sich die Deutsche Bahn und ihre Fahrgäste auf die Ausweitung des Arbeitskampfs auf den Personenverkehr ab morgen ein. Den Notfahrplan für Fern- und Regionalverkehr können die Kundinnen und Kunden bereits online einsehen, wie die Bahn mitteilte.
Über die üblichen Fahrplanauskünfte im Internet wird dabei angezeigt, ob ein Zug fährt oder nicht. Bei vorigen Streiks war lediglich rund jeder fünfte Fernzug unterwegs, alle anderen fielen aus.
"Aufgrund des eingeschränkten Angebots raten wir bei Reisen im Fernverkehr der DB in jedem Fall frühzeitig einen Sitzplatz zu reservieren", teilte die Bahn mit. "Im Regionalverkehr gibt es während des GDL-Streiks ein stark reduziertes Angebot an Zugfahrten."
Belastungen für die Industrie
Im Güterverkehr hatte die GDL mit dem Streik bereits am Abend begonnen. Der Ausstand dort sei wie geplant um 18.00 Uhr angelaufen, sagte ein GDL-Sprecher auf Anfrage. Insbesondere Branchen mit hohem Schienengüter-Anteil müssen umdisponieren. "Der angekündigte sechstägige Bahnstreik belastet die Transportlogistik in Deutschland und Europa und damit auch Unternehmen der deutschen Automobilindustrie", teilte etwa der Verband der Automobilindustrie (VDA) auf Anfrage mit.
Ähnlich äußerte sich die Chemieindustrie, die ebenfalls viele Verkehre über die Schiene abwickelt. "Mit ihren Kunden und Logistikdienstleistern haben die Unternehmen umgehend flexible Lösungen entwickelt", hieß es vom Verband der Chemischen Industrie auf Anfrage. "Diese können die Einschränkungen und Verzögerungen in der Bahnlogistik aber nur teilweise kompensieren."
Rund sechs Tage lang will die GDL unter ihrem Chef Claus Weselsky weite Teile des Bahnverkehrs zum Erliegen bringen. Es ist der vierte und bisher längste Streik der Gewerkschaft. Bis Montagabend soll der Arbeitskampf andauern und damit erstmals im laufenden Tarifkonflikt ein komplettes Wochenende umfassen.
Wann wird wieder verhandelt?
Die Bahn rief die Gewerkschaft am Dienstagmorgen erneut dazu auf, an den Verhandlungstisch zurückzukehren. "Es ist jetzt an der Zeit, zusammenzukommen, zu verhandeln, Kompromisse zu finden", sagte eine Sprecherin in Berlin. "Wir sind bereit, zu jeder Zeit an jedem Ort zu Verhandlungen und zu Gesprächen zusammen gekommen."
Neben finanziellen Forderungen dreht sich der Tarifstreit vor allem um das Thema Absenkung der Wochenarbeitszeit für Schichtarbeiter. Die GDL will diese von 38 auf 35 Stunden bei gleichbleibendem Gehalt reduzieren. Die Bahn hat bisher ein Wahlmodell angeboten, das eine einstündige Absenkung ohne finanzielle Einbußen vorsieht. Wer sich dagegen entscheidet, erhält stattdessen 2,7 Prozent mehr Geld. Gewerkschaftschef Claus Weselsky sieht in der Offerte keine Grundlage für weitere Verhandlungen.
(dpa)