Startseite
Icon Pfeil nach unten
Wirtschaft
Icon Pfeil nach unten

Getreide und Zucker: Agrarimporte aus der Ukraine in die EU sollen beschränkt werden

Landwirtschaft

Beschränkung von Agrarimporten: Die EU geht weiter auf die Bauern zu

    • |
    Viele Bauern drängen darauf, entlastet zu werden. Die Handelsvorteile der Ukraine sollen teilweise oder komplett zurückgenommen werden.
    Viele Bauern drängen darauf, entlastet zu werden. Die Handelsvorteile der Ukraine sollen teilweise oder komplett zurückgenommen werden. Foto: Benoit Doppagne, Belga/dpa

    Als kürzlich 900 Traktoren durch das Brüsseler Europaviertel rollten und aufgebrachte Landwirte Barrikaden durchbrachen und Pyrotechnik auf Polizisten richteten, gehörte die Parole „Billigimporte töten Bauern!“ zu den beliebten Schlachtrufen der Demonstranten. Offenbar klang sie bei den EU-Vertretern nach. In der Nacht von Montag auf Dienstag diskutierten die Vertreter der 27 Mitgliedstaaten darüber, die Handelsvorteile der Ukraine teilweise zu beschränken. 

    Damit ebnete der Rat den Weg für eine mögliche Einigung mit dem EU-Parlament. Offenbar verlangten unter anderem Polen, Ungarn, Bulgarien, Rumänien, Slowakei und auch Frankreich eine Begrenzung der Importe von ukrainischem Geflügel, Eiern, Zucker und Getreide. Eine „grobe Kalkulation“ habe ergeben, hieß es gestern in Brüssel, dass dies zu Einnahmeverlusten von rund einer Milliarde Euro für Kiew führen würde. 

    Bauern in Sorge wegen billiger Importe von Getreide und Zucker aus der Ukraine

    Kurz nach der Invasion Russlands in die Ukraine hatte die Gemeinschaft Zölle und Quoten für landwirtschaftliche Produkte ausgesetzt, die für den europäischen Markt bestimmt sind. Doch hiesige Bauern begannen zunehmend, gegen die Sonderbehandlung der Ukrainer zu rebellieren, insbesondere in Polen. Ein Beispiel soll das Problem veranschaulichen, wie der Vorsitzende des Handelsausschusses, Bernd Lange, vorrechnet: Vor 2022 habe die Ukraine ein zollfreies Kontingent von 22.000 Tonnen Zucker gehabt. Seit die Ausnahmen gewährt und 2023 um ein weiteres Jahr verlängert wurden, exportierte das Land dagegen jährlich 400.000 Tonnen. 

    Die EU will die Unterstützung der Bevölkerung nicht verlieren

    Welche Konditionen gelten künftig? Im Juni läuft die aktuelle Vereinbarung aus. Am Dienstagabend begannen deshalb die Verhandlungen zwischen Rat, Parlament und Kommission. Aber ob es bereits vor dem am Donnerstag beginnenden EU-Gipfel der Staats- und Regierungschefs einen Kompromiss geben wird, bezweifelten Beobachter gestern. Dabei soll ein solcher die Gemüter der Bauern beruhigen. Sie haben erneut Proteste in Brüssel angekündigt. Es gebe „eine generelle Bereitschaft“, Einschränkungen zu treffen, hieß es von einem hochrangigen EU-Diplomaten. Einerseits wolle man der Ukraine helfen, auf der anderen Seite müsse man „die Unterstützung der Bevölkerung weiterhin sichern“. 

    Vergangene Woche hatte sich bereits das EU-Parlament für weiterreichende Maßnahmen für die Landwirte ausgesprochen, weil diese nach Meinung der Europaabgeordneten mehr Schutz vor möglichen Marktstörungen durch die Einfuhren aus der Ukraine benötigen. Die Sonderregeln für die Ukraine sind bekannt als autonome Handelsmaßnahmen (ATM). Sie haben für das kriegsgebeutelte Land einen Wert von rund 2,1 Milliarden Euro. Die von der EU-Kommission empfohlenen „automatischen Schutzmaßnahmen“ würden diesen Betrag um etwa 240 Millionen Euro verringern, sofern das Handelsvolumen auf dem Niveau von 2023 bleibt. Sollte sich derweil das Europaparlament mit seinem Vorschlag durchsetzen, würde sich der Wert der Handelsvorteile für Kiew um etwa 1,2 Milliarden Euro verringern. Es wäre aber ein weiterer Rückschlag für die Ukraine.

    Flächenstilllegung: Die Ökoregeln sollen ebenfalls entschärft werden

    Mit dem Schritt würde die Gemeinschaft gegenüber der Agrarindustrie einlenken. Im jüngsten Besänftigungsversuch hatte die EU-Kommission gerade erst angeregt, im Eilverfahren die Ökoregeln der europäischen Agrarpolitik zu entschärfen. Eigentlich verpflichtet die Union die Bauern dazu, vier Prozent der Flächen nicht zu bewirtschaften, um das Artensterben zu stoppen und den Klimawandel zu bekämpfen. Das Gesetz soll nun komplett fallen

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden