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Gasversorgung: Speicher voller als erwartet: Reicht das Gas jetzt?

Gasversorgung

Speicher voller als erwartet: Reicht das Gas jetzt?

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    Die Gasspeicher sind gut gefüllt. Der Blick richtet sich inzwischen eher auf den nächsten Winter.
    Die Gasspeicher sind gut gefüllt. Der Blick richtet sich inzwischen eher auf den nächsten Winter. Foto: Peter Kneffel, dpa (Symbolbild)

    "Eine Gasmangellage in diesem Winter wird zunehmend unwahrscheinlich." Dieser Satz stammt aus dem Lagebericht Gasversorgung der Bundesnetzagentur, die generell um vorsichtige Kommunikation bemüht ist. Tatsächlich müsste wohl extrem viel zusammenkommen, damit es in diesem Winter noch einmal eng wird mit dem Gas. Zum Sparen rufen die Behörde und auch Fachleute aber weiterhin auf. Allerdings inzwischen eher mit Blick auf den Winter in einem Jahr.

    Symbol dafür, dass Deutschland gut durch den Winter 2022/23 kommt, sind die Gasspeicher. Diese bieten einen Puffer für die kalte Zeit, in der mehr Gas verbraucht wird. Und sie sind weiterhin gut gefüllt, deutlich besser als erwartet. Die Bundesnetzagentur hatte vor einigen Monaten definiert, dass die Speicherstände im angespannten Bereich sind, wenn sie auf einen Wert von unter 55 Prozent zum 1. Februar zusteuern – kritisch wäre es unter 40 Prozent. Die Realität: Die Speicher sind am 1. Februar noch zu fast 80 Prozent gefüllt.

    Gassparmaßnahmen und der milde Winter zeigen Effekte

    Woran das liegt? Das Wetter hatte einen positiven Einfluss, denn in Haushalten wird Gas vor allem zum Heizen verwendet. Zwar gab es im Dezember eine Phase mit extrem niedrigen Temperaturen, aber insgesamt ist der Winter mild.

    "Das ist ein ganz entscheidender Grund", sagt auch Klaus Müller, Präsident der Bundesnetzagentur. Aber nicht der einzige. "Ein zweiter Grund ist, dass wir über den ganzen Winter einen signifikanten Sparbeitrag gesehen haben." Die Industrie habe nahezu durchgehend 20 bis 25 Prozent des sonst verwendeten Gases eingespart und auch die Haushalte hätten deutlich weniger Gas genutzt als sonst. Die temperaturbereinigte Analyse der Bundesnetzagentur zeigt, dass weniger verbraucht wurde als bei vergleichbarer Witterung.

    Trotzdem geben weder die Behörde noch das Wirtschaftsministerium Entwarnung. "Wir sehen, dass der Speicherfüllstand im Moment heruntergeht – in den letzten Wochen war es ja noch mal kühler", sagt Müller. Nach zwei kalten Wochen liegt der Speicherstand rund zehn Prozentpunkte niedriger. "Wir wollen mit einem guten Speicherstand aus dem Winter kommen. Weil wir dann die Aufgabe haben, die Speicher für den nächsten Winter wieder zu befüllen." Müller mahnt: "Es kommt auch weiter darauf an, dass wir Gas sparsam verbrauchen." 

    Im vergangenen Jahr konnte Deutschland noch auf russisches Gas zurückgreifen, das bis Ende August durch die Nord-Stream-Pipeline gepumpt wurde. Weil auch Deutschlands Nachbarstaaten Gas einsparten und auf anderen Quellen ausweichen konnten, konnte die Bundesrepublik mehr Gas behalten und einspeichern. Bisher war Deutschland auch ein Gas-Transitland gewesen – das heißt, dass ein beträchtlicher Teil des importierten Gases an andere Länder weitergegeben wurde. Die Exporte gingen im Sommer aber schneller zurück als erwartet. Das führte laut Bundesnetzagentur dazu, dass sich die Speicher deutlich schneller füllten als zunächst angenommen.

    2023 rechnet wohl niemand mit russischem Gas. Deutschland ist jetzt vom weltweiten Flüssiggas-Markt abhängig. Aktuell aber sieht es gut aus, auch die Großhandelspreise für Gas sind wieder deutlich gesunken.

    Wirtschaftsweise Grimm warnt: Bei sinkenden Preisen wird Industrie weniger Gas sparen

    Gerade dass sich die Lage am Gasmarkt entspannt, könnte jedoch für einen Anstieg beim Verbrauch sorgen. Das erklärte die Wirtschaftsweise Veronika Grimm am Wochenende der Neuen Osnabrücker Zeitung. Sie warnte, es sei "gut vorstellbar", dass die Industrie in diesem Jahr wieder mehr Gas verbrauche. Auch von der Bundesnetzagentur heißt es, dass die Einsparungen der Industrie sicherlich stark mit den hohen Gaspreisen zu tun hätten. "Trotz des rückläufigen Preisniveaus brauchen wir den Sparbeitrag auch in den kommenden Monaten", sagt Müller.

    E.on-Chef Leonhard Birnbaum mahnt in einem Spiegel-Artikel ebenfalls an, dass weiter gespart werden müsse. "Wir können nicht darauf bauen, dass uns wieder ein warmer Winter helfen wird", sagt er. Vor allem die Privathaushalte, die bisher weniger eingespart haben als die Industrie, müssten ihren Verbrauch noch weiter reduzieren.

    Grimm warnte, der nächste Winter werde "auf jeden Fall herausfordernd" – die Bundesregierung müsse unter Umständen Anreize setzen, damit weiterhin Gas gespart wird. Zwar sind rund um den Jahreswechsel die ersten beiden Flüssiggas-Terminals in Deutschland in Betrieb gegangen. Doch Grimm rechnet damit, dass sich die Lage erst 2024 nachhaltig entspannen dürfte, wenn weitere Terminals eröffnet werden.

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