Es schien so, als wollte SPD-Kanzler Olaf Scholz signalisieren, dass er Wort hält. „You’ll never walk alone“ hatte er den Bürgerinnen und Bürgern in der Energiekrise versprochen.
Als er am Donnerstagmittag vor die Presse trat, zitierte er sich nicht nur selbst, sondern stellte gleich eine Maßnahme dazu vor: Die Bundesregierung senkt die Mehrwertsteuer auf Gas von 19 auf sieben Prozent. „Dies ist ein weiterer Schritt zur Entlastung“, sagte Scholz. Die Absenkung kann dem Finanzministerium zufolge greifen, sobald Bundestag und Bundesrat dem Plan zugestimmt haben. Sie ist bis 31. März 2024 befristet.
Nach ersten Berechnungen sind deutliche Entlastungen möglich. Das Vergleichsportal Check 24 hat es für einige Musterhaushalte durchgerechnet. Ein Singlehaushalt mit einem Jahresverbrauch von 5000 Kilowattstunden Gas würde bisher rund 1185 Euro pro Jahr zahlen und spart nun 119 Euro. Eine Familie mit zwei Kindern in einem Reihenhaus und einem Verbrauch von 20.000 Kilowattstunden müsste rund 4290 Euro ausgeben. Sie wird um 433 Euro entlastet.
Neue Umlagen bekanntgegeben: Gasspeicherumlage und Regelenergie-Umlage
Der Gaspreis ist seit dem Russland-Ukraine-Krieg stark gestiegen. Die Bundesregierung hat zuletzt einige Umlagen eingeführt, die die Kosten weiter in die Höhe treiben. Dazu zählt die kürzlich vorgestellte Gasumlage, die helfen soll, große Einkäufer wie die Firma Uniper vor dem Kollaps zu bewahren. Den oben erwähnten Familienhaushalt kostet die Gasumlage rund 500 Euro im Jahr. Am Donnerstag hat die Gesellschaft „Trading Hub Europe“ die Höhe weiterer Umlagen bekannt gegeben, die allesamt in den Gaspreis einfließen.
Unter anderem wird eine Umlage für Regelenergie fällig. Regelenergie ist nötig, wenn der Gasverbrauch und die Einspeisung ins Ungleichgewicht geraten. Die Umlage schlägt mit 0,57 Cent pro Kilowattstunde zu Buche, den genannten Familienhaushalt belastet sie mit 122 Euro im Jahr.
Dazu kommt eine neue Umlage für Gasspeicher, die für den Familien-Haushalt mit knapp 13 Euro pro Jahr zu Buche schlägt. Die Umlagen greifen alle ab Oktober.
Erdgas Schwaben: "Werden die Steuersenkung weitergeben"
Zuletzt gab es eine scharfe Debatte, ob es gerecht ist, dass auf die neue Gasumlage noch Mehrwertsteuer fällig wird. Zusätzliche Belastungen "aus der obligatorischen Erhebung der Mehrwertsteuer auf die Gasumlagen" wollte die Bundesregierung am Ende unbedingt verhindern: Hier sei man sich einig gewesen, sagte Scholz. Zudem erwarte er von den Energieanbietern, dass sie die Steuersenkung „eins zu eins an die Verbraucherinnen und Verbraucher weitergeben“, betonte er.
Erdgas Schwaben – größter Gasanbieter unserer Region – will genau dies tun: „Natürlich werden wir die Mehrwertsteuersenkung an unsere Kundinnen und Kunden weitergeben“, sagte ein Sprecher. Das Unternehmen hatte zum 1. August seine Preise regulär erhöht und kalkuliert diese angesichts der neuen Umlagen derzeit neu. Wie die Tarife mit den neuen Umlagen und Steuersätzen aussehen und ab wann sie gelten, werde man zeitnah mitteilen.
Bundeskanzler Olaf Scholz stellt ein drittes Entlastungspaket in Aussicht
Die Mehrwertsteuersenkung rief Zustimmung, aber auch Kritik hervor. Scholz erklärte, die Steuersenkung entlaste die Gaskunden stärker, als sie durch die neuen Umlagen belastet werden. Daran hat Sebastian Dullien vom Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung Zweifel. Er glaubt, dass die neuen Umlagen nur zu rund zwei Dritteln ausgeglichen werden. Stefan Kooths, Vizepräsident des Instituts für Weltwirtschaft in Kiel, wiederum befürchtet, dass die Steuersenkung das Ziel verwässert, Gas einzusparen. „Dafür ist ein steigender Gaspreis ein wichtiges Signal“, sagt er.
Letztlich wird die Steuersenkung den massiven Anstieg der Gaspreise am Markt sowieso nicht ausgleichen können. Die Regierung will deshalb nochmals handeln: „In den nächsten Wochen werden wir ein drittes Entlastungspaket schnüren“, versprach Scholz – für Bürger und Firmen.