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Gas aus Russland: Wie Deutschland unabhängiger werden will

Krieg in der Ukraine

Ohne AKW, weniger russisches Gas: Regierung will mehr auf neue Energien setzen

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    Die Bundesregierung und Wirtschaftsminister Robert Habeck wollen Deutschland von russischem Gas unabhängig machen.
    Die Bundesregierung und Wirtschaftsminister Robert Habeck wollen Deutschland von russischem Gas unabhängig machen. Foto: Michael Kappeler, dpa

    Weder sinnvoll noch vertretbar – so knapp lässt sich eine Diskussion beenden. Längere Laufzeiten für die noch verbliebenen Atomkraftwerke in Deutschland sind für das Wirtschafts- sowie Umweltministerium vom Tisch. Die beiden Häuser hatten angesichts der drohenden Energiekrise den Weiterbetrieb der verbliebenen drei Kernkraftwerke geprüft. Ergebnis: Für längere Laufzeiten wäre nicht nur eine Änderung des Atomgesetzes notwendig und die Zuteilung neuer Strommengen. Eine Verlängerung würde vor allem im Winter 2022/2023 keine zusätzlichen Strommengen bringen, sondern frühestens ab Herbst 2023 nach erneuter Befüllung mit neu hergestellten Brennstäben.

    Das Brennmaterial zu beschaffen, darauf hatte auch die Industrie mehrfach hingewiesen, dauere ebenfalls mindestens eineinhalb Jahre. Ziel bleibe also, die Importabhängigkeit von Russland zu verringern und den Ausbau erneuerbarer Energien voranzutreiben, so die beiden Grünen Ministerien von Steffi Lemke (Umwelt) und Robert Habeck (Wirtschaft). Wie dringend das ist, daran erinnerte prompt Wladimir Putin. Nachdem Kanzler Olaf Scholz freimütig eingeräumt hatte, dass Gas aus Russland trotz des Ukraine-Krieges „von essenzieller Bedeutung für die Daseinsvorsorge und das tägliche Leben“ in Deutschland sei, drohte der russische Präsident erstmals damit, die Gaslieferungen über die Pipeline Nord Stream 1 einzustellen. Die Drohung hat wenig Substanz, schließlich ist das von Sanktionen hart getroffene Russland auf Einnahmen dringend angewiesen. Aber falls Putin vorhatte, beim Thema Energie maximale Unsicherheit im Land zu verbreiten, dann ist ihm das gelungen.

    Leopoldiner: Es geht auch ohne russisches Gas

    Andererseits gibt es Stimmen in der Bevölkerung, die vor dem Hintergrund des Krieges in der Ukraine und dem Leid der Menschen zum Verzicht bereit wären, wenn dies Putin schaden würde. Eine aktuelle Stellungnahme der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina in Halle stützt die Haltung, dass es, wenn auch mit Einschränkungen, ohne russisches Gas durchaus gehen könnte. „Dies könnte unter anderem durch die Beschaffung von Flüssiggas, das Anlegen einer robusten Reserve an Energieträgern und den Ausbau der Wasserstoffinfrastruktur erreicht werden“, heißt es in dem Papier. Ein kurzfristiger Lieferstopp von russischem Gas wäre für die deutsche Volkswirtschaft demnach handhabbar. „Durch die unmittelbare Umsetzung eines Maßnahmenpakets könnten Engpässe vermieden und ihre wirtschaftlichen und sozialen Auswirkungen abgefedert werden.“

    Die Bundesregierung weiß um das Dilemma: Sie will Putin mit Sanktionen schaden, dafür muss Deutschland aber so stabil sein, dass es selbst nicht in den Abgrund gezogen wird. Was ohne russisches Gas zumindest auf kurze Sicht durchaus geschehen könnte. Wirtschaftsminister Robert Habeck brachte es am Dienstag nach einem Sondertreffen mit den Energieministern der Länder so auf den Punkt: „Die Sanktionen sind mit Absicht und mit Bedacht so gewählt worden, dass sie die russische Wirtschaft und das Regime Putin schwer treffen. Aber sie sind eben auch so gewählt worden, dass wir sie als Volkswirtschaft, als Nation, lange durchhalten können.“ Unbedachtes Verhalten könne genau zu dem Gegenteil führen, sagte der Grünen-Politiker mit Blick auf Wünsche, Deutschland möge den Gasdeal mit Russland von sich aus aufkündigen. Dass die USA dies gerade taten, ändert nichts an der deutschen Haltung. Die Vereinigten Staaten seien selbst Öl-Exporteur, der Anteil russischen Gases mache dort nur 7,5 Prozent aus, sagte Habeck.

    "Das ist kein guter Zustand", sagt Habeck

    „Wir wissen, und das müssen wir zugeben, dass wir uns in den letzten 20 Jahren in eine immer größere Abhängigkeit von fossilen Energieimporten aus Russland hineinmanövriert haben. Das ist kein guter Zustand“, räumte Habeck ein. Nun gehe es darum, diese Abhängigkeit „so schnell wie möglich zu reduzieren und dann gewonnene energiepolitische Spielräume auch sicherheitspolitisch einzusetzen“.

    Wie diese Spielräume aussehen könnten, hat Habecks Ministerium bereits vor zwei Wochen in einem zehnseitigen Papier der „Ad-hoc Projektgruppe Gasreduktion“ zusammengefasst. Es liegt unserer Redaktion vor, wurde aber noch nicht offiziell veröffentlicht. Habeck machte dafür auch eine Überlastung seiner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter verantwortlich. Vorschläge wie der, bereits ab 2023 die Erdgasverbrennung in neuen Gebäuden auszuschließen, sind allerdings politisch brisant und dürften dazu beigetragen haben, dass die Vorschläge noch Verschlusssache sind.

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    Die große Linie ist ohnehin schon gezeichnet: Deutschland soll durch den schnellen Ausbau der Erneuerbaren, die Nutzung von Flüssiggas und massive Anstrengungen bei Energiesparen unabhängig von russischem Gas werden. Da das dauert, soll in der Zwischenzeit bei Bedarf auf Stein- und Braunkohle als Energieträger zurückgegriffen werden. Das Vorgehen Berlins gleicht übrigens dem der EU-Kommission. Sie legte am Dienstag einen Plan vor, der mit den von Habeck genannten Maßnahmen die Reduzierung russischer Gasimporte um zwei Drittel binnen eines Jahres zum Ziel hat.

    Weitere finanzielle Entlastungen für die Bürgerinnen und Bürger sind laut Habeck in der Planung. Da die Haushaltskasse bereits erheblich belastet ist, will die Ampel ungewöhnliche Wege gehen. Man sei dabei „zu prüfen, ob Übergewinne – also Kriegsgewinne, man muss das ja so sagen – von Unternehmen, die sehr günstig Energie eingekauft haben, sie jetzt aber zu exorbitanten und ja, nur durch den Krieg getriebenen Preisen anbieten, noch mal besteuert werden können“, sagte Habeck. Dem Minister allerdings schwant, dass diese spektakuläre Maßnahme so einfach nicht umzusetzen ist. Es handele sich um einen noch nie dagewesenen Markteingriff, der deshalb sorgfältig zu prüfen sei, sagte Habeck.

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