Was als kleine Investment- und Baufirma begann und einen jungen Tiroler, der die Schule abgebrochen hatte, schließlich zu einem der reichsten Österreicher machte, sieht nun einer ungewissen Zukunft entgegen: René Benkos Immobilien-Imperium, die Signa-Holding, ist in schlimmen Turbulenzen – und der Tycoon ist offenbar drauf und dran, die Kontrolle über die Firma zu verlieren. Was genau in der Signa los ist, wie die wirtschaftliche Situation wirklich aussieht, ist größtenteils unklar. Signa ist eine Blackbox. Der Konzern, der wohl aus Hunderten einzelner Subfirmen und Gesellschaften besteht, entzieht sich einer transparenten Kontrolle – Benkos Firmenimperium ist nicht an der Börse notiert. Das macht es für die Öffentlichkeit schwer, den wahren Zustand des Konzerns einzuschätzen.
Benko selbst spricht nicht mit der Presse. Der Milliardär scheut auch jetzt, da sein Imperium in einer tiefen Krise steckt, das Licht der Öffentlichkeit. Dennoch überschlagen sich seit Tagen die Nachrichten – und es ist unklar, ob und wie es mit Signa weitergeht. Der Tenor: Es sieht schlecht aus für das Lebenswerk des superreichen Investors.
Signa: Rückzug aus dem Elbtower-Projekt in Hamburg
Was bisher bekannt ist: Vergangene Woche zog sich Benkos Signa aus dem Elbtower-Projekt in Hamburg zurück. Der Bau des Wolkenkratzers, der das dritthöchste Gebäude Deutschlands werden soll, stockt seit Längerem – dabei hat Benkos Signa-Holding bereits 200 Millionen Euro in das Projekt gesteckt. In der Hansestadt zittert man indes um die Realisierung des insgesamt rund 950 Millionen Euro schweren Vorhabens. Berichten zufolge sollen vor allem die Investoren in den vergangenen Tagen den Signa-Gründer Benko massiv unter Druck gesetzt haben. Dieser soll schließlich zugesichert haben, auf seine Machtposition im Beirat von Signa zu verzichten. Die Investoren, darunter auch der österreichische Baumanager Hans Peter Haselsteiner, sollen ebenso auf Benkos Rückzug wie auf die Einsetzung des Unternehmenssanierers Arndt Geiwitz bestanden haben. Der Deutsche soll nun bei Signa retten, was zu retten ist. Benko habe „grundsätzlich zugestimmt, aber auch seine eigenen Vorstellungen deponiert“, war in österreichischen Medien zu lesen. Ob Benko sich am Ende wirklich zurückzieht, war am Montagabend aber offen.
Fest dürfte auch stehen, dass Signa dringend Geld braucht, wenn der Konzern eine Pleite vermeiden will. Es geht um Hunderte Millionen Euro, die die Signa-Investoren bis Jahresende zuschießen müssen. Die Kernfirma von Benkos Signa-Konstruktion „Signa Prime Selection“ wies 2022 einen Verlust von über einer Milliarde Euro auf. Dieser sei auf gestiegene Energie- und Baukosten sowie auf „gestiegene Refinanzierungskosten“ zurückzuführen, war von der Firma zu hören.
Steigende Zinsen bringen Signa in Bedrängnis
Was damit gemeint ist, erklärt der Ökonom von der Universität Innsbruck und Signa-Kenner des gewerkschaftsnahen österreichischen „Momentum“-Instituts, Leonhard Dobusch: „Der jahrelange steile Wachstumskurs war nur möglich, weil Signa Immobilien aggressiv sehr hoch bewertet hat und diese dann als Sicherheiten für Kredite gedient haben.“ Und so eine Strategie gehe nur gut, „wenn die Zinsen niedrig sind und die Immobilienpreise steigen“, sagte Dobusch dem ORF-Radio Ö1. Konstruktionen wie die der Signa würden zudem Steuerzahlungen vermeiden und das Verschieben von Gewinnen, auch über Ländergrenzen hinweg, ermöglichen. Kurz gesagt: Benkos Immobilienwunder war bereits in der Vergangenheit ein hochriskantes Unterfangen. Man spekulierte auf günstige Rahmenbedingungen und trieb das Geschäft in lichte Höhen.
Ebenso auffällig wie fragwürdig sei es laut Dobusch, dass Benko selbst zwar über diverse Stiftungen von den in der Vergangenheit millionenschweren Signa-Gewinnen profitiert, sich aber nie persönlich an die Spitze des Konzerns gestellt hatte: „Es war jedem klar, dass Benko der Chef der Signa war – gleichzeitig hat er bewusst jede formale Rolle als Geschäftsführer oder Gesellschafter vermieden.“ Es sollte, sagt Dobusch, ein Warnsignal sein, „wenn man so etwas wie Beiräte erfindet, die aktienrechtlich eigentlich keinerlei Bedeutung haben“. Der Ökonom befürchtet im Falle einer Pleite Kosten für die Allgemeinheit: „Über Umwege ist es so, dass bei solchen Pleiten auch immer die Gesellschaft mitzahlt.“
René Benko hat ein gutes Verhältnis zu Ex-Kanzler Sebastian Kurz
In Österreich ist Benko, der erst kürzlich mit der Schließung von Filialen der Galeria Karstadt Kaufhof-Gruppe in Deutschland Schlagzeilen machte, auch wegen seiner Nähe zu Ex-ÖVP-Kanzler Sebastian Kurz bekannt. In Wien sorgte vor allem Benkos überhasteter Verkauf eines Möbelhauses für heftige Kritik. 1900 Beschäftigte verloren damals ihre Jobs. Benko macht nicht nur in Immobilien: Er hält auch Anteile jenes Verlagshauses, das die reichweitenstarken Boulevardmedien Kronen Zeitung und Kurier herausgibt.