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Future Week: "Fuckup Talk": Start-ups im Kampf um Investoren

Future Week

"Fuckup Talk": Start-ups im Kampf um Investoren

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    Wie das Scheitern den Gründern von Unternehmen weiterhelfen kann, erklärten (von links) Rudolf Franz, Lisa Figas, Raimond Seibold und Gero Gode, mit Moderation von Lena Jakat (Mitte).
    Wie das Scheitern den Gründern von Unternehmen weiterhelfen kann, erklärten (von links) Rudolf Franz, Lisa Figas, Raimond Seibold und Gero Gode, mit Moderation von Lena Jakat (Mitte). Foto: Ingo Dumreicher

    Wer ein Unternehmen gründet, jongliert schnell einmal mit Millionenbeträgen. Voller Einsatz, volles Risiko ist schließlich gewissermaßen das Mantra im Gründertum. Was aber, wenn es einmal, zumindest zeitweise, ganz und gar nicht laufen will, der Investor plötzlich abspringt, weil man zu jung, zu weiblich und zu klug erscheint? Darüber haben eine Gründerin und drei Gründer aus der Region beim "Fuckup Talk" in der Industrie- und Handelskammer Schwaben in Augsburg gesprochen. In einer Panel-Diskussion, moderiert von Lena Jakat, schwelgen die Unternehmer in Erinnerungen über ihre Anfänge im

    Zahlreiche Start-ups sind mit der Aufgabe konfrontiert, ihre Visionen mit den realen Herausforderungen der Finanzierung in Einklang zu bringen. Die Brücke zwischen einer visionären Idee und einem erfolgreichen Unternehmen zu schlagen, ist keine leichte Aufgabe – insbesondere dann nicht, wenn der Weg zum Erfolg am Finanzierungsabgrund entlang führt.

    Raimund Seibold – Geschäftsführer der Innoit GmbH und ehemals Boxbote

    Raimund Seibold, Geschäftsführer der Innoit GmbH
    Raimund Seibold, Geschäftsführer der Innoit GmbH Foto: Ingo Dumreicher

    "Als Jungunternehmer wird man von Banken behandelt wie ein Schwerverbrecher", sagt

    Raimund Seibold

    . Er und sein Team hätten damals auf "Bootstrapping" gesetzt, also bewusst auf Fremdkapital durch Investoren verzichtet. Zu Beginn habe er sich nichts ausgezahlt, alles sei an die Mitarbeitenden geflossen. Eine harte Zeit, wie er rückblickend sagt. "Aber es ist eine Zeit, von der ich heute noch zehre." Finanzierungsschwierigkeiten zu trotzen und aus Fehlern zu lernen, ist demnach eine elementare Fähigkeit von Unternehmern. Aus Jungunternehmersicht kann es laut ihm sogar ein Segen sein, nur über wenig Geld zu verfügen. "Es zwingt einen dazu, kreativer zu sein", findet der Geschäftsführer. "Man sagt, man muss eine Zeit lang das Leben leben, das keiner möchte, um später das Leben zu leben, das jeder leben möchte", erklärt

    Seibold

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    Rudolf Franz – CFO/COO der Voxeljet AG

    Rudolf Franz, CFO/COO der voxeljet AG
    Rudolf Franz, CFO/COO der voxeljet AG Foto: Ingo Dumreicher

    Rudolf Franz ist der wohl erfahrenste Gründer der Runde. Er verhalf Unternehmen zu internationalem Erfolg, brachte sie an die amerikanische Börse – und nahm sie auch wieder herunter. "Bei Unternehmen, die scheitern, ist es wie mit dem Sterben: Man spricht einfach nicht darüber", sagt Franz. Während der Diskussion schneidet der Unternehmer aber doch einige Schwierigkeiten an, mit denen er sich in seiner Laufbahn konfrontiert sah. Er weiß, dass es oft am schwersten sei, den ersten Investor zu überzeugen. "In der heutigen Zeit ist es super einfach, ein Unternehmen zu gründen", sagt der Unternehmer. Der Druck, der auf jungen Unternehmen laste, könne jedoch sehr unangenehm sein. Er rät den Anwesenden, "das Ego hinten anzustellen und sachlich und nüchtern zu bleiben". Auch dann, wenn ein potenzieller Investor nicht in die Idee investieren möchte, von der man selbst überzeugt ist.

    Gero Gode – Geschäftsführer von Alpha Star

    Gero Gode, Geschäftsführer von Alpha Star
    Gero Gode, Geschäftsführer von Alpha Star Foto: Ingo Dumreicher

    Gero Gode sieht in einem regelmäßigen Geldfluss schlicht die Möglichkeit, "Neues zu erschaffen und neue Werte zu schöpfen". Bis dahin ist es allerdings nicht immer angenehm, Unternehmer und Verantwortlicher für eine große Belegschaft zu sein. Eine Situation sei ihm besonders im Gedächtnis geblieben: Ein amerikanischer Investor fand, dass er mit damals 23 Jahren als CMO zu jung sei, ein Geschäftsführer über 30 war die Bedingung für ein Investment. Drei Tage später verließ er das Unternehmen. "Man schießt sich mit solchen Deals manchmal auch selbst ab, wenn der Druck zu groß wird", sagt er heute. Seine Erkenntnis: "Ehrlichkeit und Offenheit sind die wichtigsten Eigenschaften, die man als Gründer mitbringen kann." Das bedeute auch, ehrlich zu sich selbst zu sein, wenn eine Idee oder ein Unternehmen unter manchen Umständen nicht funktioniert und andere Wege einzuschlagen.

    Lisa Figas – Co-Founder und CEO der TelemetryDeck GmbH

    Lisa Figas, Co-Founder und CEO der TelemetryDeck GmbH
    Lisa Figas, Co-Founder und CEO der TelemetryDeck GmbH Foto: Ingo Dumreicher

    "Pitch-Events können eine grandiose Zeitverschwendung sein" findet Lisa Figas. 30- bis 40-mal habe sie im vergangenen Jahr ihren Service, der App- und Webentwicklern hilft, ihre Produkte zu verbessern, indem er sofortige, genaue anonymisierte Analysedaten liefert, Investoren vorgestellt. Viele Ressourcen des jungen Unternehmens seien ins Fundraising geflossen. Die Suche nach Investoren war nicht immer leicht, sagt die Geschäftsfrau und Mutter. Einmal etwa zeigten sich potenzielle Geldgeber irritiert, dass sie, "als Frau", auch technische Fragen habe beantworten können. Eine Unternehmensdynamik, die sich ihnen nicht erschlossen habe und damit nur ein Beispiel für Sexismus im Unternehmertum darstellt. "Der Trick war für uns, sehr auf das eigene Netzwerk zu setzen", sagt die Gründerin. Nach dem Austausch mit den anderen Panel-Sprechern zeigt sie sich, als Einzige, die sich offen noch inmitten des Finanzierungsdschungels durchschlägt, beruhigt: "Es ist schön zu hören, dass jeder einmal diese Herausforderungen meistern musste und meistern konnte", sagt Figas. 

    Im Anschluss an den Talk stand das Panel für Fragen aus dem Publikum zur Verfügung: Worauf achten Investoren wirklich, wie verkaufe ich ein Produkt, das bislang nicht existiert und, bei einer Fuckup-Night wohl besonders interessant: Würdet ihr alles noch mal genau so machen? Die Antwort: Ja. Die Vergangenheit ließe sich schließlich ohnehin nicht verändern. Doch alle Rückschläge, die die Unternehmerin und die Unternehmer machen mussten, hätten dazu geführt, dass sie heute bessere Entscheidung treffen können. 

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