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Flüchtlinge: Wie gelingt die Integration der Ukrainer in den Arbeitsmarkt?

Flüchtlinge

Wie gelingt die Integration der Ukrainer in den Arbeitsmarkt?

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    Rund eine Million Ukrainerinnen und Ukrainer sind nach Deutschland geflüchtet.
    Rund eine Million Ukrainerinnen und Ukrainer sind nach Deutschland geflüchtet. Foto: Robert Michael, dpa (Symbolbild)

    Seit Russland die Ukraine überfallen hat, haben nach Schätzungen des Flüchtlingskommissariats der Vereinten Nationen (UNHCR) über sechs Millionen Menschen das Land verlassen. Bis Mitte 2023 kamen rund eine Million Ukrainerinnen und Ukrainer nach Deutschland. 61 Prozent davon sind laut Statistischem Bundesamt (Destatis) Frauen. 40 Prozent – häufig kommen Mütter mit den Kindern, während die Väter bleiben – leben hier als sogenannte Alleinerziehenden-Familien. 

    Das hat Folgen für die Integration der Ukrainerinnen und Ukrainer in den deutschen Arbeitsmarkt. Denn den weiteren Angaben zufolge waren – trotz eines hohen Akademikeranteils – nur 19 Prozent der 25- bis 59-Jährigen der Geflüchteten im Job. Die Erwerbstätigenquote in der Gesamtbevölkerung ist den weiteren Destatis-Angaben zufolge mit 85 Prozent mehr als viermal so hoch. 

    Bayern sieht die Integration der Menschen aus der Ukraine auf einem guten Weg

    Im Freistaat sehen die Staatsregierung und die Bundesagentur für Arbeit (BA) Flüchtlinge auf einem guten Weg in den Arbeitsmarkt – auch wenn hier noch Luft nach oben ist. Bayerns Innenminister Joachim Hermann (CSU) sagte: "Die Integration in Arbeit gelingt nirgendwo so gut wie in Bayern. Viele Geflüchtete sind im Arbeitsmarkt angekommen – auch die ukrainischen Kriegsflüchtlinge fassen dort immer mehr Fuß." Laut Hermann sind derzeit rund 30.100 ukrainische Staatsangehörige im Freistaat sozialversicherungspflichtig beschäftigt, so viele wie in keinem anderen Bundesland. Rund 24.700 der ukrainischen Geflüchteten seien allerdings arbeitslos gemeldet. Hermann meinte: "Da ist also noch viel Potenzial, das wir angesichts des Arbeitskräftemangels nutzen müssen." Viele seien derzeit auch noch in Integrationskursen. Hermann betonte: "Es ist für die Akzeptanz der Zuwanderung in der Bevölkerung elementar, dass diese Menschen schnellstmöglich eine Arbeit finden und für ihren Lebensunterhalt selbst aufkommen." Die Bundesregierung müsse es daher unterlassen, falsche Anreize zu setzen, etwa mit der Erhöhung des Bürgergeldes. 

    Auch der Leiter der BA-Regionaldirektion Bayern, Ralf Holtzwart, rief – trotz aller Integrationserfolge – dazu auf, sich einen Job zu suchen: "Einsteigen und aufsteigen" – auch wenn nicht jeder sofort in seinem Traumberuf unterkommen könne. Umgekehrt ermunterte der Arbeitsmarkt-Experte die Unternehmen, Geflüchteten eine Chance zu geben, auch wenn das Sprachniveau noch nicht top sei oder der Bewerber nicht exakt auf das Stellenprofil passe. 

    Bayern hat die niedrigste Arbeitslosenquote – auch unter Ausländern

    In Bayern gibt es aktuell fast 145.000 offene Stellen, die Arbeitslosenquote liegt mit 3,3 Prozent bundesweit am niedrigsten, bei Ausländern liegt die Quote bei 8,2 Prozent. Auch das ist in Deutschland der niedrigste Wert im Vergleich der Bundesländer. 

    Das Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung (BIB) hat indes eine neue Studie veröffentlicht, nach der sich die Lebenssituation der ukrainischen Flüchtlinge deutlich verbessert hat – auch die Deutschkenntnisse. Die Studienergebnisse des BIB belegen zudem "einen nachhaltigen und kontinuierlichen Anstieg der Teilhabe der Geflüchteten auf dem deutschen Arbeitsmarkt". Studienleiter Andreas Ette weist darauf hin: "Eine Tätigkeit zu finden, die den eigenen Fähigkeiten entspricht, benötigt Zeit." Der jetzt beobachtete kontinuierliche Anstieg qualifizierter Beschäftigungsverhältnisse sei bemerkenswert. 

    Wie schaut es in Italien, Polen und Großbritannien aus?

    Und wie schaut es bei den europäischen Nachbarn aus? Vor dem Krieg war Italien das Land mit den meisten Migranten aus der Ukraine. Vor 2022 lebten dort bereits 230.000 Ukrainerinnen und Ukrainer. Bis Juni 2023 kamen noch einmal 175.000 Flüchtlinge dazu, bei denen es sich vor allem um Frauen (90.000) und Minderjährige (50.000) handelt. Gleich zu Beginn des Krieges vereinfachte die Regierung den Zugang zum italienischen Arbeitsmarkt für Menschen aus der Ukraine. So genügt auch eine vorläufige Aufenthaltserlaubnis, um eingestellt zu werden. Wer vorweisen kann, dass er seine Aufenthaltserlaubnis bei der Polizei beantragt hat, kann einen Job bekommen. 

    Theoretisch sollen die Menschen aus der Ukraine "maßgeschneiderte Wege" mit Beratung, Jobbegleitung und Praktikumserfahrungen in Italien bekommen. Dazu werden EU-Mittel aus den Asyl-, Migrations- und Integrationsfonds und dem Europäischen Sozialfonds verwendet. Meist führt der Weg über ein Praktikum in den Arbeitsmarkt. Allerdings haben von diesem Angebot bislang nur wenige Menschen profitiert. Bis Mitte 2022 wurden rund 3000 Ukrainerinnen und Ukrainer über ein Praktikum in den Arbeitsmarkt integriert.

    Viele Menschen aus der Ukraine sind in der Gastronomie untergekommen

    Andere Geflüchtete arbeiten als Ärzte oder Krankenpfleger, nachdem ihre Qualifikationen anerkannt wurden. Viele Menschen sind in der Gastronomie untergekommen, genaue Zahlen gibt es nicht. Ukrainerinnen in Italien wurden bislang vor allem als Hausangestellte und Pflegerinnen engagiert. Das gilt für 65 Prozent der bereits vor dem Krieg in Italien arbeitenden Ukrainerinnen und Ukrainer. Die Berufsverbände in Italien bieten inzwischen Sprachkurse an, um die Geflüchteten besser in den Arbeitsmarkt zu integrieren.

    In Polen kann jeder ukrainische Staatsbürger arbeiten, wenn er ein Aufenthaltsrecht bekommen hat. Nach Eurostat befinden sich derzeit 957.000 Ukrainer in

    Nach Großbritannien, um ein drittes Beispiel zu nennen, kamen bis Mai dieses Jahres rund 174.000 Menschen aus der Ukraine auf die Insel. Sie dürfen zunächst für die Dauer von drei Jahren bleiben und in dieser Zeit auch im Königreich arbeiten. Organisationen wie das „Refugee Employment Network“ (REN) helfen Geflüchteten bei der Suche nach einer Anstellung. Bei einer Umfrage des britischen Statistikamtes unter mehr als 10.000 geflüchteten Ukrainern, die im Juli dieses Jahres veröffentlicht wurde, gaben 62 Prozent an, angestellt oder selbstständig tätig zu sein. 

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