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Finanzpolitik: So sieht das Ausland den deutschen Haushaltsstreit

Finanzpolitik

So sieht das Ausland den deutschen Haushaltsstreit

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    Finanzminister Christian Lindner, Wirtschaftsminister Robert Habeck und Kanzler Olaf Scholz brauchen eine Lösung für die Haushaltskrise.
    Finanzminister Christian Lindner, Wirtschaftsminister Robert Habeck und Kanzler Olaf Scholz brauchen eine Lösung für die Haushaltskrise. Foto: Michael Kappeler, dpa

    Die Haushaltskrise der Bundesregierung beschäftigt nicht nur die deutsche Politik, auch im Ausland hat man die Vorgänge in Deutschland genau beobachtet. Dabei war auch zu einem gewissen Teil Häme im Spiel. Gerade aufseiten der Länder, die in der Eurokrise vor gut zehn Jahren unter Sparauflagen gelitten haben. Eine kräftige Retourkutsche kam von dem früheren griechischen Energieminister Panagiotis Lafazanis. Die Bundesregierung müsse sowohl den Bürgern als auch den Unternehmen Notsteuern auferlegen, um das Problem zu lösen, sagte er unlängst der Bild-Zeitung. „Eine weitere Lösung wäre der Verkauf öffentlicher Vermögenswerte wie Inseln, um schnell große Summen aufzubringen.“ Die Bild hatte auf dem Höhepunkt der Eurokrise Griechenland geraten, Inseln zu verkaufen. Lafazanis legte noch eines drauf: Deutschland solle sich unter die „Aufsicht der Troika“ aus Internationalem Währungsfonds, Weltbank und EU begeben, sollte die Bundesregierung das Problem nicht in den Griff bekommen, sagte er. Die

    „Eine weitere Lösung wäre der Verkauf öffentlicher Vermögenswerte wie Inseln, um schnell große Summen aufzubringen“, rät der griechische Politiker Panagiotis Lafazanis.
    „Eine weitere Lösung wäre der Verkauf öffentlicher Vermögenswerte wie Inseln, um schnell große Summen aufzubringen“, rät der griechische Politiker Panagiotis Lafazanis. Foto: Orestis Panagiotou, dpa

    In den Aussagen schwingt Schadenfreude mit. Die Situation Deutschlands und Griechenlands ist aber nicht wirklich zu vergleichen. Griechenland war ab 2010 in eine tiefe Krise gerutscht, weil die Finanzmärkte angesichts der hohen Schulden das Vertrauen verloren, dass das Land seinen Verpflichtungen noch nachkommen kann. Es drohten Zahlungsausfälle. Davon ist Deutschland weit entfernt. Im Haushaltsstreit geht es vielmehr darum, nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts Einsparungen zu treffen, keine neuen Schulden zu machen und die Schuldenbremse einzuhalten. 

    Ökonom Kirkegaard: Deutsche Schuldenbremse schadet dem Wachstum in der EU

    Andere internationale Ökonomen haben vielmehr die Sorge, dass Deutschland es mit seiner Sparsamkeit und seinem Festhalten an der Schuldenbremse zu genau nehmen könnte. Fehlen Investitionen, dann komme die deutsche Wirtschaft nicht in Schwung, zum Nachteil für ganz Europa, warnt zum Beispiel der dänische Ökonom Jacob Funk Kirkegaard. „Wenn man die Schuldenbremse nicht lockert oder frivol einen weiteren Notstand erklärt, würde Deutschland bald in eine tiefe Rezession schlittern. Das ist einfache Mathematik“, sagte er dem Spiegel. Dies würde das Wachstum in Europa und auch die Geldpolitik der Europäischen Zentralbank torpedieren. „Damit es der europäischen Wirtschaft gut geht, muss es der deutschen Wirtschaft gut gehen“, erklärt der Forscher am Peterson-Institut für internationale Wirtschaft in Washington. „Mit seiner verfehlten Fiskalpolitik nimmt Deutschland die gesamte EU als Geisel.“ 

    Wichtiger als das Festhalten an der Schuldenbremse seien Investitionen zum Beispiel in den Klimaschutz, argumentiert Kirkegaard. „Denken Sie nicht, dass die kommenden Generationen lieber auf einem Planeten leben würden, der sich um weniger als drei Grad Celsius erwärmt hat? Und möchten Sie wirklich, dass man Arzttermine in Zukunft noch per Fax vereinbaren muss?“, fragt er. „Wenn Deutschland seine Wirtschaft heute fit für das 21. Jahrhundert macht, profitieren davon alle. Die Schuldenbremse hilft nicht dabei, dieses Ziel zu erreichen“, sagt er. Sie sei eine „makroökonomische Verrücktheit“. Kirkegaard argumentiert auch, dass Deutschland höhere Staatsschulden verkraften könnte. 

    „Economist“: Deutschland hat Spielraum für Kredite

    Ähnlich urteilte das renommierte Wirtschaftsmagazin Economist und spricht von einer „bizarren Haushaltspanik“. „Deutschland zieht den Neid der Industrieländer auf sich, weil es Spielraum für Kredite hat“, schreibt das Magazin. „Seine öffentliche Verschuldung entspricht rund 65 Prozent des Bruttoinlandsprodukts – verglichen mit durchschnittlich 90 Prozent im OECD-Club meist reicher Länder.“ Tatsächlich kommt Deutschland im internationalen Vergleich auf eine eher mittlere Schuldenquote. In Österreich beträgt sie derzeit rund 79 Prozent des Bruttoinlandsprodukts, in Frankreich 112 Prozent, in den USA rund 120 Prozent und in Japan satte 260 Prozent. 

    „So sehr Deutsche ihre Regeln lieben, heute die Schuldenbremse vor das Erreichen von Wachstum zu setzen, wäre ein perverser Akt der Selbstzerstörung“, schreibt das Magazin. „Deutschland hat viele Probleme. Eine exzessive Staatsverschuldung ist keines davon.“ 

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