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Finanzen: Haushalt wird zum Stresstest für die Ampel

Finanzen

Haushalt wird zum Stresstest für die Ampel

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    Der parlamentarische Staatssekretär im Finanzministerium Florian Toncar stellt die Haushaltspläne stellvertretend für Finanzminiter Christian Lindner im Bundestag vor.
    Der parlamentarische Staatssekretär im Finanzministerium Florian Toncar stellt die Haushaltspläne stellvertretend für Finanzminiter Christian Lindner im Bundestag vor. Foto: Kay Nietfeld, dpa

    Haushaltswochen im Bundestag sind etwas Besonderes. Der übliche politische Alltagsbetrieb ordnet sich unter, wenn unter der Reichstagskuppel über die finanzielle Ausstattung des Landes debattiert wird. Der Höhepunkt ist jedes Mal die Generaldebatte zur Wochenmitte. Eigentlicher Anlass ist der Etat des Kanzleramtes, doch in Wahrheit wird sie zur Abrechnung mit der Regierungspolitik genutzt. Kanzler Olaf Scholz und die Regierungsparteien SPD, Grüne sowie FDP müssen sich trotz schwieriger Rahmenbedingungen auf heftige Kritik der Opposition einstellen.

    „Wir stehen in der Bundesrepublik, in Europa und in der Welt in einer Bewährungsprobe, wie wir sie lange nicht mehr erlebt haben“, sagte Finanz-Staatssekretär Florian Toncar am Dienstag bei der Vorstellung des finanziellen Spielraums der Ampel-Regierung. Der FDP-Politiker vertrat Finanzminister Christian Lindner, der wegen eines Trauerfalls fehlte. Toncar nannte die Energiekrise, den Ukraine-Krieg und die Corona-Pandemie, jedoch machte er als „größtes aktuelles Problem“ die Inflation aus. Sie raube Menschen Planungssicherheit und gefährde den unternehmerischen Erfolg, sagte der Abgeordnete und verwies auf die drei Entlastungspakete, die ein Volumen von 95 Milliarden Euro haben sollen. So schätzt es jedenfalls die Regierung, die derzeit noch nicht sagen kann, wie sich diese Summe genau zusammensetzt und wie sie finanziert werden soll.

    Union kritisiert "Unzulänglichkeiten" im Bundeshaushalt für das nächste Jahr

    Für die Unionsfraktion ist die Sache deshalb klar. „Dieser Haushalt erfüllt auf den ersten Blick die Erwartungen. Auf den zweiten Blick hat er viele Unzulänglichkeiten“, sagte Fraktionsgeschäftsführer Thorsten Frei. Mit einer geplanten Neuverschuldung von 17,2 Milliarden Euro könne Lindner zwar wie angekündigt 2023 die Schuldenbremse einhalten. Gleichzeitig verbrauche die Regierung aber 42,5 Milliarden aus der Flüchtlingsrücklage, die 58 Milliarden umfasse und eigentlich für viele Jahre geplant sei.

    Der Haushaltsentwurf sieht für 2023 Ausgaben in Höhe von 445,2 Milliarden Euro vor. Das sind rund 50,6 Milliarden Euro oder 10,2 Prozent weniger als in diesem Jahr. Gleichzeitig rechnet Lindner neben den weiteren Einnahmen des Bundes mit Steuergeld in Höhe von 362,3 Milliarden Euro – gute zehn Prozent mehr als in diesem Jahr. Das ist eine Annahme, die der Union zu weit geht. Sie wirft Lindner vor, „von sehr optimistischen Wirtschaftswachstumszahlen“ auszugehen. Das Steueraufkommen wird zu großen Teilen von der Wirtschaftslage bestimmt, deren Situation dürfte sich den Konjunkturprognosen zufolge aber eher noch verschlechtern und das wiederum würde die Steuereinnahmen drücken.

    Für die Bundeswehr-Milliarden soll ein Sondertopf geschaffen werden, der neben dem normalen Bundeshaushalt steht. So sind über mehrere Jahre verteilte Ausgaben möglich.
    Für die Bundeswehr-Milliarden soll ein Sondertopf geschaffen werden, der neben dem normalen Bundeshaushalt steht. So sind über mehrere Jahre verteilte Ausgaben möglich. Foto: Philipp Schulze, dpa

    Gleichzeitig steigen die Zinsen, die Regierung rechnet im kommenden Jahr mit deutlich höheren Ausgaben für den Schuldendienst. Satte 29,5 Milliarden Euro sind veranschlagt, das sind 13,3 Milliarden Euro oder 82,4 Prozent mehr als dieses Jahr.

    Der Wehretat, nach dem Haushalt für das Arbeitsministerium der zweitgrößte Brocken, sinkt um 300 Millionen auf 50,1 Milliarden Euro. Für die Union ein Zeichen, dass es die Regierung mit der „Zeitenwende“ und dem Zwei-Prozent-Ziel der Nato nicht so genau nimmt. Die Ampel kann im Gegenzug auf das 100-Milliarden-Sondervermögen für die Truppe verweisen. Das wiederum ist für die Linksfraktion ein „Kriegskredit“, der gestrichen gehört, wie die haushaltspolitische Sprecherin Gesine Lötzsch fordert.

    Opposition bemängelt Investitionen im Bundeshaushalt für das nächste Jahr

    Die Regierung verweist auf Rekordinvestitionen im kommenden Jahr. Mehr als 58 Milliarden Euro will sie ausgeben, ein Plus von rund 6,5 Milliarden. Danach werden die Investitionen schrittweise wieder zurückgefahren, manche Bereiche kommen nach Einschätzung der Opposition jetzt schon zu kurz. Unions-Fraktionsvize Ulrich Lange beispielsweise kritisierte, dass trotz aller Versprechen „ausgerechnet die Ausgaben für den Verkehrsträger Schiene rückläufig“ seien. Das sende das falsche Signal, erklärte der CSU-Verkehrsexperte.

    Ob der Haushalt also den Stresstest besteht? Thorsten Frei ist skeptisch. Lindner habe die klare Erwartung, dass die Schuldenbremse eingehalten werde, sagte der CDU-Politiker und ergänzte: „Aber wir werden sehen.“

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