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Augsburg: Steigt der Staat beim Augsburger Rüstungsunternehmen Renk ein?

Augsburg

Steigt der Staat beim Augsburger Rüstungsunternehmen Renk ein?

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    Die Augsburger Firma Renk ist ein sehr profitabler Maschinenbauer.
    Die Augsburger Firma Renk ist ein sehr profitabler Maschinenbauer. Foto: Ulrich Wagner

    Renk-Chefin Susanne Wiegand lässt keine Zweifel aufkommen: Der Augsburger Getriebe-Spezialist, der rund 70 Prozent seines Umsatzes mit der Rüstungsindustrie macht, bereitet sich auf einen möglichen Börsengang zumindest vor: „Ich sehe den Kapitalmarkt als nächsten Entwicklungsschritt, aber es ist nichts entschieden.“ Investmentbanker gehen von einer Bewertung des Unternehmens von gut 2,5 Milliarden Euro aus. Die in Frankfurt am Main sitzende Beteiligungsgesellschaft Triton würde bei einem stimmigen Börsenumfeld einen guten Schnitt machen. Das Unternehmen hat Renk 2020 vom Volkswagen-Konzern erworben, der die Renk-Mehrheit wiederum durch die Übernahme von MAN geerbt hat. 

    Susanne Wiegand, Geschäftsführerin von Renk, erklärte Bayerns Ministerpräsident Markus Söder, wie das Getriebe für einen Panzer funktioniert.
    Susanne Wiegand, Geschäftsführerin von Renk, erklärte Bayerns Ministerpräsident Markus Söder, wie das Getriebe für einen Panzer funktioniert. Foto: Stefan Puchner, dpa

    Doch wer weiß, in welchem Zustand sich die Aktienmärkte im kommenden Jahr befinden, also dann, wenn Renk nach Recherchen unserer Redaktion an die Börse gebracht würde, wenn alles passt. Um 2024 fit für den Aktienmarkt zu sein, muss sich das Unternehmen schon heute auf eine solche Aktion vorbereiten. Verdüstert sich im kommenden Jahr allerdings die Stimmung am Kapitalmarkt, könnte es sein, dass alles abgeblasen wird. Ein Börsengang ist noch reine Theorie, doch er beschäftigt bereits intensiv den Eigentümer, das Management und die Arbeitnehmer-Vertreter. So ließ eine Meldung der Firma von 7. Juni aufhorchen: Demnach wurde Christian Schulz zum Mitglied der Geschäftsführung ernannt. Er übernimmt das Finanzressort von Niklas Beyes, der das Unternehmen auf eigenen Wunsch verlasse. 

    Für Renk kommt es auf das passende Börsenumfeld an

    Der neue Mann entspricht den Wünschen der Triton-Verantwortlichen, die mit einem Börsengang liebäugeln. Denn Schulz war bis September 2021 Finanzvorstand von Traton SE. Er verfüge über mehr als 20 Jahre Erfahrung in den Bereichen Finanzen und über eine ausgewiesene Kapitalmarktkompetenz. Unter dem Münchner Traton-Dach hat Volkswagen sein Nutzfahrzeug- und Bus-Geschäft versammelt. VW hält auch nach einem Börsengang immer noch 89,72 Prozent der Anteile an dem Unternehmen. Der Gang an den Kapitalmarkt glückte erst im zweiten Anlauf. Der neue Renk-Manager hat miterlebt, wie schwierig der Weg an den Aktienmarkt sein kann. Deswegen will sich Firmen-Chefin Wiegand nicht festlegen, schon gar nicht auf einen Zeitpunkt eines möglichen Börsengangs. 

    Unter den rund 3500 Renk-Beschäftigten wird das Thema aber bereits heiß diskutiert. Vertreterinnen und Vertreter der Arbeitnehmer machen sich Gedanken, wie die Interessen der Beschäftigten im Fall, dass Renk die Kapitalmarkt-Route einschlägt, am besten gewahrt werden. Betriebsrätinnen und Betriebsräte wollen deutsche Standorte wie Augsburg mit etwa 1400 Beschäftigten langfristig absichern. Die Sorge ist groß, dass nach einem Börsengang etwa ein Investor aus den USA, aus Frankreich oder aus Südkorea einsteigt und Arbeit aus heimischen Renk-Fabriken abzieht. Dass sich etwa chinesische Investoren wie einst beim Augsburger Roboterbauer Kuka über die Börse einen Teil von Renk schnappen, gilt auch in Arbeitnehmerkreisen als unwahrscheinlich, schließlich ist das Unternehmen ein führender Anbieter für Panzergetriebe. Die zentralen Bau-Gruppen stecken unter anderem im deutschen Leopard- oder im französischen Leclerc-Panzer. Während daher ein Investor aus China schon aus nationalen Sicherheitsüberlegungen ausscheidet, könnten westliche Geldgeber, am besten aus Nato-Staaten, zum Zug kommen. 

    IG-Metall-Vorstand Kerner will Renk absichern

    Da verwundert es nicht, dass Jürgen Kerner, der im Vorstand der Gewerkschaft IG Metall für Industrie-Themen zuständig ist, überlegt, wie ein stabiler deutscher Anker-Investor gefunden werden kann. Demnach müsste ein solcher Anteilseigner über eine Sperrminorität von 25,1 Prozent an Renk verfügen. Gegen seinen Willen könnten wesentliche Entscheidungen wie etwa der großflächige Abzug von Arbeit aus deutschen Standorten nicht durchgesetzt werden. Der Gewerkschafter forderte gegenüber unserer Redaktion: „Von Anfang an muss klar sein, dass es einen Anker-Investor Staat gibt.“ Kerner und andere Arbeitnehmer-Vertreter favorisieren das Hensoldt-Modell für Renk. Der Rüstungselektronik-Hersteller, dessen Radar-Hochburg in Ulm mit rund 2600 Beschäftigten sitzt, war 2016 von Airbus an den US-Finanzinvestor KKR verkauft worden. Als die Amerikaner, um Kasse zu machen, die Firma an die Börse brachten und auch

    IG-Metall-Vorstand Jürgen Kerner fordert, dass der Staat beim Rüstungs-Unternehmen Renk einsteigt, wenn die Firma an die Börse geht.
    IG-Metall-Vorstand Jürgen Kerner fordert, dass der Staat beim Rüstungs-Unternehmen Renk einsteigt, wenn die Firma an die Börse geht. Foto: Bernd Von Jutrczenka, dpa

    Das Unternehmen kommentierte auf Anfrage nicht Spekulationen zum möglichen Einstieg des Staates im Zuge eines Börsengangs. Doch nach Informationen unserer Redaktion reist demnächst eine dreiköpfige Arbeitnehmer-Delegation zu Verteidigungs-Staatssekretär Benedikt Zimmer. Der Mann ist vom Fach, trat er doch 1981 in die Bundeswehr beim Panzerbataillon 54 in Hessisch-Lichtenau ein und absolvierte dort eine Ausbildung zum Panzeroffizier. Man muss ihm nicht lange erklären, wie wichtig der Beitrag Renks für das deutsche Militär ist. An dem Treffen mit Zimmer nehmen nach Informationen unserer Redaktion der Renk-Gesamtbetriebsratsvorsitzende Klaus Refle, die Augsburger IG-Metall-Vize und stellvertretende Renk-Aufsichtsratsvorsitzende Angela Steinecker und der IG-Metall-Rüstungsexperte Jürgen Bühl teil.

    Noch ist es offen, ob der Staat bei Renk einsteigt

    Die Entscheidung, ob sich der Staat vorstellen kann, bei dem Augsburger Rüstungsunternehmen im Fall eines Börsengangs einzusteigen, gilt als offen. Zunächst einmal muss sich die Firma überhaupt durchringen, den Weg an den Aktienmarkt zu suchen. Mehr Klarheit könnte hier erst im Herbst oder Winter herrschen. Ausschlaggebend für eine mögliche Beteiligung des Staates bei Renk dürfte sein, ob die Bundesregierung Panzergetriebe oder Getriebe für Marineschiffe, wie sie das Unternehmen herstellt, als für Deutschland sicherheitsrelevante Schlüsseltechnologie einstuft. Im Fall von Hensoldt war das keine Frage, schließlich ist das Unternehmen ein Spezialist für die elektronische Kampfführung. Da musste Berlin ein Sicherheitsschloss einbauen. 

    Ein solcher Renk-Riegel könnte natürlich auch durch den Einstieg eines deutschen Rüstungskonzerns wie Rheinmetall gebildet werden. Doch wenn die Düsseldorfer Panzerbauer zum Zuge kämen, würde das sicher den Münchner Konkurrenten Krauss-Maffei Wegmann irritieren. Beide Rüstungs-Größen beziehen Renk-Produkte. Am Ende könnte es eine Lösung sein, dass neben dem Staat sowohl Rheinmetall als auch Krauss-Maffei Wegmann beziehungsweise die Holding KNDS bei Renk im Zuge eines Börsengangs als gleichberechtigte Anteilseigner an Bord kommen. Die beiden Aktionäre würden dann mit dem Staat vielleicht sogar knapp über 50 Prozent absichern. Das wäre das perfekte Bollwerk für den Rüstungsbetrieb. 

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