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Europäische Union: EU-Mindeststeuer: Blockiert Polen den Kampf gegen Steueroasen?

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EU-Mindeststeuer: Blockiert Polen den Kampf gegen Steueroasen?

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    Panama gilt als Steueroase, es gibt viele weitere. Eine globale Mindeststeuer soll verhindern oder erschweren, dass Konzerne dorthin Geld verlagern.
    Panama gilt als Steueroase, es gibt viele weitere. Eine globale Mindeststeuer soll verhindern oder erschweren, dass Konzerne dorthin Geld verlagern. Foto: Karl-Josef Hildenbrand, dpa (Archivbild)

    Die französische Regierung hatte sich bereits gefreut. Die Einigung auf ein Gesetz zur Umsetzung der EU-Jahrhundertreform bei der Unternehmensbesteuerung unter Frankreichs Ratspräsidentschaft hätte Rückenwind für den Endspurt des Präsidentschaftswahlkampfs versprochen. Doch die internationale Mindeststeuer ist weiterhin nicht in EU-Recht gegossen.

    Dementsprechend verärgert zeigte sich der französische Finanzminister Bruno Le Maire nach dem Treffen der 27 europäischen Wirtschafts- und Finanzminister am Dienstag. Während Schweden, Estland und Malta ihren Widerstand aufgegeben hatten, stellte sich Polen quer. Dabei habe man die Einwände aus Warschau in dem Kompromissangebot berücksichtigt, betonte Le Maire. Warum das osteuropäische Land also weiter blockiere, sei ein „Rätsel“. Es müsse „einen anderen Grund geben“, so Le Maire, ohne auszusprechen, was man in Brüssel vermutet: Polen will mit der Blockade-Haltung die Freigabe der Gelder aus dem Corona-Hilfsfonds erzwingen, die die EU-Kommission aufgrund von Bedenken über die Unabhängigkeit der polnischen Justiz zurückhält.

    2021 hatten sich 137 Länder unter dem Dach der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) auf die Einführung einer globalen Mindeststeuer von 15 Prozent auf Gewinne von Großunternehmen geeinigt. Diese würde für Konzerne mit mindestens 750 Millionen Euro Umsatz pro Jahr gelten. So soll verhindert oder erschwert werden, dass Einnahmen in Steueroasen verlagert werden soll.

    Nun wird wieder Kritik am Einstimmigkeitsprinzip laut

    Die EU-Kommission hatte im Dezember einen Gesetzesvorschlag präsentiert, um einen ersten Teil der Reform umzusetzen. Doch bei steuerlichen Entscheidungen herrscht in der EU das Einstimmigkeitsprinzip – auch jetzt wieder Anlass für Kritik. So forderte etwa Martin Schirdewan, finanzpolitischer Sprecher der Linken im EU-Parlament, dass die Regel abgeschafft wird. „Jedes Mal werden sinnvolle Vorschläge von unkooperativen Staaten blockiert oder mit Schlupflöchern durchsäht wie Schweizer Käse.“ Selbst wenn ein Deal erreicht werden sollte, „heißen die Sieger am Ende Amazon, Apple und Co“.

    Markus Ferber (CSU) befürwortet zwar die Mindeststeuer, wirft der EU-Kommission strategische Fehler vor.
    Markus Ferber (CSU) befürwortet zwar die Mindeststeuer, wirft der EU-Kommission strategische Fehler vor. Foto: Ralf Lienert

    Der CSU-Europaparlamentarier Markus Ferber lobte das OECD-Abkommen zur Mindeststeuer als „Meilenstein“. Dennoch schränkte der schwäbische Politiker ein: Dass der Kreis der 27 sich voraussichtlich erst beim nächsten Treffen im Mai verständigen wird, so zumindest die Hoffnung der EU-Partner, sei zwar „ärgerlich, aber noch kein Beinbruch“.

    Das Gesetz könnte schon 2023 in Kraft treten

    Gleichwohl äußerte der Finanzexperte auch Verständnis für das Nein aus Warschau. „Polen beklagt nicht ganz zu Unrecht, dass die beiden Säulen der OECD-Einigung, die Mindestbesteuerung und die Neuverteilung von Besteuerungsrechten, die bisher immer zusammen verhandelt wurden, nun voneinander getrennt wurden.“ Bei diesem zweiten Teil der Reform geht es darum, sicherzustellen, dass globale Digitalunternehmen nicht nur im Heimatland besteuert werden, sondern auch dort, wo sie tatsächlich Geschäfte betreiben.

    Weil Tech-Konzerne wie Amazon, Google oder Facebook auf legale Weise gerne Gewinne rechnerisch in Länder mit niedrigen Abgaben-Sätzen verschoben haben, ist bei der Neuausrichtung der Unternehmensbesteuerung auch von einer Digitalsteuer die Rede. Ferber kritisierte es als „strategischen Fehler“ der Kommission, das Paket aufzuteilen. Dies habe es Mitgliedstaaten erst ermöglicht, „das Thema auf die lange Bank zu schieben“. Das Gesetz soll 2023 in Kraft treten – gesetzt den Fall, Polen spielt mit.

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