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Europäische Union: Das EU-Lieferkettengesetz kommt

Europäische Union

Das EU-Lieferkettengesetz kommt

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    Mit dem neuen Gesetz sollen große Unternehmen zur Rechenschaft gezogen werden, wenn sie von Kinder- oder Zwangsarbeit außerhalb der EU profitieren.
    Mit dem neuen Gesetz sollen große Unternehmen zur Rechenschaft gezogen werden, wenn sie von Kinder- oder Zwangsarbeit außerhalb der EU profitieren. Foto: Saifurahman Safi, Xinhua/dpa

    Im sprachlichen Alltag der EU-Blase hat sich in den vergangenen Wochen das Bonmot "Hätte, hätte Lieferkette" als Ausdruck des schwarzen Humors durchgesetzt. Immerhin stand das umstrittene EU-Gesetz vor einer ungewissen Zukunft. Noch vor zwei Wochen hatte eine Mehrheit der EU-Länder das Gesetz zum zweiten Mal abgelehnt. Doch die EU rühmt sich damit, Lösungen in ausweglosen Situationen zu finden. Und nun hat sie das Regelwerk tatsächlich wiederbelebt, wenn auch in abgeschwächter Form. Es fand am Freitag die Unterstützung einer knappen Mehrheit der Staaten. Deutschland wurde überstimmt. Berlin hatte sich mit dem berühmt-berüchtigten German Vote enthalten. Faktisch gleicht es einem Nein. Darauf bestand die FDP.

    Ausschlag für die nötige Mehrheit gab am Ende Italien. Rom hatte das Gesetz ebenfalls blockiert, den Widerstand aber aufgegeben, nachdem Änderungen vorgenommen wurden. Statt wie geplant, soll es nicht mehr für Firmen mit mehr als 500 Beschäftigten und mindestens 150 Millionen Euro Umsatz gelten. Die Grenze wurde den Angaben zufolge auf 1000 Beschäftigte und 450 Millionen Euro angehoben – nach einer Übergangsfrist von fünf Jahren. Will man den Spekulationen glauben, ist die Zahl der Firmen in der Union, die vom EU-Lieferkettengesetz betroffen sind, um fast 70 Prozent gesunken. Hinzu kommen Übergangsfristen. Nach drei Jahren sollen die Vorgaben zunächst für Firmen mit mehr als 5000 Beschäftigten und mehr als 1,5 Milliarden Euro Umsatz weltweit gelten, nach vier Jahren sinkt die Grenze auf 4000 Mitarbeitende und 900 Millionen Umsatz.

    FDP: Lieferkettengesetz bleibt "praxisfern"

    Es sei "der klaren Haltung der FDP zu verdanken, dass das Gesetz an vielen Stellen verbessert wurde", sagte die liberale Europaabgeordnete Svenja Hahn. So sollen unter anderem der Bausektor nicht mehr als Hochrisiko gelten sowie höhere Grenzschwellen greifen. Trotzdem bestand die FDP am Freitag auf ihrem Nein. "Unterm Strich bleibt das Lieferkettengesetz praxisfern, weil grundlegende Probleme, wie unklare Haftungsregeln außerhalb des eigenen Einflussbereichs, bestehen bleiben", so Hahn. Die Unstimmigkeiten hatten nicht nur zu einem offenen Schlagabtausch in der Ampelkoalition geführt, sondern auch für Unmut auf EU-Ebene gesorgt. 

    Die FDP habe in Brüssel "eine Schneise des Chaos hinterlassen", kritisierte die EU-Parlamentarierin Anna Cavazzini von den Grünen. Obwohl das Gesetz laut Kritikern "verwässert" wurde, zeigte sich die Politikerin erleichtert: "Menschenrechte siegen über eine massive Lobbykampagne und FDP-Klientelpolitik." Entwicklungsministerin Svenja Schulze (SPD) bezeichnete die Einigung als "Meilenstein", unter anderem für die Arbeiter, "die unter schwierigsten Bedingungen und zu niedrigsten Löhnen für uns produzieren" oder "die zur Arbeit gezwungenen Kinder, die nicht zur Schule gehen können". 

    Gerd Müller, UNIDO: "Weichen für eine gerechtere Globalisierung gestellt"

    Über die Einigung freut sich auch Gerd Müller, Generaldirektor der Organisation der Vereinten Nationen für industrielle Entwicklung (UNIDO): "Die EU hat heute die Weichen für eine gerechtere und faire Globalisierung gestellt", sagt er. "Davon profitieren Millionen Arbeiterinnen und Arbeiter in Entwicklungsländern." Rund 80 Millionen Kinder schufteten noch immer unter ausbeuterischen Bedingungen – auch für Produkte in Europa, kritisiert er. 

    Dagegen kritisierten Vertreter der deutschen Wirtschaft die Einigung scharf. Der Präsident des Bundesverbands der Deutschen Industrie, Siegfried Russwurm, sprach von "wirklichkeitsfremden Vorstellungen" und einem "weiteren Rückschlag für Europas Wettbewerbsfähigkeit". Das Gesetz schaffe "neue Hindernisse für Versorgungssicherheit und Diversifizierung der europäischen

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