Startseite
Icon Pfeil nach unten
Wirtschaft
Icon Pfeil nach unten

EU-Kommission: Wie die EU auf den Inflation Reduction Act der USA reagiert

EU-Kommission

Wie die EU auf den Inflation Reduction Act der USA reagiert

    • |
    Ursula von der Leyen, Präsidentin der Europäischen Kommission, muss sich um den Industriestandort Europa kümmern.
    Ursula von der Leyen, Präsidentin der Europäischen Kommission, muss sich um den Industriestandort Europa kümmern. Foto: Jean-Francois Badias, AP/dpa (Archivbild)

    Seit Monaten wächst in europäischen Wirtschaftszirkeln die Nervosität beim Blick in Richtung USA und China, nun lieferte die EU-Kommission ihren Vorschlag zur Rettung des Industriestandorts. Die 27 Staats- und Regierungschefs haben nun eine Woche Zeit, bis sie in Brüssel zum Gipfel zusammenkommen und die Maßnahmen, die Behördenchefin Ursula von der Leyen am Mittwoch präsentierte, zumindest als Diskussionsgrundlage benutzen. Der „Green Deal Industrial Plan“ soll eine Antwort liefern unter anderem auf US-Präsident Joe Bidens Ankündigung, die Ansiedlung von Fabriken für grüne Technologien mit massiven Beihilfen zu fördern. Das Subventionsrennen, so scheint es, hat begonnen.

    Im vergangenen Sommer hatte der Kongress den sogenannten „Inflation Reduction Act“ (IRA) verabschiedet, mit dem Washington grüne Technologien „made in USA“ sowie Elektroautos, Batterien, energieintensive Industrien und Projekte zu erneuerbaren Energien mit rund 370 Milliarden Dollar subventionieren will. Diskriminierend gegenüber Europa? Wettbewerbsverzerrend? Seit Monaten werden von allen Seiten Forderungen nach einer starken Reaktion der Gemeinschaft laut. Doch wie die aussehen könnte, da gehen die Meinungen weit auseinander. 

    Ein Subventionswettlauf mit den USA wäre für die EU kaum zu gewinnen

    Während Frankreich und Italien bereits mit einem Modell nach dem Vorbild der USA geliebäugelt hatten, mit dem die EU Subventionen an europäische Unternehmen ausschütten könnte, wenn sie ihre Produktionsstätten und Lieferketten in die Gemeinschaft verlagern, lehnen Mitgliedstaaten wie Deutschland einen solchen weitgehenden Schritt ab – schon gleich, wenn er bedeuten würde, neue EU-Schulden aufzunehmen. Experten weisen zudem darauf hin, dass die Europäer einen Wettlauf um Subventionen kaum gewinnen könnten. 

    Die Kommission schlug nun vor, die Vorgaben für staatliche Beihilfen in der EU, die wegen der Pandemie und des Kriegs in der Ukraine ohnehin schon gelockert wurden, weiter aufzuweichen. Das soll es den 27 Mitgliedstaaten ermöglichen, die heimische Industrie stärker zu subventionieren – mit mehr Steuergeld als bislang erlaubt, zudem über einen längeren Zeitraum. 

    EU-Abgeordneter Markus Pieper: "Nackten Staaten kann man nicht in die Taschen greifen."

    Die Maßnahmen könnten „ein Game-Changer für die europäische Industriepolitik und unsere zukünftige Wettbewerbsfähigkeit sein“, lobte der SPD-Europaparlamentarier Bernd Lange, wenn die Vorschläge zum Beihilfsrecht auch nur der Anfang sein können. „Wir brauchen eine grundlegende Reform, damit wir schneller agieren und reagieren können.“ Rasmus Andresen, der Sprecher der Europa-Grünen, bewertete den Vorschlag als „richtigen Ansatz“ und auch der CDU-Europaabgeordnete Markus Pieper nannte den flexibleren Beihilferahmen „notwendig und überfällig“, schränkte aber ein: „Nackten Staaten kann man nicht in die Tasche greifen.“

    Die Frage bleibt: Können Unternehmen so davon abgehalten werden, neue Standorte außerhalb der EU zu suchen oder Arbeitsplätze in andere Regionen wie die USA oder nach Asien zu verlagern? Es dürfte Streit geben im Kreis der 27 Staats- und Regierungschefs. Denn in einigen Hauptstädten geht die Sorge um, dass die Länder versuchen werden, sich zu überbieten. Manche Mitgliedstaaten könnten schlichtweg nicht mithalten. So warnten die Finanzminister von Österreich, Dänemark, Finnland, Estland, Irland, Tschechien und der Slowakei gerade erst in einem Brandbrief an die Kommission, man dürfe die europäische Wettbewerbsfähigkeit nicht auf dauerhaften beziehungsweise übermäßigen Staatshilfen beruhen lassen, die nicht zielgebunden sind. 

    Die Mittel sollen zu großen Teilen aus dem EU-Corona-Wiederaufbaufonds kommen

    Frisches Geld ist in dem Paket jedoch kaum zu finden, neue Schulden will man vermeiden. Das Stichwort lautet Umschichtung. So sollen etwa dreistellige Millionen-Beträge aus dem Corona-Wiederaufbaufonds kommen, die in den Ausbau nachhaltiger Technologien gesteckt werden sollen, etwa für die Herstellung von Elektroautos oder die Nutzung moderner Halbleiterproduktion. Zudem will man Mittel aus privaten Quellen mobilisieren. Die Frage, wie viele Millionen genau gebraucht werden, blieb am Mittwoch unbeantwortet. „Im Moment müssen wir mit dem arbeiten, was wir gerade haben“, sagte die Kommissionschefin Ursula von der Leyen. „Die EU-Kommission beweist mal wieder ihre Taschenspielertricks, indem sie Mittel von A nach B schiebt und diese jeweils mit neuen Überschriften versieht“, kritisierte der CSU-Europaabgeordnete Markus Ferber und warf der Behörde „Einfallslosigkeit“ vor.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden