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Equal Pay Day: Frauen verdienen sechs Prozent weniger als Männer

Equal Pay Day

Frauen verdienen sechs Prozent weniger als Männer

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    Frauen verdienen sechs Prozent weniger Lohn als Männer – auch wenn sie eine vergleichbare Ausbildung haben und Tätigkeit ausüben, wie ihre männlichen Kollegen.
    Frauen verdienen sechs Prozent weniger Lohn als Männer – auch wenn sie eine vergleichbare Ausbildung haben und Tätigkeit ausüben, wie ihre männlichen Kollegen. Foto: Annette Riedl/dpa (Symbolbild)

    Frauen verdienten im Jahr 2023 im Schnitt pro Stunde 18 Prozent weniger als Männer. Gründe hierfür sind, dass Frauen oftmals eine niedrigere Stundenzahl arbeiten, in schlechter bezahlten Berufen tätig sind und seltener eine Führungsposition innehaben. Rechnet man all diese Faktoren heraus, bleiben immer noch sechs Prozent weniger Lohn übrig. Umgerechnet auf das gesamte Jahr bedeutet es, dass Frauen vom 1. Januar bis zum 6. März umsonst gearbeitet haben, während Männer in dieser Zeit schon bezahlt wurden.

    Seit 2006 misst das Statistische Bundesamt den geschlechtsspezifischen Unterschied im Gehalt, den sogenannten Gender Pay Gap. Unterschieden wird zwischen unbereinigt und bereinigt. In die unbereinigte Lohnlücke fließen alle Gehälter ein, unabhängig von Berufssparte und Wochenarbeitszeit. Nur die Löhne vom Öffentlichen Dienst sind nicht Teil der Rechnung. Für den bereinigten Gender Pay Gap werden die Unterschiede herausgerechnet. Erstaunlich: Danach bleibt noch immer eine Lücke von sechs Prozent. Bei einem Bruttomonatsverdienst von 3000 Euro über 30 Jahre hinweg seien dies insgesamt 64.800 Euro, rechnet Birte Siemonsen vor, Präsidentin des Vereins Business and Professional Women (BPW) Germany. Der Verein organisiert einen Aktionstag zur gleichen Bezahlung von Frauen und Männern am 6. März.

    Tarifvertrag schützt nicht automatisch vor ungleicher Bezahlung

    Sowohl die bereinigte als auch die unbereinigte Lohnlücke haben ihre Berechtigung, betont Katharina Wrohlich, Leiterin der Forschungsgruppe Gender Economics am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW). Der unbereinigte Gender Pay Gap verdeutliche generelle Ungleichheiten zwischen Männern und Frauen auf dem Arbeitsmarkt. Frauen nähmen nach der Familiengründung längere Pausen, stiegen häufiger in Teilzeit ein und würden dadurch seltener für Beförderungen beachtet. Die bereinigte Lohnlücke zeigt aber, dass Frauen auch bei gleicher Qualifizierung und Tätigkeit im Durchschnitt weniger Geld verdienen als ihre männlichen Kollegen. Oftmals habe dies mit subtilen Vorurteilen zu tun, erklärt die DIW-Expertin. Ein Beispiel: "Frauen wie Männer sind der Meinung, dass Frauen sich mit weniger zufriedengeben sollten."

    Auch Tarifverträge helfen nur bedingt, den Gender Pay Gap zu verringern, sagt Anja Weusthoff, Abteilungsleiterin für Frauen und Gleichstellungspolitik beim Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB). "Der Tarifvertrag allein reicht nicht, er muss auch angewendet werden." Oft sei es eine Frage der Eingruppierung, denn die Verträge können nicht jede Tätigkeit eines Berufs im Detail abbilden. Dazu komme die Familiengründung und eine ungleiche Verteilung von Sorgearbeit. Die Unterschiede in der Bezahlung nehmen mit steigendem Alter zu: "Wer sein Leben lang schlecht verdient, bekommt im Alter auch eine schlechte Rente", sagt Weusthoff.

    EU-Richtlinie könnte Besserung versprechen

    Deswegen fordert die Gewerkschafterin die Umsetzung der Europäischen Entgelttransparenzrichtlinie. Diese sieht vor, dass Firmen bei einem Lohnunterschied von über fünf Prozent bei gleicher Qualifikation und Tätigkeit selbst gegen die Lücke vorgehen müssen. Aktuell müssen die Beschäftigten aktiv werden, wenn sie vermuten, unterschiedlich bezahlt zu werden. Zwar können sie den Lohn ihrer Kollegen erfragen. Dies ist aber erst ab einer Unternehmensgröße von 200 Personen und mit sechs vergleichbaren Kollegen möglich. Weusthoff kritisiert, das aktuelle Recht sei unbekannt, beinhalte zu viele Voraussetzungen und sei schwierig umzusetzen, weil es "den Beschäftigten die Fragen nach dem Lohnunterschied überlässt und das Arbeitsverhältnis belastet".

    Als Lösung schlägt Weusthoff vor, "die Lage und den Rhythmus der Arbeitszeiten an die Bedürfnisse der Beschäftigten anzupassen". Zudem bedarf es auch einer bedarfsgerechten Betreuungsinfrastruktur für Kinder und Pflegebedürftige. DIW-Expertin Wrohlich ergänzt: "Natürlich könnte man Frauen auch raten, nur noch MINT-Berufe zu wählen." Stattdessen müsse aber eher die Frage gestellt werden, warum weiblich dominierte Berufe, wie in der Erziehung, Bildung und Pflege, viel schlechter bezahlt seien als eher männlich dominierte, technische Berufe.

    Berechnung des Gender Pay Gap in der Kritik

    Der Gender Pay Gap steht nicht ohne Kritik da. Laut dem Statistischen Bundesamt würden die Unterschiede der bereinigten Lohnlücke geringer ausfallen, wenn noch mehr Informationen über "lohnrelevante Einflussfaktoren" zur Verfügung stünden, wie Erwerbsunterbrechungen durch eine Schwangerschaft oder die Pflege von Angehörigen. Andere kritisieren die Berechnungsgrundlage oder wenden ein, die Unterschiede lägen an den persönlichen Entscheidungen der Frauen. Siemonsen entgegnet der Kritik: "Es ist wichtig, dass man den Gender Pay Gap nicht nur als Lohnungerechtigkeit sieht." Es sei eine gesellschaftliche Aufgabe, Gerechtigkeit und eine faire Verteilung von Sorge- und Pflegearbeit zu schaffen.

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