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Energiewende: Wie Erdgas Schwaben das Gasnetz fit für Wasserstoff macht

Energiewende

Wie Erdgas Schwaben das Gasnetz fit für Wasserstoff macht

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    Will dafür sorgen, dass das Erdgasnetz in der Region bald Wasserstoff transportieren kann: Schwaben-Netz-Chef Anselm Pfitzmaier in einer Regelanlage bei Königsbrunn.
    Will dafür sorgen, dass das Erdgasnetz in der Region bald Wasserstoff transportieren kann: Schwaben-Netz-Chef Anselm Pfitzmaier in einer Regelanlage bei Königsbrunn. Foto: Michael Kerler

    Wenn die Tür geöffnet wird, dann dringt ein beständiges Rauschen nach draußen. Schhhhh, schhhhh. Es ist das Rauschen des Erdgases, das mit acht Bar Druck aus der Erde kommt und durch gelbe Stahlrohre strömt. Hier, am südlichen Ortsrand von Königsbrunn, wird der Druck gesenkt, damit das Gas mit nur noch einem Bar anschließend zu den Haushalten fließen kann, um dort im Winter Häuser zu wärmen oder zum Kochen verwendet zu werden. Erdgas ist ein Rückgrat unserer Energieversorgung, gäbe es nicht ein Problem: Verbrennt es, wird das Klimagas CO2 frei, das die Erderwärmung beschleunigt. In Deutschland wird deshalb über Alternativen gesprochen. Große Hoffnungen liegen auf Wasserstoff, der unschädlich zu Wasserdampf verbrennt und so das Klima nicht belasten würde. Bisher ist der Anteil klimafreundlicher Gase im Netz gering, doch ihre Rolle soll schnell wachsen. Bei Schwaben Netz – dem Netzbetreiber in der Unternehmensgruppe von Erdgas Schwaben – arbeitet man bereits daran, das Gasnetz fit für die Wasserstoff-Zukunft zu machen.

    Bis 2045 sollen alle Gase im Netz klimaneutral sein

    Das Tempo, mit dem das Gasnetz wasserstofffähig sein soll, geben die Klimaschutzziele der Bundesregierung vor. Bis 2045 soll das Land klimaneutral sein. Dass dann noch fossiles Erdgas verbrannt werden kann, ist kaum vorstellbar. Neue Lösungen müssen her, also neue Gase und ein Netz, das fit ist, sie zu transportieren. „Die Aufgabe, die vor uns liegt, ist es, bis 2045 zu 100 Prozent klimaneutrale Gase im Netz zu haben“, sagt Anselm Pfitzmaier, Geschäftsführer der Schwaben Netz GmbH, die bei Erdgas Schwaben für den Bau und Unterhalt des Leitungsnetzes zuständig ist.

    Mit dem Klimaschutz ist in den vergangenen Jahren ein riesiges Interesse an Wasserstoff entstanden. Statt Diesel könnte er in Zukunft Lastwagen antreiben; im Allgäu gab es bereits eine Testfahrt mit einem Wasserstoffzug. Die Stahlindustrie will Koks durch Wasserstoff ersetzen; letztlich könnten sich damit mittelfristig auch Haushalte heizen lassen. In Deutschland verfüge rund die Hälfte aller Haushalte über einen Gasanschluss, argumentiert der Deutsche Verein des Gas- und Wasserfaches DVGW. Sie wären für klimaneutrale Gase leicht erreichbar.

    Wasserstoff hat Vorteile, ist energiereich und verbrennt ohne klimaschädliche Gase. Die Frage allerdings ist, wie er erzeugt wird. Wer sich damit beschäftigt, taucht unwillkürlich in eine kleine Farbenlehre ein, die sich etabliert hat, um den Überblick zu bewahren. Ein großer Teil des Wasserstoffs entsteht heute noch aus Erdgas, wobei das frei werdende Klimagas CO2 nicht weiterverwendet wird. Fachleute sprechen von „grauem“ Wasserstoff. Für das Klima ist hier nichts gewonnen.

    Grüner Wasserstoff ist umweltfreundlich, aber rar

    Das Ideal ist „grüner“ Wasserstoff. Er wird mit erneuerbarem Strom per Elektrolyse aus Wasser gewonnen. In Deutschland könnte man zum Beispiel an stürmischen Tagen überschüssigen Windstrom verwenden, um Wasserstoff zu erzeugen. Doch die Kapazität ist hier sicher begrenzt. „Grüner Wasserstoff wird deshalb erst mal in weiten Teilen importierter Wasserstoff sein“, sagt Pfitzmaier. Die Hoffnung ruht auf wind- und sonnenreichen Ländern wie Chile, wo es Pilotprojekte gibt. Ob der grüne Wasserstoff aber bald reicht, den Bedarf zu decken, ist fraglich. So kommen andere Erzeugungsarten ins Spiel. Etwa „blauer“ Wasserstoff, der ebenfalls aus Erdgas stammt, bei dem aber das CO2 abgefangen und gespeichert wird, zum Beispiel unterirdisch. Oder „türkiser“ Wasserstoff, bei dem es als Rohstoff für die Industrie genutzt wird.

    „Bis grüner Wasserstoff in ausreichend großem Maß zur Verfügung steht, wird sich der Bedarf in der Übergangszeit nur mit blauem Wasserstoff decken lassen“, merkt Pfitzmaier an.

    Sicher ist, dass auch die Bundesregierung stark auf Wasserstoff setzt. „Strom- und Wasserstoffnetze sind das Rückgrat des Energiesystems der Zukunft“, heißt es im Koalitionsvertrag. Die Ampel verspricht, den „Aufbau einer Wasserstoffinfrastruktur“ und die Erzeugung von grünem Wasserstoff zu fördern. Dieser Wasserstoff muss am Ende zu den Verbraucherinnen und Verbrauchern kommen. Dazu macht man sich jetzt bei Erdgas Schwaben an die Arbeit.

    Anselm Pfitzmaier, Schwaben Netz: "In fünf bis zehn Jahren H2-ready"

    Die Gasdruck-Regel- und Messanlage in Königsbrunn ist nur eine von rund 170 frei stehenden Anlagen von Schwaben Netz, die bereit für 100 Prozent Wasserstoff gemacht werden sollen. Zählt man kleinere Anlagen dazu, sind es sogar rund 1400. Von außen sieht sie aus wie ein Container, innen verbirgt sich ein eng gepackter Kubus mit gelben Leitungen, Schiebern und Messgeräten. „Unser Fokus liegt darauf, das bestehende Gasnetz in den nächsten Jahren zu ertüchtigen, damit es für klimaneutrale Gase, vor allem Wasserstoff tauglich ist“, erklärt Pfitzmaier.

    Die Ertüchtigung soll schrittweise erfolgen: Schon lange, erklärt Pfitzmaier, ist das Erdgasnetz für bis zu zehn Prozent Wasserstoff ausgelegt. In einem ersten Schritt soll es nun fit für 20 Prozent Wasserstoff werden. Im zweiten Schritt muss es reinen Wasserstoff transportieren können. Bisher ist Wasserstoff also schon mit kleinem Anteil im Gasmix enthalten. Dabei ist das Gas für die Energieunternehmen keine Unbekannte. Das früher verwendete Stadtgas hatte einen Wasserstoffanteil von über 50 Prozent. Es ist einst aus Kohle erzeugt worden.

    Denkt man an ein Gasnetz, kommen einem zuerst die Rohre unter der Erde in den Sinn. Erstaunlicherweise sind sie für die Wasserstofftauglichkeit im Erdgasnetz kaum ein Problem, erklärt Pfitzmaier. Seit langem verwendet der Netzbetreiber Stahlrohre; seit den 90er Jahren kamen PE-Kunststoff-Rohre zum Einsatz. Wasserstoff ist sehr flüchtig. Der Verlust durch Diffusion – also durch die Spuren von Gas, das durch die Rohre entweicht – sei allerdings „vernachlässigbar“, erklärt der Fachmann. Er bewege sich bei PE-Rohren im Promille-Bereich.

    In Stationen wie in Königsbrunn, in denen der Gasdruck geregelt und gemessen wird, müssen dagegen zahlreiche Komponenten überprüft werden, ob sie für Wasserstoff freigegeben sind. Absperrarmaturen, Dichtungen, Kugelhähne... Sind sie nicht fit für Wasserstoff, werden sie ausgetauscht. Das dauert, aber: „In fünf bis maximal zehn Jahren ist das Netz wasserstofftauglich, also H2-ready“, sagt Pfitzmaier. „Es muss deutlich schneller gehen als bis 2045.“ Das Unternehmen beginnt mit den Abschnitten der überregionalen Gas-Transportnetze in der Region. Hier gibt es eine Leitung von Günzburg nach Kempten und eine von Wehringen nach Marktoberdorf. Anschließend sind die Verteilnetze an der Reihe, die das Gas zu den Haushalten liefern. Am Ende muss auch für alle rund 120.000 Installationen der Haushalte gecheckt werden, ob sie wasserstofftauglich sind.

    Neue Heizkessel könnten eines Tages nötig werden

    Fließt eines Tages mehr Wasserstoff durch das Netz, kann es sein, dass auch die Verbraucherinnen und Verbraucher neue Heizkessel benötigen. Moderne Gasheizungen vertragen zehn bis 20 Prozent Wasserstoff im Gas, das durch die Leitung kommt, erklärt Pfitzmaier. Geräte, die 100 Prozent Wasserstoff verbrennen können, seien im Netz bisher nicht vorhanden. „Die Heizungshersteller arbeiten aber am Thema“, sagt er. Bald schon könnten neue Geräte auf den Markt kommen, die mit Erdgas, aber auch mit mehr Wasserstoff laufen können.

    Mit einem wasserstofftauglichen Netz will Erdgas Schwaben die Zukunft sichern: Jährlich werden rund 4500 Kundinnen und Kunden ans Netz angeschlossen. Wer das macht, will sein Heizsystem mindestens 20 Jahre nutzen. Die Unternehmen müssen also darlegen können, dass die Gasheizung Zukunft hat. Dies geht nur, wenn das Gas am Ende klimaneutral sein kann.

    Zwar gibt es auch Biogas als umweltfreundliche Alternative. Erdgas Schwaben betreibt selbst mehrere Biogasanlagen nördlich und südlich von Augsburg. Bisher seien aber nur zwei Prozent des Gases im Netz Biogas. „Allein mit Biogas wird es nicht gehen“, ist Schwaben Netz-Chef Pfitzmaier überzeugt.

    Das Unternehmen ist mit seiner Strategie nicht allein. In Deutschland sind große Wasserstoff-Pipelines als Rückgrat des Wasserstoffnetzes geplant, sogenannte Backbones. In der Initiative „H2 vor Ort“ treibt Erdgas Schwaben mit 37 Partnerfirmen und dem DVGW den Umbau Richtung Wasserstofftauglichkeit voran. „Eine 100-prozentige Versorgung mit Wasserstoff über die Verteilnetze ist technisch möglich und sinnvoll“, ist man überzeugt.

    Erdgas Schwaben hat bereits Erfahrungen mit Wasserstoff: 2015 beteiligte sich das Unternehmen an einer Anlage in Frankfurt, die mit Überschussstrom aus Wasser den begehrten Wasserstoff erzeugte.

    Was damals im Kleinen begann, soll bald eine ganze Volkswirtschaft prägen.

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