Es gibt hierzulande ein grundsätzliches Verständnis, dass Solaranlagen einen wichtigen Beitrag zur Energiewende leisten können. Die Kritikerinnen und Kritiker haken allerdings mit einem Aber nach: Was ist mit dem Flächenverbrauch, den Auswirkungen auf die Äcker und die Natur? Die Unions-Bundestagsfraktion bringt, initiiert von der CDU-Landesgruppe Baden-Württemberg, unter der bunten Überschrift „Schwimmende Photovoltaik – Lasst die Sonne auf den See!“ einen bisher wenig beachteten Aspekt in die Debatte ein.
„Wir wollen naturverträglichen Ausbau schwimmender Photovoltaik auf Baggerseen konsequent ermöglichen“, sagte der stellvertretende CDU-Bundesvorsitzende und Sprecher der Unions-Fraktion für Klimaschutz und Energie, Andreas Jung. Von einem „großen Ökostrom-Potenzial“ spricht er, Bundesländer wie Baden-Württemberg oder Bayern mit ihren vielen Gewässern würden sich da nahezu aufdrängen. Allein fürs Ländle könnte sich nach einer Schätzung der Landesanstalt für Umwelt in Baden-Württemberg das wirtschaftlich erschließbare Potenzial von „Floating PV“ (englisch für schwimmende Photovoltaik) auf etwa 880 Megawatt belaufen, wenn nur 35 Prozent der Wasseroberfläche bedeckt würden. Das allein wären mehr als zehn Prozent der in Baden-Württemberg installierten Photovoltaik-Kapazität. Betrachtet wurden dabei ausschließlich Baggerseen, an denen noch keine Renaturierung erfolgte.
Im Einklang mit der Natur
Im Bundestag wird gerade über eine von der Ampel vorgelegte Gesetzesnovelle zur Steigerung des Ausbaus der Sonnenenergie beraten, unter anderem soll die Förderung für besondere Solaranlagen (sogenannte Agri-PV über Feldern, Floating-PV, Moor-PV und Parkplatz-PV) neu geregelt werden. Für die Unions-Fraktion ist das eine Steilvorlage. Nachdem sie sich im Frühjahr mit einem entsprechenden Vorschlag noch kein Gehör verschaffen konnte, will sie ihn „als Verbesserung des Solarpakets der Bundesregierung“ nun erneut zur Abstimmung stellen.
CDU und CSU kritisieren, dass die Ampel Solaranlagen auf Seen gesetzlich gedeckelt hat, und zwar ausgerechnet mit dem „Osterpaket“ vom März, das zahlreiche Regelungen zum Ausbau der Erneuerbaren beinhaltet. „Die Ampel hat diese Barrieren aufgebaut, sie muss sie jetzt auch wieder abbaggern“, forderte Jung. Schwimmende Photovoltaik auf Baggerseen könne einen wichtigen Beitrag zur Energiewende leisten, und das „ohne zusätzlichen Flächenverbrauch, ohne Verlust an Ackerböden und im Einklang mit der Natur“.
Experten stützen den Vorstoß
Konkret sollen Regeln zur maximal bedeckten Wasserfläche sowie zum Uferabstand wieder gestrichen werden. An ihre Stelle könnten nach dem Willen der Union innerhalb des Genehmigungsprozesses durch die Wasserbehörden der Länder individuelle Regelungen treten, die die Gegebenheiten vor Ort im Blick haben.
Die Chancen auf eine Umsetzung stehen nicht schlecht. Fachleute wie die des Bundesverbandes Solarwirtschaft, die neben anderen im Bundestag als Sachverständige gehört werden, unterstützen den Vorschlag. Die Regelungen im „Osterpaket“ hätten „ohne wissenschaftliche Grundlage“ zu unverhältnismäßigen Flächenbeschränkungen für schwimmende PV-Anlagen geführt, erklärte der Verband. Zudem dürfe eine Anlage maximal 15 Prozent der Gewässeroberfläche bedecken. Dies habe auch das Bundeswirtschaftsministerium erkannt und empfehle „eine Nachjustierung der Anforderungen im Wasserhaushaltsgesetz“. Klimaexperte Andreas Jung weist auf den Eilbedarf hin: „Viele Investoren im Land warten dringend auf grünes Licht aus Berlin.“