Millionen von Gaskunden sollen angesichts gestiegener Preise mit einer Einmalzahlung entlastet werden. Konkret sollen sie von ihren Abschlagszahlungen für den Monat Dezember freigestellt werden. Mieter sollen davon bei der nächsten jährlichen Heizkostenabrechnung profitieren. Ein Entwurf des Wirtschaftsministeriums über die milliardenschwere "Soforthilfe" wird nun zunächst intern in der Bundesregierung beraten. In der nächsten Woche soll das Kabinett diesen beschließen, dann geht er ins Parlament.
Warum die Soforthilfe kommen soll
Die Soforthilfe soll einen Ausgleich für die gestiegenen Energierechnungen und die Zeit bis zur geplanten Einführung der Gaspreisbremse im kommenden Frühjahr überbrücken, wie es in einem Papier des Wirtschaftsministeriums heißt. Damit sollen in einem ersten Schritt Vorschläge der von der Regierung eingesetzten Expertenkommission Gas umgesetzt werden.
Auch wenn die Großhandelspreise zuletzt zurückgegangen seien, bleibe die weitere Entwicklung unsicher, heißt es im Papier. Private Verbraucher und Unternehmen müssten weiter mit um ein Vielfaches höheren Preisen für Gas- und Fernwärme rechnen und planen. Der Preisanstieg besitze erhebliche "soziale Sprengkraft". Bis weit in die gesellschaftliche Mitte drohe eine Preisentwicklung, die diese Haushalte an den Rand ihrer finanziellen Leistungsfähigkeit bringt oder diese finanziell überfordern könne.
Insgesamt sollen die Entlastungen im höheren einstelligen Milliardenbereich liegen. Finanziert wird das aus dem sogenannten Abwehrschirm in Höhe von bis zu 200 Milliarden Euro, mit dem der Bund die Folgen der hohen Energiepreise abfedern will.
Wie die Soforthilfe funktionieren soll
Geplant ist, dass sogenannte Letztverbraucher von leitungsgebundenem Erdgas und Wärmekunden grundsätzlich von der Dezember-Abschlagszahlung freigestellt werden. Sie haben laut Entwurf gegen ihren Erdgaslieferanten einen Anspruch auf eine Gutschrift. Das gilt also etwa für Alleineigentümer eines einzelnen Hauses, die eine Gasrechnung von ihrem Gaslieferanten bekommen, aber auch für kleine und mittlere Firmen. Die Lieferanten sollen einen "Erstattungs- oder Vorauszahlungsanspruch" gegen den Staat haben.
Bei der Entlastung gibt es eine Formel: Sie soll bei Erdgas dem Produkt aus einem Zwölftel eines Jahresverbrauchs und dem für Dezember 2022 vereinbarten Preis entsprechen, ergänzt um eine anteilige Entlastung bei anderen Preiselementen. Das soll gewährleisten, dass die teilweise sehr unterschiedlichen und teils erheblichen Preisanstiege zum Ende des Jahres zugunsten der Letztverbraucher berücksichtigt werden. Dies ist ein Unterschied zu den Vorschlägen der Expertenkommission: Diese sah eine Einmalzahlung vor auf Basis des Verbrauchs, welcher der Abschlagszahlung aus September 2022 zugrunde gelegt wurde.
Bei Fernwärme soll die Entlastung dem Betrag der September-Rechnung entsprechen zuzüglich einem pauschalen Anpassungsfaktor, der die Preissteigerungen im Zeitraum bis Dezember abbilden soll.
Für Unternehmen und große Industriekunden mit einem Jahresverbrauch von mehr als 1,5 Millionen Kilowattstunden soll - laut den Empfehlungen der Expertenkommission - die Gaspreisbremse bereits ab Januar greifen. Dieser frühe Startpunkt soll eine Einmalzahlung ersetzen. Gerade aber zur Gaspreisbremse für die Industrie gibt es noch beihilfrechtliche Verhandlungen mit der EU-Kommission.
Was für Mieter und Vermieter geplant ist
Für Mieterinnen und Mieter sowie Vermieterinnen und Vermieter soll es eine eigene Regelung über die Weitergabe der Entlastungen geben. Viele Vermieter hätten die monatliche Vorauszahlung noch nicht an die gestiegenen Gas- und Energiepreise angepasst, hieß es. Viele Mieter zahlten daher derzeit weiterhin vergleichsweise moderate Abschläge, basierend auf den Preisen und Verbräuchen des Vorjahres. Bei ihnen kämen die höheren Preise im Rahmen der Heizkostenabrechnung für das Jahr 2022 an, die im kommenden Jahr erstellt werde - dann drohen heftige Steigerungen.
Deswegen soll die nun geplante Entlastung mit der nächsten jährlichen Heizkostenabrechnung vom Vermieter an den Mieter weitergegeben werden. Die Vermieter sollen verpflichtet werden, die Mieter bereits im Dezember über die geschätzte Höhe der Gutschrift zu informieren.
Für Wohnungseigentümergemeinschaften sollen Regelungen analog zum Verhältnis zwischen Vermieter und Mieter gelten: Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer soll die Entlastung im Zuge der Jahresabrechnung an die Wohnungseigentümer weitergeben. Ist die Eigentumswohnung vermietet, sollen Vermieter die erhaltene Entlastung an die Mieter weitergeben.
Was die Energiebranche sagt
Die Branche begrüßte den Entwurf grundsätzlich, forderte aber Nachbesserungen. Der Hauptgeschäftsführer des Stadtwerkeverbands VKU, Ingbert Liebing, sagte am Donnerstag, zwingend anzupassen seien Regeln zur Kostentragung und -erstattung. Elementar sei, dass Stadtwerke und Energieversorger fristgerecht mehrere Milliarden Euro für den erlassenen Dezember-Abschlag vom Bund zum 1. Dezember erstattet bekämen. Dazu müsse der Bund verpflichtet werden.
Die Chefin des Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft, Kerstin Andreae, sagte, zentral sei, dass die Auszahlung des Erstattungsanspruches durch die staatliche Stelle noch im November erfolgen müsse. Dies sei noch nicht ausreichend sichergestellt.
(Von Andreas Hoenig, dpa)