Angesichts hoher Energie- und Verbraucherpreise diskutiert die Politik über weitere Entlastungen für die Bürgerinnen und Bürger - und den richtigen Zeitpunkt dafür. Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Grünen, Andreas Audretsch, sagte der Deutschen Presse-Agentur, die Menschen müssten dann finanziell entlastet werden, wenn das nötig sei. "Das heißt im Herbst, nicht erst nächstes Jahr."
Die SPD-Vorsitzende Saskia Esken zeigte am Dienstag Verständnis für die Forderung nach baldigen Entlastungen. "Wir werden schnell sein, wir werden schnell sein müssen", sagte sie in der Sendung "Frühstart" von RTL/ntv. Bereits im Frühjahr habe die Bundesregierung ein erstes Entlastungspaket auf den Weg gebracht. "Auch da waren wir sehr schnell in der Umsetzung. Und das wird uns auch dieses Mal gelingen."
Aus Sicht von Audretsch sollte sich die Bundesregierung auf Menschen mit kleinen und mittleren Einkommen konzentrieren. "Es ist Zeit, den Entlastungskompass klar zu kriegen", sagte der Grünen-Vize. Das bedeute auch, Verbraucherinnen und Verbraucher parallel zu entlasten, wenn ab Herbst die geplante Gasumlage greifen soll. Nach Angaben von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) kann die Umlage ab Herbst zu einer Erhöhung der Gaspreise um zwei Cent pro Kilowattstunde führen. Auch ohne sie müssen sich die Menschen auf deutlich höhere Gasrechnungen einstellen.
Koalition uneins über richtige Lösung
Über den richtigen Weg, damit umzugehen, herrscht in der Koalition aus SPD, Grünen und FDP Uneinigkeit. Grünen-Fraktionsvize Audretsch kritisierte etwa die von der FDP ins Spiel gebrachte Abschaffung der kalten Progression sowie den Vorschlag einer höheren Pendlerpauschale als "falsch und in dieser Zeit abwegig". Es handele sich um Maßnahmen, die vor allem Topverdiener begünstigen würden, sagte er.
Vor allem bei einer möglichen Übergewinnsteuer sind sich die Koalitionspartner uneins. Die Sondersteuer wird derzeit diskutiert, weil besonders Energieunternehmen aktuell von den hohen Preisen durch den Ukraine-Krieg profitieren. "Wenn Mineralölkonzerne wie derzeit völlig leistungslose Milliardengewinne einfahren, dann muss es eine Übergewinnsteuer geben", forderte Audretsch. Alles andere sei "aus Gerechtigkeitsperspektive nicht vermittelbar".
Es dürfe nicht sein, dass die Gaspreise als "solidarische Maßnahme" auf alle Verbraucherinnen und Verbraucher umgelegt würden, Konzerne aber in der Krise überdurchschnittliche Gewinne einführen, sagte Esken. "Das ist ungerecht und da müssen wir ran." Auch Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) ist offen für eine solche Steuer.
Aus Sicht von Kanzler Scholz ist die Sondersteuer derzeit hingegen kein Thema, hatte der stellvertretende Regierungssprecher Wolfgang Büchner am Montag gesagt. Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) lehnt sie entschieden ab. Und auch aus seiner Fraktion im Bundestag kommt Widerstand. "Eine Übergewinnsteuer ist juristisch unsicher, steuerliche Willkür und Gift für die Konjunktur, weshalb sich Finanzminister Lindner und die FDP nicht darauf einlassen werden", sagte der Fraktionsvize Christoph Meyer am Dienstag.
(dpa)