Startseite
Icon Pfeil nach unten
Wirtschaft
Icon Pfeil nach unten

Energiekrise: Künftig zahlen alle Gaskunden mehr – dabei hätte es eine Alternative gegeben

Energiekrise

Künftig zahlen alle Gaskunden mehr – dabei hätte es eine Alternative gegeben

    • |
    Die geplante Umlage für alle Gaskunden soll voraussichtlich ab dem 1. Oktober gelten.
    Die geplante Umlage für alle Gaskunden soll voraussichtlich ab dem 1. Oktober gelten. Foto: Patrick Pleul, dpa

    Als das Ob geklärt war, ging es im Wirtschaftsministerium vor allem um das Wie. Lange wurde darüber diskutiert, in welcher Form die Gas-Umlage ab Oktober an die Kundinnen und Kunden weitergegeben wird. Geplant ist eine gleichmäßige Verteilung auf alle Haushalte. Das Energiesicherungsgesetz als rechtliche Grundlage hätte noch einen anderen Weg erlaubt.

    Zwischen 1,5 und 5 Cent pro Kilowattstunde müssen die Privathaushalte demnächst zusätzlich zu den ohnehin schon steigenden Gaspreisen drauflegen. Diese Umlage geht an die Energieversorger, die weniger Gas aus Russland bekommen und sich den Ersatz teuer in anderen Ländern einkaufen müssen. Können die Energieunternehmen die hohen Preise nicht bezahlen und somit ihre Verträge nicht erfüllen, sind finanzielle Schieflagen bis hin zu Insolvenzen möglich. Das wiederum würde ernste Störungen im gesamten Markt nach sich ziehen. In Regierungskreisen wird da gerne zum Vergleich die Pleite der Lehman-Bank herangezogen, deren Zusammenbruch 2008 die Weltwirtschaft in heftige Turbulenzen stürzte. Beim Energieriesen Uniper drohte dieses Szenario, der Staat kündigte deshalb vergangene Woche ein milliardenschweres Rettungspaket an.

    Eine Last auf vielen Schultern verteilt

    Die Umlage trifft alle Verbraucherinnen und Verbraucher gleichmäßig und das liegt an Paragraf 26 des Energiesicherungsgesetzes (EnSiG). Demnach wird der Zusatzbeitrag so berechnet, dass er für alle Gaskunden gleich hoch ist. Die Ampel erhofft sich davon eine faire Verteilung der Lasten auf viele Schultern.

    Auf die ohnehin schon hohe Gasrechnung kommt ab Oktober noch die Gas-Umlage obendrauf.
    Auf die ohnehin schon hohe Gasrechnung kommt ab Oktober noch die Gas-Umlage obendrauf. Foto: Patrick Pleul, dpa

    Die Alternative wäre Paragraf 24 des Energiesicherungsgesetzes gewesen; demnach wären die Haushalte unterschiedlich hoch belastet worden. Die Höhe der Umlage hätte sich dann nach dem jeweiligen Vertrag beziehungsweise dem jeweiligen Unternehmen gerichtet. Kunden von Gaslieferanten, die bisher viel Gas aus Russland bezogen hatten und nun große Mengen Gas aus anderen Quellen zu hohen Preisen beschaffen müssen, hätten mit sehr stark steigenden Gaspreisen rechnen müssen. Für die Kunden von Gasversorgern, die sich schon früh von russischem Gas so weit wie möglich unabhängig gemacht haben, wäre die Umlage hingegen geringer ausgefallen. „Diese mehr oder weniger zufällige, sehr ungleiche Verteilung der Kosten aus den verminderten Gaslieferungen aus Russland würde zu sozial und wirtschaftlich problematischen Schieflagen und Wettbewerbsverzerrungen führen“, hieß es dazu aus Regierungskreisen.

    Ohne Bürokratie geht es auch hier nicht

    Bis die genaue Höhe der Umlage feststeht und sie vom Kabinett beschlossen ist, werden etwa drei Wochen vergehen. Sie soll ab 1. Oktober greifen und es wird ab dann voraussichtlich weitere Wochen dauern, bis sie auf der Gasrechnung auftaucht. Grund sind die langen Verfahrenswege. 90 Prozent der Ersatzbeschaffungskosten können die Unternehmen an ihre Kundinnen und Kunden weitergeben, sie müssen diese Kosten aber erst einmal ermitteln. Anschließend werden diese dem Unternehmen Trading Hub Europe (THE) übermittelt beziehungsweise dort als Ersatzanspruch geltend gemacht. Die THE bündelt als Verantwortliche für den deutschen Markt mehrere Netzgesellschaften zu einem virtuellen Gashandelsplatz. Die Regierung will den Vorgang überwachen und darauf achten, dass die Unternehmen nicht etwa überhöhte Preise ansetzen und am Ende von der Notlage noch profitieren. Den Angaben zufolge ist dazu der Einsatz von Wirtschaftsprüfern vorgesehen.

    Die Rechtsverordnung für die Umlage soll aus diesem Grund auch bis Oktober 2024 gelten. So lange werden die Kundinnen und Kunden nach Einschätzung von Regierungsvertretern den Zuschlag auf ihrer Rechnung sehen. Für die Unternehmen endet die Frist zur Geltendmachung Ende März 2024.

    Die Umlage darf nach Angaben aus Regierungskreisen nur unter der Voraussetzung erhoben werden, dass eine „erhebliche Reduzierung der Gasimportmengen nach Deutschland unmittelbar bevorsteht“. Aktuell ist das der Fall, denn Moskau lässt nur noch etwa ein Drittel der üblichen Gasmenge nach Deutschland durch. Sollte Präsident Wladimir Putin den Gashahn wieder aufdrehen, würde diese Voraussetzung entfallen. Damit rechnet in der Regierung gerade aber niemand. Zweitens gilt weiterhin das Ziel, sich durch den Ausbau der Erneuerbaren und das Einsparen von Energie so schnell wie möglich unabhängig von Russland zu machen.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden