Startseite
Icon Pfeil nach unten
Wirtschaft
Icon Pfeil nach unten

Energiekrise: Im Januar könnte Deutschland das Gas ausgehen

Energiekrise

Im Januar könnte Deutschland das Gas ausgehen

    • |
    Die Gasspeicher in Deutschland waren nach dem Winter noch gut gefüllt.
    Die Gasspeicher in Deutschland waren nach dem Winter noch gut gefüllt. Foto: Jan Woitas, dpa

    Deutschlands Versorgung mit Gas ist weiter auf Kante genäht. Im vergangenen Winter kam es zwar nie zur Zwangsabschaltung von Betrieben und der staatlichen Zuteilung von Gas. Auch aktuell sind die Speicher noch überdurchschnittlich gut gefüllt. Doch wenn der nächste Winter sehr kalt wird, könnte das gefürchtete Szenario der Gasmangellage schon im Januar Realität werden. Das ist das Ergebnis einer Untersuchung der Initiative Energien Speichern (INES) des Verbands der größten Gasspeicherbetreiber in Deutschland, die am Mittwoch in Berlin vorgestellt wurde.

    INES-Geschäftsführer Sebastian Bleschke erklärte dazu: "Durch den letzten Winter haben uns vollständig befüllte Gasspeicher, milde Temperaturen und starke Verbrauchseinsparungen gebracht. Der Blick auf den kommenden Winter zeigt allerdings, dass die Gasversorgungssicherheit in Deutschland noch nicht wiederhergestellt ist." Tatsächlich lag der deutsche Gasverbrauch im vergangenen Jahr mit 878 Terawattstunden (TWh) so niedrig wie zuletzt 2015. Auch in den Monaten Januar bis März des laufenden Jahres verbrauchten Haushalte und Industrie zusammen zwischen sechs und 18 Prozent weniger Gas als im Vorjahr.

    Bisher war Flüssiggas nicht entscheidend für die Speicherbefüllung

    In der Folge konnte die gesetzliche Vorgabe, dass die Speicher zum 1. Februar zu mindestens 40 Prozent befüllt sein müssen, klar überschritten werden: Der Füllstand lag bei 79 Prozent. Die in Rekordtempo genehmigten und aufgebauten Flüssiggasanlagen an der deutschen Küste waren dafür laut Bleschke nicht ausschlaggebend. Wilhelmshaven (Inbetriebnahme am 17. Dezember 2022), Lubmin (14. Januar 2023) und Brunsbüttel (23. März 2023) speisten im März zusammen rund 0,2 TWh pro Tag in das deutsche Gasnetz ein.

    Das dürfte sich im kommenden Winter ändern. Für die Berechnung der verschiedenen Szenarien geht INES davon aus, dass Gasimporte aus Russland den EU-Binnenmarkt weiter nur über die Ukraine, die Türkei und Litauen erreichen. Dafür steht Flüssigerdgas in großem Umfang zur Verfügung – täglich bis 5,5 TWh im Sommer und bis 7,2 TWh im Winter. Die Speicher können nach Bleschkes Einschätzung auch in diesem Sommer vollständig befüllt werden. Doch wenn die Temperaturen im kommenden Herbst und Winter so kalt werden wie im EU-Wetterjahr 2010, dürften sie sich trotz der fortgeschriebenen Einsparbemühungen schnell leeren.

    Wenn der Winter kalt wird, könnte das Gas nicht reichen

    Schon im Januar wären die Speicher dann komplett leer. Der Gasbedarf könnte durch Importe und heimische Förderung nicht gedeckt werden und an einzelnen Tagen dürften fast 40 Prozent des deutschen Gasbedarfs fehlen. "40 Prozent Mangel an einzelnen Tagen bedeutet nicht, dass die Wärmeversorgung der privaten Haushalte in Gefahr wäre. Aber es bedeutet ein erhebliches Risiko für die Volkswirtschaft", erklärte Bleschke. Insgesamt könnte der Gasmangel in den Monaten Januar bis März zwischen zwölf und 18 TWh pro Monat betragen.

    Sollten die Temperaturen nicht extrem kalt werden, im Modell wird dafür das EU-Wetterjahr 2016 als Normaljahr gesetzt, kommt das Land im kommenden Winter erneut um die Gasmangellage herum. Aber selbst dann ist das gesetzliche Füllstandsziel für die Gasspeicher von 40 Prozent zum 1. Februar kaum einzuhalten. Ende April, wenn die Ausspeicherung von Gas im Normalfall endet, liegt der Füllstand nach der Prognose für das Normaljahr bei gerade noch fünf Prozent.

    Das hektische Befüllen der Speicher hat die Preise explodieren lassen

    Damit es nicht zum schlimmsten Szenario kommt, empfiehlt INES, die Ausschreibungen von Gasoptionen weiterzuentwickeln. Regelmäßige Ausschreibungen im Rahmen eines Auktionskalenders könnten demnach dafür sorgen, dass die Speichervorgaben eingehalten werden können, ohne dass neue Rekordpreise für Gas gezahlt werden müssen. Zwischen Juni und November 2022 musste der Trading Hub Europe (THE) als Verantwortlicher für den deutschen Gasmarkt rund 50 TWh Gas beschaffen und hat laut INES dafür umgerechnet 40 Euro pro Megawattstunde (MWh) für die Befüllung der Speicher bezahlt. Bei zwei Ausschreibungsrunden im Mai und Juni konnten über Optionen rund 84 TWh zu einem Preis von umgerechnet zehn Euro pro MWh beschafft werden.

    Um die Mangellage abzuwenden, sollten laut INES kurzfristig auch alle noch aktivierbaren Infrastrukturpotenziale aktiviert werden. "Für diesen Winter ist alles willkommen, was geht", brachte Bleschke die Lage auf den Punkt. Die bisher für 2023 geplante Kapazität für den Import von Flüssiggas in Deutschland von 150 TWh pro Jahr reichen noch nicht. Langfristig sieht aber auch die INES die Gefahr von Terminal-Überkapazitäten. INES empfiehlt daher, in Speicher zu investieren, um den Aufbau von stark saisonal genutzten LNG-Terminals zu begrenzen.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden