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Energie: EU will Verbraucher vor hohen Strompreisen schützen

Energie

EU will Verbraucher vor hohen Strompreisen schützen

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    Die EU schafft neue Instrumente, um hohe Strompreise bekämpfen zu können.
    Die EU schafft neue Instrumente, um hohe Strompreise bekämpfen zu können. Foto: Hauke-Christian Dittrich, dpa

    Sie diskutierten und stritten und rangen, monatelang, jahrelang. Bis zuletzt war nicht klar, ob sich die Europäer auf eine Reform des gemeinsamen Strommarktes verständigen würden. Am Dienstagabend folgte dann der Durchbruch, die EU-Energieminister einigten sich in Luxemburg auf einen Kompromiss. Mit dem wollen die 27 EU-Mitgliedstaaten mehr klimafreundliche Stromquellen zu möglichst geringen Kosten erschließen sowie Verbraucher und Unternehmen künftig besser vor ausufernden Strompreisen schützen. 

    „Europa hat heute Handlungsfähigkeit bewiesen“, befand Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) nach getaner Arbeit. Der Druck war jedoch groß. Die Folgen des Jahres 2022 wirkten auch am Verhandlungstisch noch nach. Damals gerieten als Folge der Invasion Russlands in die Ukraine und der Verunsicherung an den Energiemärkten die Gaspreise völlig außer Kontrolle, die Stromrechnungen explodierten. Also sollte rasch eine Änderung des EU-Strommarktes her. Die Zeit, in der jeder Mitgliedstaat den Wechsel von fossilen zu klimafreundlichen Energiequellen eigenständig bewerkstelligen muss, könnte bald der Vergangenheit angehören.

    Staat und Stromerzeuger können eine Art Garantiepreis aushandeln

    Kern der Reform sind sogenannte zweiseitige Differenzverträge, mit denen die Union Preissprünge indirekt abfedern will. Anstatt direkt in den Markt einzugreifen, sollen diese es ermöglichen, eine Art Garantiepreis zwischen Staat und Stromerzeuger auszuhandeln. Ist der Marktpreis niedriger, zahlt der Staat die Differenz an den Anlagenbetreiber. Liegt der Preis am Markt oberhalb der Grenze, würden die zusätzlichen Gewinne der Stromproduzenten in die Staatskasse fließen. Diese Einnahmen stünden den Regierungen zur Verfügung, um Verbraucher zu unterstützen. 

    Die Frage bleibt, wie hoch die Einnahmen ausfallen – und wie viel Geld tatsächlich an Bürger und Unternehmen umverteilt werden kann. 

    Frankreich und Deutschland stritten über den Status von Atomstrom

    Insbesondere Deutschland und Frankreich lagen im Clinch. Während Berlin verlangte, dass die Differenzverträge lediglich für neue Anlagen, also vor allem Solar- und Windparks, gelten sollen, plante Paris, die Reform zu nutzen, um den heimischen Atomstrom billiger zu machen. Die Franzosen pochten darauf, Kernenergie ebenso in besonderem Maße zu fördern wie die Erneuerbaren. Die Ampelregierung leistete dagegen massiven Widerstand. Sie wollte verhindern, dass die geplanten Förderinstrumente aus Brüssel für klimafreundlich erzeugten Strom auch für Atomstrom gelten. Die Sorge vor einem unfairen Wettbewerb war groß. Was, wenn Frankreich das Geld des staatlich kontrollierten Energiekonzerns EDF abschöpft, um die Milliarden dann an seine Industriekonzerne zu verteilen? Was, wenn Paris mit EDF einen bewusst niedrigen Garantiepreis vereinbart, um einen konstanten Mittelabfluss an den Staat zu garantieren?

    Am Ende konnte sich Habeck durchsetzen – zumindest bis zu einem gewissen Grad. Demnach ist die Förderung für bestehende Atomkraftanlagen durch Differenzverträge zwar möglich, aber der Abschöpfung und Weitergabe der Einnahmen werden enge Grenzen gesetzt. Die EU-Kommission werde sicherstellen, so hieß es von der Behörde, dass es nicht zu unangemessenen Wettbewerbsverzerrungen komme. Brüssel erhält damit eine Schlüsselrolle. 

    Das EU-Parlament hat noch Bedenken

    Damit die Strommarktreform in Kraft treten kann, muss sich der Ministerrat, also das Gremium der 27 EU-Länder, nun noch auf eine gemeinsame Position mit dem Europaparlament verständigen. Dabei dürfte es abermals zu heftigen Diskussionen kommen, wie der Grünen-Politiker Michael Bloss bereits andeutete. „Der Rat kann die Rechnung nicht ohne das Parlament machen, denn neue Kohlesubventionen oder Extrawürste für die Atomkraft schließen wir aus“, sagte der EU-Parlamentarier. Man werde „die Schlupflöcher für Frankreichs marode Atommeiler und Polens dreckige Kohleschleudern“ nicht hinnehmen. Dass Atomkraftwerke sich nicht dem Wettbewerb und Markt stellen sollen, nannte Bloss „ineffizient und uneuropäisch“. 

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